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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Liebe zwischen Graf Ludw. von Gleichen
damahls gäntzlich vergessen/ an statt der golde-
nen Sporn legte man ihm mehrentheils Fessel
an/ und ward gezwungen an stat der muthigen
Pferde/ so er zuvor beschritten/ die Ochsen zutrei-
ben/ und dem Pflug zuführen. Waß ingemein
gesagt wird/ daß ein annehmlich Auge/ und ein
gerader Leib die beste Empfehlungs Briefe seyn/
das ward hier wiederumb aufs neue wahr ge-
macht. Eine junge Tochter gemeldeten Sul-
tans/ so ihrer Ergetzung halber auf dem Felde
gieng/ erblickte auch diesen Fremdling mit Staub
gefärbet/ und alten Lumpen überzogen. Sie
begunte aus etzlichen Blicken seiner Augen/ und
auch etzlichen Wendungen seines Leibes leicht zu-
urtheilen/ daß etwas würdigers an ihm were/ als
daß er zu einem Ochsentreiber gebrauchet werden
solte. Es zog eine ungewisse Kraft ihr Auge auf
daß seinige/ und sie fühlte eine Regung von Weh-
muth und Belustigung zusammen vermenget.
Kürtzlich sie verspührte leichtlich/ daß hier unver-
sehens eine Perle auf den Mist kommen/ und der
Purpur zufälliger weise unter Kutzentuch ge-
worffen worden. Diß was sie des Tages er-
blickt/ erfrischten ihr die Gedancken/ als sie nach
Hause gelanget/ und die Träume/ als sie sich zur
Ruh begeben hatte. Es nötigte sie endlich ein
ungedultiger Fürwitz sich alleine auf das Feld zu-

ma-

Liebe zwiſchen Graf Ludw. von Gleichẽ
damahls gaͤntzlich vergeſſen/ an ſtatt der golde-
nen Sporn legte man ihm mehrentheils Feſſel
an/ und ward gezwungen an ſtat der muthigen
Pferde/ ſo er zuvor beſchritten/ die Ochſen zutrei-
ben/ und dem Pflug zufuͤhren. Waß ingemein
geſagt wird/ daß ein annehmlich Auge/ und ein
gerader Leib die beſte Empfehlungs Briefe ſeyn/
das ward hier wiederumb aufs neue wahr ge-
macht. Eine junge Tochter gemeldeten Sul-
tans/ ſo ihrer Ergetzung halber auf dem Felde
gieng/ erblickte auch dieſen Fremdling mit Staub
gefaͤrbet/ und alten Lumpen uͤberzogen. Sie
begunte aus etzlichen Blicken ſeiner Augen/ und
auch etzlichen Wendungen ſeines Leibes leicht zu-
urtheilen/ daß etwas wuͤrdigers an ihm were/ als
daß er zu einem Ochſentreiber gebrauchet werden
ſolte. Es zog eine ungewiſſe Kraft ihr Auge auf
daß ſeinige/ und ſie fuͤhlte eine Regung von Weh-
muth und Beluſtigung zuſammen vermenget.
Kuͤrtzlich ſie verſpuͤhrte leichtlich/ daß hier unver-
ſehens eine Perle auf den Miſt kommen/ und der
Purpur zufaͤlliger weiſe unter Kutzentuch ge-
worffen worden. Diß was ſie des Tages er-
blickt/ erfriſchten ihr die Gedancken/ als ſie nach
Hauſe gelanget/ und die Traͤume/ als ſie ſich zur
Ruh begeben hatte. Es noͤtigte ſie endlich ein
ungedultiger Fuͤrwitz ſich alleine auf das Feld zu-

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[60/0484] Liebe zwiſchen Graf Ludw. von Gleichẽ damahls gaͤntzlich vergeſſen/ an ſtatt der golde- nen Sporn legte man ihm mehrentheils Feſſel an/ und ward gezwungen an ſtat der muthigen Pferde/ ſo er zuvor beſchritten/ die Ochſen zutrei- ben/ und dem Pflug zufuͤhren. Waß ingemein geſagt wird/ daß ein annehmlich Auge/ und ein gerader Leib die beſte Empfehlungs Briefe ſeyn/ das ward hier wiederumb aufs neue wahr ge- macht. Eine junge Tochter gemeldeten Sul- tans/ ſo ihrer Ergetzung halber auf dem Felde gieng/ erblickte auch dieſen Fremdling mit Staub gefaͤrbet/ und alten Lumpen uͤberzogen. Sie begunte aus etzlichen Blicken ſeiner Augen/ und auch etzlichen Wendungen ſeines Leibes leicht zu- urtheilen/ daß etwas wuͤrdigers an ihm were/ als daß er zu einem Ochſentreiber gebrauchet werden ſolte. Es zog eine ungewiſſe Kraft ihr Auge auf daß ſeinige/ und ſie fuͤhlte eine Regung von Weh- muth und Beluſtigung zuſammen vermenget. Kuͤrtzlich ſie verſpuͤhrte leichtlich/ daß hier unver- ſehens eine Perle auf den Miſt kommen/ und der Purpur zufaͤlliger weiſe unter Kutzentuch ge- worffen worden. Diß was ſie des Tages er- blickt/ erfriſchten ihr die Gedancken/ als ſie nach Hauſe gelanget/ und die Traͤume/ als ſie ſich zur Ruh begeben hatte. Es noͤtigte ſie endlich ein ungedultiger Fuͤrwitz ſich alleine auf das Feld zu- ma-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/484>, abgerufen am 09.05.2024.