Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.und Fräulein Emma etc. te kaum seinen eigenen Augen trauen/ musts aberdoch endlich nothwendig vor war halten/ was er so klar und deutlich gesehen. Er schlug sich etli- che Stunden mit den verwirrtesten Gedancken/ so in eines Menschen Sinn kommen könten. Be- trübnüß/ Verwunderung/ Zorn/ Rache und Er- barmnüß hatten bey ihm einen unruhigen Sam- mel Platz/ und er wuste bey dieser Bestürtzung nicht eigentlich/ zu was er sich entschlüssen solte. Nach weniger Zeit ließ er seine Räthe erfordern/ und begehrete ein Gutachten/ was ein Diener wohl verschuldet/ der eines grossen Herren Toch- ter fleischlich zuverführen/ und bey ihr eine gantze Nacht ohne alle andere Gesellschafft zuzubringen sich unterstanden hette. Die Meinungen wa- ren ungleich/ dieser rieth zum Tode/ jener zu im- merwährender Gefängnüß/ ein ander zu was an- derm. Als nun der Keyser sie sämtlich mit gros- ser Gedult angehöret/ befahl er unversehens E- ginhard und Emma hereinzuführen sagende: Hier seind die Verurtheilten/ ich weiß nicht/ zu was ich mich wohl wenden soll. Auf der einen Seiten stehet die Missethat/ die mich als Rich- ter haben will/ auf der andern die Erbarmnüß so mir alß einem Vater wehmüthig zurufft. Diß ist am Tage/ daß ihr beyde gröblich gesündiget und wieder Eyd und Blut gehandelt habt. Doch muß A 2
und Fraͤulein Emma ꝛc. te kaum ſeinen eigenen Augen trauen/ muſts aberdoch endlich nothwendig vor war halten/ was er ſo klar und deutlich geſehen. Er ſchlug ſich etli- che Stunden mit den verwirrteſten Gedancken/ ſo in eines Menſchen Sinn kommen koͤnten. Be- truͤbnuͤß/ Verwunderung/ Zorn/ Rache und Er- barmnuͤß hatten bey ihm einen unruhigen Sam- mel Platz/ und er wuſte bey dieſer Beſtuͤrtzung nicht eigentlich/ zu was er ſich entſchluͤſſen ſolte. Nach weniger Zeit ließ er ſeine Raͤthe erfordern/ und begehrete ein Gutachten/ was ein Diener wohl verſchuldet/ der eines groſſen Herren Toch- ter fleiſchlich zuverfuͤhren/ und bey ihr eine gantze Nacht ohne alle andere Geſellſchafft zuzubringen ſich unterſtanden hette. Die Meinungen wa- ren ungleich/ dieſer rieth zum Tode/ jener zu im- merwaͤhrender Gefaͤngnuͤß/ ein ander zu was an- derm. Als nun der Keyſer ſie ſaͤmtlich mit groſ- ſer Gedult angehoͤret/ befahl er unverſehens E- ginhard und Emma hereinzufuͤhren ſagende: Hier ſeind die Verurtheilten/ ich weiß nicht/ zu was ich mich wohl wenden ſoll. Auf der einen Seiten ſtehet die Miſſethat/ die mich als Rich- ter haben will/ auf der andern die Erbarmnuͤß ſo mir alß einem Vater wehmuͤthig zurufft. Diß iſt am Tage/ daß ihr beyde groͤblich geſuͤndiget und wieder Eyd und Blut gehandelt habt. Doch muß A 2
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und Fraͤulein Emma ꝛc.
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doch endlich nothwendig vor war halten/ was er
ſo klar und deutlich geſehen. Er ſchlug ſich etli-
che Stunden mit den verwirrteſten Gedancken/
ſo in eines Menſchen Sinn kommen koͤnten. Be-
truͤbnuͤß/ Verwunderung/ Zorn/ Rache und Er-
barmnuͤß hatten bey ihm einen unruhigen Sam-
mel Platz/ und er wuſte bey dieſer Beſtuͤrtzung
nicht eigentlich/ zu was er ſich entſchluͤſſen ſolte.
Nach weniger Zeit ließ er ſeine Raͤthe erfordern/
und begehrete ein Gutachten/ was ein Diener
wohl verſchuldet/ der eines groſſen Herren Toch-
ter fleiſchlich zuverfuͤhren/ und bey ihr eine gantze
Nacht ohne alle andere Geſellſchafft zuzubringen
ſich unterſtanden hette. Die Meinungen wa-
ren ungleich/ dieſer rieth zum Tode/ jener zu im-
merwaͤhrender Gefaͤngnuͤß/ ein ander zu was an-
derm. Als nun der Keyſer ſie ſaͤmtlich mit groſ-
ſer Gedult angehoͤret/ befahl er unverſehens E-
ginhard und Emma hereinzufuͤhren ſagende:
Hier ſeind die Verurtheilten/ ich weiß nicht/ zu
was ich mich wohl wenden ſoll. Auf der einen
Seiten ſtehet die Miſſethat/ die mich als Rich-
ter haben will/ auf der andern die Erbarmnuͤß ſo
mir alß einem Vater wehmuͤthig zurufft. Diß
iſt am Tage/ daß ihr beyde groͤblich geſuͤndiget
und wieder Eyd und Blut gehandelt habt. Doch
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