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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
Auf das Gelücke sonder Gräntzen/
Soll unser Sinn stets seyn bedacht/
Dann dieser Ehre Wunder-Pracht
Wil über alle Kronen gläntzen.
Der Weißheit Krafft/ der Tugend Schein/
Die müssen diesen Flügel seyn/
Wer dieses Schloß wünscht zu erreichen/
Da der geleuterte Verstand/
Bewohnen soll ein solches Land/
Dem unsre Erde nicht zugleichen.
Phädon.
Er schloß dergestalt sein Gedichte unter dem Ge-
spräche der ewigen Seeligkeit/ welche die durch
die Weißheit recht geleuterten Geister zugewarten
haben/ und derer Hoheit er seinem eigenen Bekänt-
niß nach/ theils aus Mangel der Zeit/ theils aus
menschlicher Unvermögenheit/ nicht recht auslegen
konte. Darauf sagte er zu dem Simias/ alles die-
ses/ wie ich es itzund vorgetragen/ ist vielleicht nicht
der Würdigkeit/ daß ein wolbeschaffenes Gemüh-
te ihm gäntzlich Glauben geben solle/ iedennoch so
ist es nicht ungereimt/ weil wir der Seelen Unsterb-
ligkeit nunmehr vergewissert seyn/ ihre Art in je-
ner Welt zu wohnen/ uns dergestalt einzubilden/
und in der Ungewißheit/ darinnen wir in wehren-
dem sterblichen Leben/ uns befinden/ uns etwas der-
gleichen fürstellen/ ja wie die Zauberer ihre Be-
schwerungs-Segens/ solches auswendig zu lernen.
Und solte man auch gleich in einem und dem andern
in etwas verfehlen/ so wird doch diese Künheit ohne
Eh-
K 3
Socrates.
Auf das Geluͤcke ſonder Graͤntzen/
Soll unſer Sinn ſtets ſeyn bedacht/
Dann dieſer Ehre Wunder-Pracht
Wil uͤber alle Kronen glaͤntzen.
Der Weißheit Krafft/ der Tugend Schein/
Die muͤſſen dieſen Fluͤgel ſeyn/
Wer dieſes Schloß wuͤnſcht zu erreichen/
Da der geleuterte Verſtand/
Bewohnen ſoll ein ſolches Land/
Dem unſre Erde nicht zugleichen.
Phaͤdon.
Er ſchloß dergeſtalt ſein Gedichte unter dem Ge-
ſpraͤche der ewigen Seeligkeit/ welche die durch
die Weißheit recht geleuterten Geiſter zugewarten
haben/ und derer Hoheit er ſeinem eigenen Bekaͤnt-
niß nach/ theils aus Mangel der Zeit/ theils aus
menſchlicher Unvermoͤgenheit/ nicht recht auslegen
konte. Darauf ſagte er zu dem Simias/ alles die-
ſes/ wie ich es itzund vorgetragen/ iſt vielleicht nicht
der Wuͤrdigkeit/ daß ein wolbeſchaffenes Gemuͤh-
te ihm gaͤntzlich Glauben geben ſolle/ iedennoch ſo
iſt es nicht ungereimt/ weil wir der Seelen Unſterb-
ligkeit nunmehr vergewiſſert ſeyn/ ihre Art in je-
ner Welt zu wohnen/ uns dergeſtalt einzubilden/
und in der Ungewißheit/ darinnen wir in wehren-
dem ſterblichen Leben/ uns befinden/ uns etwas der-
gleichen fuͤrſtellen/ ja wie die Zauberer ihre Be-
ſchwerungs-Segens/ ſolches auswendig zu lernen.
Und ſolte man auch gleich in einem und dem andern
in etwas verfehlen/ ſo wird doch dieſe Kuͤnheit ohne
Eh-
K 3
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[143/0401] Socrates. Auf das Geluͤcke ſonder Graͤntzen/ Soll unſer Sinn ſtets ſeyn bedacht/ Dann dieſer Ehre Wunder-Pracht Wil uͤber alle Kronen glaͤntzen. Der Weißheit Krafft/ der Tugend Schein/ Die muͤſſen dieſen Fluͤgel ſeyn/ Wer dieſes Schloß wuͤnſcht zu erreichen/ Da der geleuterte Verſtand/ Bewohnen ſoll ein ſolches Land/ Dem unſre Erde nicht zugleichen. Phaͤdon. Er ſchloß dergeſtalt ſein Gedichte unter dem Ge- ſpraͤche der ewigen Seeligkeit/ welche die durch die Weißheit recht geleuterten Geiſter zugewarten haben/ und derer Hoheit er ſeinem eigenen Bekaͤnt- niß nach/ theils aus Mangel der Zeit/ theils aus menſchlicher Unvermoͤgenheit/ nicht recht auslegen konte. Darauf ſagte er zu dem Simias/ alles die- ſes/ wie ich es itzund vorgetragen/ iſt vielleicht nicht der Wuͤrdigkeit/ daß ein wolbeſchaffenes Gemuͤh- te ihm gaͤntzlich Glauben geben ſolle/ iedennoch ſo iſt es nicht ungereimt/ weil wir der Seelen Unſterb- ligkeit nunmehr vergewiſſert ſeyn/ ihre Art in je- ner Welt zu wohnen/ uns dergeſtalt einzubilden/ und in der Ungewißheit/ darinnen wir in wehren- dem ſterblichen Leben/ uns befinden/ uns etwas der- gleichen fuͤrſtellen/ ja wie die Zauberer ihre Be- ſchwerungs-Segens/ ſolches auswendig zu lernen. Und ſolte man auch gleich in einem und dem andern in etwas verfehlen/ ſo wird doch dieſe Kuͤnheit ohne Eh- K 3

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/401>, abgerufen am 09.05.2024.