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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
Jn gutem Frieden nach zugehen/
Auf dieser Bahn viel Anmuth spührt/
Und alles dieses lernt verstehen/
Was sonst der Kopff nicht in sich führt.

Hingegen eine wilde Seele/
So noch das alte Fessel drückt/
Und nichts mit mehrer Krafft erquickt/
Als nur des faulen Leibes Höle/
So noch/ wann sie der Todt getrennt/
Voll stinckender Begierden brennt/
Zu welchem sie das Blut entzündet;
Die sucht das kalte Haut und Bein/
Biß sie das faule Wesen findet/
Jn dem sie sich ergetzt allein.
Wann sie nach vielen langen Beiten/
So ärger drückt als Glut und Band/
Der Höllen heisses Folterland
Mit vielem Klagen muß beschreiten/
So läst der Teuffel/ so sie bracht
Jn dieses trübe Reich der Nacht/
Sie an dem faulem Ufer kleben/
Da man der Höllen Grausamkeit
Jhn schauet an den Seiten schweben/
So hier zur Straffe steht bereit.
Ein ieder Geist beginnt zu schelten/
Und was man vor Gespenste zehlt/
Die seynd bereit wo sie gefehlt/
Jhn alles reinlich zu vergelten.
Es muß viel tausend Jahr vorbey/
Eh diese Kette bricht entzwey/
Und sie zum Freudenhafen ländet;
Eh als sie aus dem Kercker bricht/
Durch diesen Geist der alles endet/
Und selbst erschaffen Zeit und Licht.
Die-
J 2

Socrates.
Jn gutem Frieden nach zugehen/
Auf dieſer Bahn viel Anmuth ſpuͤhrt/
Und alles dieſes lernt verſtehen/
Was ſonſt der Kopff nicht in ſich fuͤhrt.

Hingegen eine wilde Seele/
So noch das alte Feſſel druͤckt/
Und nichts mit mehrer Krafft erquickt/
Als nur des faulen Leibes Hoͤle/
So noch/ wann ſie der Todt getrennt/
Voll ſtinckender Begierden brennt/
Zu welchem ſie das Blut entzuͤndet;
Die ſucht das kalte Haut und Bein/
Biß ſie das faule Weſen findet/
Jn dem ſie ſich ergetzt allein.
Wann ſie nach vielen langen Beiten/
So aͤrger druͤckt als Glut und Band/
Der Hoͤllen heiſſes Folterland
Mit vielem Klagen muß beſchreiten/
So laͤſt der Teuffel/ ſo ſie bracht
Jn dieſes truͤbe Reich der Nacht/
Sie an dem faulem Ufer kleben/
Da man der Hoͤllen Grauſamkeit
Jhn ſchauet an den Seiten ſchweben/
So hier zur Straffe ſteht bereit.
Ein ieder Geiſt beginnt zu ſchelten/
Und was man vor Geſpenſte zehlt/
Die ſeynd bereit wo ſie gefehlt/
Jhn alles reinlich zu vergelten.
Es muß viel tauſend Jahr vorbey/
Eh dieſe Kette bricht entzwey/
Und ſie zum Freudenhafen laͤndet;
Eh als ſie aus dem Kercker bricht/
Durch dieſen Geiſt der alles endet/
Und ſelbſt erſchaffen Zeit und Licht.
Die-
J 2
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[125/0383] Socrates. Jn gutem Frieden nach zugehen/ Auf dieſer Bahn viel Anmuth ſpuͤhrt/ Und alles dieſes lernt verſtehen/ Was ſonſt der Kopff nicht in ſich fuͤhrt. Hingegen eine wilde Seele/ So noch das alte Feſſel druͤckt/ Und nichts mit mehrer Krafft erquickt/ Als nur des faulen Leibes Hoͤle/ So noch/ wann ſie der Todt getrennt/ Voll ſtinckender Begierden brennt/ Zu welchem ſie das Blut entzuͤndet; Die ſucht das kalte Haut und Bein/ Biß ſie das faule Weſen findet/ Jn dem ſie ſich ergetzt allein. Wann ſie nach vielen langen Beiten/ So aͤrger druͤckt als Glut und Band/ Der Hoͤllen heiſſes Folterland Mit vielem Klagen muß beſchreiten/ So laͤſt der Teuffel/ ſo ſie bracht Jn dieſes truͤbe Reich der Nacht/ Sie an dem faulem Ufer kleben/ Da man der Hoͤllen Grauſamkeit Jhn ſchauet an den Seiten ſchweben/ So hier zur Straffe ſteht bereit. Ein ieder Geiſt beginnt zu ſchelten/ Und was man vor Geſpenſte zehlt/ Die ſeynd bereit wo ſie gefehlt/ Jhn alles reinlich zu vergelten. Es muß viel tauſend Jahr vorbey/ Eh dieſe Kette bricht entzwey/ Und ſie zum Freudenhafen laͤndet; Eh als ſie aus dem Kercker bricht/ Durch dieſen Geiſt der alles endet/ Und ſelbſt erſchaffen Zeit und Licht. Die- J 2

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/383>, abgerufen am 23.05.2024.