Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende Socrates. So nun die Seele stets verbleibet/ So sey man ja darauf bedacht/ Daß man dieselbe sauber macht/ Und alle Flecken von ihr treibet. Wer diß Geheimnis recht bedenckt/ Dem wird der reine Geist gelenckt/ Auf einen Zweck der stets bestehet; Und wenn er nicht mehr leben kan/ Und aus der Trauerhütten gehet/ So kompt er auf die Freuden-Bahn. Und solte dieser Geist verstieben/ Und auch der Fäulniß Speise seyn/ Wann diese schlechte Haut und Bein/ Jst durch den bleichen Todt vertrieben/ So sind die Bösen wol daran. Erwege doch/ wo würde man Belohnung und auch Straffe haben/ Wann unsre Seele in der Grufft Sich zu dem Leibe läst begraben/ Und nun kein ferner Leben hofft. Weil aber unser Geist sich trennet/ Wann Haut und Bein wird hingelegt/ Den keine Sache leicht bewegt/ Und weder Wurm noch Fäulniß kennet/ So wird derselben Geister Schaar/ Die hier der Boßheit Ursprung war/ Daß Leib und Seele sich vergessen/ Viel Angst und Marter beygebracht/ Und leidet weil sie ist gesessen Jn der betrübten Todes Nacht. Die Seelen aber/ derer Wesen Mit Witz und Glantz ist ausgeziert/ Und da man tausend Zeichen spührt/ Wie sie die Tugend ihn erlesen/ Die
Der ſterbende Socrates. So nun die Seele ſtets verbleibet/ So ſey man ja darauf bedacht/ Daß man dieſelbe ſauber macht/ Und alle Flecken von ihr treibet. Wer diß Geheimnis recht bedenckt/ Dem wird der reine Geiſt gelenckt/ Auf einen Zweck der ſtets beſtehet; Und wenn er nicht mehr leben kan/ Und aus der Trauerhuͤtten gehet/ So kompt er auf die Freuden-Bahn. Und ſolte dieſer Geiſt verſtieben/ Und auch der Faͤulniß Speiſe ſeyn/ Wann dieſe ſchlechte Haut und Bein/ Jſt durch den bleichen Todt vertrieben/ So ſind die Boͤſen wol daran. Erwege doch/ wo wuͤrde man Belohnung und auch Straffe haben/ Wann unſre Seele in der Grufft Sich zu dem Leibe laͤſt begraben/ Und nun kein ferner Leben hofft. Weil aber unſer Geiſt ſich trennet/ Wann Haut und Bein wird hingelegt/ Den keine Sache leicht bewegt/ Und weder Wurm noch Faͤulniß kennet/ So wird derſelben Geiſter Schaar/ Die hier der Boßheit Urſprung war/ Daß Leib und Seele ſich vergeſſen/ Viel Angſt und Marter beygebracht/ Und leidet weil ſie iſt geſeſſen Jn der betruͤbten Todes Nacht. Die Seelen aber/ derer Weſen Mit Witz und Glantz iſt ausgeziert/ Und da man tauſend Zeichen ſpuͤhrt/ Wie ſie die Tugend ihn erleſen/ Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0380" n="122"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der ſterbende</hi> </fw><lb/> <sp who="#SOC"> <speaker> <hi rendition="#fr">Socrates.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l>So nun die Seele ſtets verbleibet/</l><lb/> <l>So ſey man ja darauf bedacht/</l><lb/> <l>Daß man dieſelbe ſauber macht/</l><lb/> <l>Und alle Flecken von ihr treibet.</l><lb/> <l>Wer diß Geheimnis recht bedenckt/</l><lb/> <l>Dem wird der reine Geiſt gelenckt/</l><lb/> <l>Auf einen Zweck der ſtets beſtehet;</l><lb/> <l>Und wenn er nicht mehr leben kan/</l><lb/> <l>Und aus der Trauerhuͤtten gehet/</l><lb/> <l>So kompt er auf die Freuden-Bahn.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Und ſolte dieſer Geiſt verſtieben/</l><lb/> <l>Und auch der Faͤulniß Speiſe ſeyn/</l><lb/> <l>Wann dieſe ſchlechte Haut und Bein/</l><lb/> <l>Jſt durch den bleichen Todt vertrieben/</l><lb/> <l>So ſind die Boͤſen wol daran.</l><lb/> <l>Erwege doch/ wo wuͤrde man</l><lb/> <l>Belohnung und auch Straffe haben/</l><lb/> <l>Wann unſre Seele in der Grufft</l><lb/> <l>Sich zu dem Leibe laͤſt begraben/</l><lb/> <l>Und nun kein ferner Leben hofft.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Weil aber unſer Geiſt ſich trennet/</l><lb/> <l>Wann Haut und Bein wird hingelegt/</l><lb/> <l>Den keine Sache leicht bewegt/</l><lb/> <l>Und weder Wurm noch Faͤulniß kennet/</l><lb/> <l>So wird derſelben Geiſter Schaar/</l><lb/> <l>Die hier der Boßheit Urſprung war/</l><lb/> <l>Daß Leib und Seele ſich vergeſſen/</l><lb/> <l>Viel Angſt und Marter beygebracht/</l><lb/> <l>Und leidet weil ſie iſt geſeſſen</l><lb/> <l>Jn der betruͤbten Todes Nacht.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Die Seelen aber/ derer Weſen</l><lb/> <l>Mit Witz und Glantz iſt ausgeziert/</l><lb/> <l>Und da man tauſend Zeichen ſpuͤhrt/</l><lb/> <l>Wie ſie die Tugend ihn erleſen/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [122/0380]
Der ſterbende
Socrates.
So nun die Seele ſtets verbleibet/
So ſey man ja darauf bedacht/
Daß man dieſelbe ſauber macht/
Und alle Flecken von ihr treibet.
Wer diß Geheimnis recht bedenckt/
Dem wird der reine Geiſt gelenckt/
Auf einen Zweck der ſtets beſtehet;
Und wenn er nicht mehr leben kan/
Und aus der Trauerhuͤtten gehet/
So kompt er auf die Freuden-Bahn.
Und ſolte dieſer Geiſt verſtieben/
Und auch der Faͤulniß Speiſe ſeyn/
Wann dieſe ſchlechte Haut und Bein/
Jſt durch den bleichen Todt vertrieben/
So ſind die Boͤſen wol daran.
Erwege doch/ wo wuͤrde man
Belohnung und auch Straffe haben/
Wann unſre Seele in der Grufft
Sich zu dem Leibe laͤſt begraben/
Und nun kein ferner Leben hofft.
Weil aber unſer Geiſt ſich trennet/
Wann Haut und Bein wird hingelegt/
Den keine Sache leicht bewegt/
Und weder Wurm noch Faͤulniß kennet/
So wird derſelben Geiſter Schaar/
Die hier der Boßheit Urſprung war/
Daß Leib und Seele ſich vergeſſen/
Viel Angſt und Marter beygebracht/
Und leidet weil ſie iſt geſeſſen
Jn der betruͤbten Todes Nacht.
Die Seelen aber/ derer Weſen
Mit Witz und Glantz iſt ausgeziert/
Und da man tauſend Zeichen ſpuͤhrt/
Wie ſie die Tugend ihn erleſen/
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |