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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
ten sich allhier lange aufzuhalten/ dannn was wolte
doch unzertrennlich seyn/ wann dieses/ was unsterb-
lich und unvergänglich ist/ zertrennlich wäre.

Besteht nicht die Unsterbligkeit/
So wird der Geist/ wann er befreyt/
Den Leib/ und was er vor beweget/
zu Staub und Asche/ ja die Welt/
Und was sie im Beschlosse hält/
Wird in den Todes Staub geleget;
Es wiche selbst des Himmels Zier/
Die Götter stürben gleich wie wir.
Weil nun dieses/ was unsterblich ist/ auch zugleich
unverwesentlich ist/ wie solte nicht die Seele/ so sie
unsterblich/ auch zugleich unverwesentlich seyn?
Cebes.
Es kan nichts anders daraus folgen.
Socrates.
Daß wann des Todes Grimm uns trennet/
So greifft er alles dieses an/
Was er an uns bestreiten kan/
Weil ers vor seinem Raub erkennet.
Doch kommet unser rechtes Hab/
Was nicht zufält und feste stehet/
Das nimmer stirbt und nicht vergehet/
Mit nichten in das kalte Grab/
Und unser Geist dem Leib entnommen
Wird zu den Himmelsgeistern kommen.
Cebes.
Es stehet mir nicht das geringste im Wege/ daß
ich
Der ſterbende
ten ſich allhier lange aufzuhalten/ dannn was wolte
doch unzertrennlich ſeyn/ wann dieſes/ was unſterb-
lich und unvergaͤnglich iſt/ zertrennlich waͤre.

Beſteht nicht die Unſterbligkeit/
So wird der Geiſt/ wann er befreyt/
Den Leib/ und was er vor beweget/
zu Staub und Aſche/ ja die Welt/
Und was ſie im Beſchloſſe haͤlt/
Wird in den Todes Staub geleget;
Es wiche ſelbſt des Himmels Zier/
Die Goͤtter ſtuͤrben gleich wie wir.
Weil nun dieſes/ was unſterblich iſt/ auch zugleich
unverweſentlich iſt/ wie ſolte nicht die Seele/ ſo ſie
unſterblich/ auch zugleich unverweſentlich ſeyn?
Cebes.
Es kan nichts anders daraus folgen.
Socrates.
Daß wann des Todes Grimm uns trennet/
So greifft er alles dieſes an/
Was er an uns beſtreiten kan/
Weil ers vor ſeinem Raub erkennet.
Doch kommet unſer rechtes Hab/
Was nicht zufaͤlt und feſte ſtehet/
Das nimmer ſtirbt und nicht vergehet/
Mit nichten in das kalte Grab/
Und unſer Geiſt dem Leib entnommen
Wird zu den Himmelsgeiſtern kommen.
Cebes.
Es ſtehet mir nicht das geringſte im Wege/ daß
ich
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[120/0378] Der ſterbende ten ſich allhier lange aufzuhalten/ dannn was wolte doch unzertrennlich ſeyn/ wann dieſes/ was unſterb- lich und unvergaͤnglich iſt/ zertrennlich waͤre. Beſteht nicht die Unſterbligkeit/ So wird der Geiſt/ wann er befreyt/ Den Leib/ und was er vor beweget/ zu Staub und Aſche/ ja die Welt/ Und was ſie im Beſchloſſe haͤlt/ Wird in den Todes Staub geleget; Es wiche ſelbſt des Himmels Zier/ Die Goͤtter ſtuͤrben gleich wie wir. Weil nun dieſes/ was unſterblich iſt/ auch zugleich unverweſentlich iſt/ wie ſolte nicht die Seele/ ſo ſie unſterblich/ auch zugleich unverweſentlich ſeyn? Cebes. Es kan nichts anders daraus folgen. Socrates. Daß wann des Todes Grimm uns trennet/ So greifft er alles dieſes an/ Was er an uns beſtreiten kan/ Weil ers vor ſeinem Raub erkennet. Doch kommet unſer rechtes Hab/ Was nicht zufaͤlt und feſte ſtehet/ Das nimmer ſtirbt und nicht vergehet/ Mit nichten in das kalte Grab/ Und unſer Geiſt dem Leib entnommen Wird zu den Himmelsgeiſtern kommen. Cebes. Es ſtehet mir nicht das geringſte im Wege/ daß ich

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/378>, abgerufen am 18.05.2024.