Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Socrates. langet/ und dencken niemals/ daß ein verborgenesund göttliches Vermögen darunter stecke. Und diesen grossen Kloß mit leichter Müh zu tragen/ Und glauben keines weges/ daß das der rechteSo bilden sie ihn ein/ es müst ein Atlas seyn/ Der sich zu solcher Last mit Künheit dürffte wagen/ Und dessen Schuldern nichts zu niedrig noch zu klein. Schöne/ und das rechte Vollkommene etwas dabey wircke: Jn dieser Ungewißheit nun/ so nahm ich zum Lehrer an/ wer mir fürkam/ gäntzlich hoffende/ die rechte Ursachen dieser Dinge gründlich zu erler- nen. Weil ich sie aber nun keines weges erforschen/ und weder durch eigenes Vermögen/ noch durch fremde Hülffe er gründen kan/ so habe ich eine ande- re Schiffart im Wercke/ vermittelst derselben füg- lich dahin zugelangen/ und solche also einen neuen Weg der techten Ursachen dergestalt fähig zu wer- den. Wilst du nun/ mein Cebes/ daß ich dich auch dahin leite. Von Hertzen gerne/ antwortete Cebes. Socrates. Als ich nun fast verdrossen war/ ohne Fortgang diese Sache zubetrachten/ so kam mir etwas an- ders ein/ Mein Geist der diesem Thun fast lange nachgegangen/ Und auf dergleichen Bahn nichts rechtes kont erlangen/ Ja durch den hellen Schein bestürtzet war gemacht/ Der dachte/ wann die Sonn am allerhöchsten stehet/ Wer ist doch wol geschickt zu schauen dessen Pracht/ Dem das Gesichte nicht in einem Nu vergebet? Wird G 5
Socrates. langet/ und dencken niemals/ daß ein verborgenesund goͤttliches Vermoͤgen darunter ſtecke. Und dieſen groſſen Kloß mit leichter Muͤh zu tragen/ Und glauben keines weges/ daß das der rechteSo bilden ſie ihn ein/ es muͤſt ein Atlas ſeyn/ Der ſich zu ſolcher Laſt mit Kuͤnheit duͤrffte wagen/ Und deſſen Schuldern nichts zu niedrig noch zu klein. Schoͤne/ und das rechte Vollkommene etwas dabey wircke: Jn dieſer Ungewißheit nun/ ſo nahm ich zum Lehrer an/ wer mir fuͤrkam/ gaͤntzlich hoffende/ die rechte Urſachen dieſer Dinge gruͤndlich zu erler- nen. Weil ich ſie aber nun keines weges erforſchen/ und weder durch eigenes Vermoͤgen/ noch durch fremde Huͤlffe er gruͤnden kan/ ſo habe ich eine ande- re Schiffart im Wercke/ vermittelſt derſelben fuͤg- lich dahin zugelangen/ und ſolche alſo einen neuen Weg der techten Urſachen dergeſtalt faͤhig zu wer- den. Wilſt du nun/ mein Cebes/ daß ich dich auch dahin leite. Von Hertzen gerne/ antwortete Cebes. Socrates. Als ich nun faſt verdroſſen war/ ohne Fortgang dieſe Sache zubetrachten/ ſo kam mir etwas an- ders ein/ Mein Geiſt der dieſem Thun faſt lange nachgegangen/ Und auf dergleichen Bahn nichts rechtes kont erlangen/ Ja durch den hellen Schein beſtuͤrtzet war gemacht/ Der dachte/ wann die Sonn am allerhoͤchſten ſtehet/ Wer iſt doch wol geſchickt zu ſchauen deſſen Pracht/ Dem das Geſichte nicht in einem Nu vergebet? Wird G 5
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Socrates.
langet/ und dencken niemals/ daß ein verborgenes
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Und dieſen groſſen Kloß mit leichter Muͤh zu tragen/
So bilden ſie ihn ein/ es muͤſt ein Atlas ſeyn/
Der ſich zu ſolcher Laſt mit Kuͤnheit duͤrffte wagen/
Und deſſen Schuldern nichts zu niedrig noch zu klein.
Und glauben keines weges/ daß das der rechte
Schoͤne/ und das rechte Vollkommene etwas dabey
wircke: Jn dieſer Ungewißheit nun/ ſo nahm ich
zum Lehrer an/ wer mir fuͤrkam/ gaͤntzlich hoffende/
die rechte Urſachen dieſer Dinge gruͤndlich zu erler-
nen. Weil ich ſie aber nun keines weges erforſchen/
und weder durch eigenes Vermoͤgen/ noch durch
fremde Huͤlffe er gruͤnden kan/ ſo habe ich eine ande-
re Schiffart im Wercke/ vermittelſt derſelben fuͤg-
lich dahin zugelangen/ und ſolche alſo einen neuen
Weg der techten Urſachen dergeſtalt faͤhig zu wer-
den. Wilſt du nun/ mein Cebes/ daß ich dich auch
dahin leite. Von Hertzen gerne/ antwortete Cebes.
Socrates.
Als ich nun faſt verdroſſen war/ ohne Fortgang
dieſe Sache zubetrachten/ ſo kam mir etwas an-
ders ein/
Mein Geiſt der dieſem Thun faſt lange nachgegangen/
Und auf dergleichen Bahn nichts rechtes kont erlangen/
Ja durch den hellen Schein beſtuͤrtzet war gemacht/
Der dachte/ wann die Sonn am allerhoͤchſten ſtehet/
Wer iſt doch wol geſchickt zu ſchauen deſſen Pracht/
Dem das Geſichte nicht in einem Nu vergebet?
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