Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende wiewol es billich für ungereimt zu halten seyn wür-de/ wenn sich einer zu behaupten unterstünde/ daß ich dieses allein darum thäte/ und dasselbe daß ich es so nach meinem Kopffe und deshalben thue/ da- bey verschweigen wolte. Dann daraus würde ei- ner gnugsam blicken lassen/ daß er nicht wol wisse/ daß ein anders die rechte Hauptursache sey/ ohne welches die Ursache nicht Ursache seyn könte/ so dann von den Unwissenden offtmals fälschlich die Ursache genennet wird. Wie/ wann man in dem Finstern geht/ Darum sind etliche/ so uns/ wegen Einbildung/Da uns zu sehen ist verwehrt/ Und alles ohne Bildniß steht/ Daß man nicht sind was man begehrt. daß die Erde allezeit wie in einem Circkel herum lauffe/ überreden wollen/ daß sie niemals unter dem Himmel weg weichet/ andere/ so sie uns/ wie einen grossen Backtrog für bilden/ unterstehen sich zu er- weisen/ daß sie auf der Lufft/ wie auf einem Grun- de schwebe. Der glaubet/ daß die Welt sich einer Kugel gleichet/ Und es untersucht weder einer noch der anderSo frey von aller Ruh/ stets in die Runde streichet/ Und unterm Himmel ihr hat ihren Ort erkiest; Ein ander so sie uns wie einen Trog beschreibet/ Der fußt auf einen Wahn der nicht viel besser ist/ Daß sie auf freyer Lufft als einem Grunde bleibet. die Krafft/ durch welches sie etwas vornehmers er- lan-
Der ſterbende wiewol es billich fuͤr ungereimt zu halten ſeyn wuͤr-de/ wenn ſich einer zu behaupten unterſtuͤnde/ daß ich dieſes allein darum thaͤte/ und daſſelbe daß ich es ſo nach meinem Kopffe und deshalben thue/ da- bey verſchweigen wolte. Dann daraus wuͤrde ei- ner gnugſam blicken laſſen/ daß er nicht wol wiſſe/ daß ein anders die rechte Haupturſache ſey/ ohne welches die Urſache nicht Urſache ſeyn koͤnte/ ſo dañ von den Unwiſſenden offtmals faͤlſchlich die Urſache genennet wird. Wie/ wann man in dem Finſtern geht/ Darum ſind etliche/ ſo uns/ wegen Einbildung/Da uns zu ſehen iſt verwehrt/ Und alles ohne Bildniß ſteht/ Daß man nicht ſind was man begehrt. daß die Erde allezeit wie in einem Circkel herum lauffe/ uͤberreden wollen/ daß ſie niemals unter dem Himmel weg weichet/ andere/ ſo ſie uns/ wie einen groſſen Backtrog fuͤr bilden/ unterſtehen ſich zu er- weiſen/ daß ſie auf der Lufft/ wie auf einem Grun- de ſchwebe. Der glaubet/ daß die Welt ſich einer Kugel gleichet/ Und es unterſucht weder einer noch der anderSo frey von aller Ruh/ ſtets in die Runde ſtreichet/ Und unterm Himmel ihr hat ihren Ort erkieſt; Ein ander ſo ſie uns wie einen Trog beſchreibet/ Der fußt auf einen Wahn der nicht viel beſſer iſt/ Daß ſie auf freyer Lufft als einem Grunde bleibet. die Krafft/ durch welches ſie etwas vornehmers er- lan-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SOC"> <p><pb facs="#f0356" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der ſterbende</hi></fw><lb/> wiewol es billich fuͤr ungereimt zu halten ſeyn wuͤr-<lb/> de/ wenn ſich einer zu behaupten unterſtuͤnde/ daß<lb/> ich dieſes allein darum thaͤte/ und daſſelbe daß ich<lb/> es ſo nach meinem Kopffe und deshalben thue/ da-<lb/> bey verſchweigen wolte. Dann daraus wuͤrde ei-<lb/> ner gnugſam blicken laſſen/ daß er nicht wol wiſſe/<lb/> daß ein anders die rechte Haupturſache ſey/ ohne<lb/> welches die Urſache nicht Urſache ſeyn koͤnte/ ſo dañ<lb/> von den Unwiſſenden offtmals faͤlſchlich die Urſache<lb/> genennet wird.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Wie/ wann man in dem Finſtern geht/</l><lb/> <l>Da uns zu ſehen iſt verwehrt/</l><lb/> <l>Und alles ohne Bildniß ſteht/</l><lb/> <l>Daß man nicht ſind was man begehrt.</l> </lg><lb/> <p>Darum ſind etliche/ ſo uns/ wegen Einbildung/<lb/> daß die Erde allezeit wie in einem Circkel herum<lb/> lauffe/ uͤberreden wollen/ daß ſie niemals unter dem<lb/> Himmel weg weichet/ andere/ ſo ſie uns/ wie einen<lb/> groſſen Backtrog fuͤr bilden/ unterſtehen ſich zu er-<lb/> weiſen/ daß ſie auf der Lufft/ wie auf einem Grun-<lb/> de ſchwebe.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Der glaubet/ daß die Welt ſich einer Kugel gleichet/</l><lb/> <l>So frey von aller Ruh/ ſtets in die Runde ſtreichet/</l><lb/> <l>Und unterm Himmel ihr hat ihren Ort erkieſt;</l><lb/> <l>Ein ander ſo ſie uns wie einen Trog beſchreibet/</l><lb/> <l>Der fußt auf einen Wahn der nicht viel beſſer iſt/</l><lb/> <l>Daß ſie auf freyer Lufft als einem Grunde bleibet.</l> </lg><lb/> <p>Und es unterſucht weder einer noch der ander<lb/> die Krafft/ durch welches ſie etwas vornehmers er-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lan-</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [98/0356]
Der ſterbende
wiewol es billich fuͤr ungereimt zu halten ſeyn wuͤr-
de/ wenn ſich einer zu behaupten unterſtuͤnde/ daß
ich dieſes allein darum thaͤte/ und daſſelbe daß ich
es ſo nach meinem Kopffe und deshalben thue/ da-
bey verſchweigen wolte. Dann daraus wuͤrde ei-
ner gnugſam blicken laſſen/ daß er nicht wol wiſſe/
daß ein anders die rechte Haupturſache ſey/ ohne
welches die Urſache nicht Urſache ſeyn koͤnte/ ſo dañ
von den Unwiſſenden offtmals faͤlſchlich die Urſache
genennet wird.
Wie/ wann man in dem Finſtern geht/
Da uns zu ſehen iſt verwehrt/
Und alles ohne Bildniß ſteht/
Daß man nicht ſind was man begehrt.
Darum ſind etliche/ ſo uns/ wegen Einbildung/
daß die Erde allezeit wie in einem Circkel herum
lauffe/ uͤberreden wollen/ daß ſie niemals unter dem
Himmel weg weichet/ andere/ ſo ſie uns/ wie einen
groſſen Backtrog fuͤr bilden/ unterſtehen ſich zu er-
weiſen/ daß ſie auf der Lufft/ wie auf einem Grun-
de ſchwebe.
Der glaubet/ daß die Welt ſich einer Kugel gleichet/
So frey von aller Ruh/ ſtets in die Runde ſtreichet/
Und unterm Himmel ihr hat ihren Ort erkieſt;
Ein ander ſo ſie uns wie einen Trog beſchreibet/
Der fußt auf einen Wahn der nicht viel beſſer iſt/
Daß ſie auf freyer Lufft als einem Grunde bleibet.
Und es unterſucht weder einer noch der ander
die Krafft/ durch welches ſie etwas vornehmers er-
lan-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |