Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende Ein ieder Geist ist dann bedacht/Zuvor ein wenig zu verweilen. Wann sich die Regung nicht wil dämpffen/ So fängt die Seel auch anzukämpffen/ Allhier hilfft nicht das feste Band/ So Leib und Seele steiff verbindet/ Jn dem die Lust und der Verstand Sich allezeit in Waffen findet. eignen/ wann die Seele eine von der Vermischung des Leibes zusammengesetzte Einstimmung wäre; Dann auf diese Weise würde sie verbunden seyn/ dieser Vermischung unfehlbar nachzufolgen/ und ohne die Sachen/ so auf den so genanten fleischlichen Sinn bestehen/ nichts thun lassen/ oder ihnen etwas widriges entspinnen können; Da wir hergegen alle Augenblicke schauen/ daß die Seele sich in gemein dem Leibe widersetzet/ in dem sie ihn bißweilen zu verdrießlicher Arbeit nöhtiget/ bald durch Artzney zwinget/ und nicht selten mit scharffen Erinnerun- gen und Straffen ihm zu wider ist; Wie sie ihm dann auch offtmals wider Furcht/ Schmertzen und böse Zufälle/ Trost zuspricht. Wann Argwohn und Verdrießligkeit Uns Mund und Wangen bleich gemachet/ So steht die Seele dann bereit/ Und schafft daß unsre Krafft erwachet; Wiewol ihr Raht offt ist verlachet/ Und ausgeschlagen vor der Zeit. Be-
Der ſterbende Ein ieder Geiſt iſt dann bedacht/Zuvor ein wenig zu verweilen. Wann ſich die Regung nicht wil daͤmpffen/ So faͤngt die Seel auch anzukaͤmpffen/ Allhier hilfft nicht das feſte Band/ So Leib und Seele ſteiff verbindet/ Jn dem die Luſt und der Verſtand Sich allezeit in Waffen findet. eignen/ wann die Seele eine von der Vermiſchung des Leibes zuſammengeſetzte Einſtimmung waͤre; Dann auf dieſe Weiſe wuͤrde ſie verbunden ſeyn/ dieſer Vermiſchung unfehlbar nachzufolgen/ und ohne die Sachen/ ſo auf den ſo genanten fleiſchlichen Sinn beſtehen/ nichts thun laſſen/ oder ihnen etwas widriges entſpinnen koͤnnen; Da wir hergegen alle Augenblicke ſchauen/ daß die Seele ſich in gemein dem Leibe widerſetzet/ in dem ſie ihn bißweilen zu verdrießlicher Arbeit noͤhtiget/ bald durch Artzney zwinget/ und nicht ſelten mit ſcharffen Erinnerun- gen und Straffen ihm zu wider iſt; Wie ſie ihm dann auch offtmals wider Furcht/ Schmertzen und boͤſe Zufaͤlle/ Troſt zuſpricht. Wann Argwohn und Verdrießligkeit Uns Mund und Wangen bleich gemachet/ So ſteht die Seele dann bereit/ Und ſchafft daß unſre Krafft erwachet; Wiewol ihr Raht offt iſt verlachet/ Und ausgeſchlagen vor der Zeit. Be-
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Der ſterbende
Ein ieder Geiſt iſt dann bedacht/
Zuvor ein wenig zu verweilen.
Wann ſich die Regung nicht wil daͤmpffen/
So faͤngt die Seel auch anzukaͤmpffen/
Allhier hilfft nicht das feſte Band/
So Leib und Seele ſteiff verbindet/
Jn dem die Luſt und der Verſtand
Sich allezeit in Waffen findet.
Dieſer Streit nun wuͤrde ſich nimmermehr er-
eignen/ wann die Seele eine von der Vermiſchung
des Leibes zuſammengeſetzte Einſtimmung waͤre;
Dann auf dieſe Weiſe wuͤrde ſie verbunden ſeyn/
dieſer Vermiſchung unfehlbar nachzufolgen/ und
ohne die Sachen/ ſo auf den ſo genanten fleiſchlichen
Sinn beſtehen/ nichts thun laſſen/ oder ihnen etwas
widriges entſpinnen koͤnnen; Da wir hergegen alle
Augenblicke ſchauen/ daß die Seele ſich in gemein
dem Leibe widerſetzet/ in dem ſie ihn bißweilen zu
verdrießlicher Arbeit noͤhtiget/ bald durch Artzney
zwinget/ und nicht ſelten mit ſcharffen Erinnerun-
gen und Straffen ihm zu wider iſt; Wie ſie ihm
dann auch offtmals wider Furcht/ Schmertzen und
boͤſe Zufaͤlle/ Troſt zuſpricht.
Wann Argwohn und Verdrießligkeit
Uns Mund und Wangen bleich gemachet/
So ſteht die Seele dann bereit/
Und ſchafft daß unſre Krafft erwachet;
Wiewol ihr Raht offt iſt verlachet/
Und ausgeſchlagen vor der Zeit.
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