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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
Ja wenn ein schneller Fall durch unverhoffte Macht
Hat einen frischen Leib in ihre Bande bracht/
So weiß man noch zu haben
Ein Mittel so den Leib fast unversehrt erhält/
Es lehrt Aegyptien den Kunstgrieff zubegraben/
Daß in viel lange Zeit die Leiche nicht zufält.
Wiewol nun unser Fleisch das Fäulniß kan zutreiben/
Und als ein zartes Ding nicht ewig weiß zubleiben/
So fält doch alles nicht/
Dann Sehne/ Knorpel/ Bein/ kan nicht so bald verschwinden/
Daß also auch der Todt nicht alle Glieder bricht/
Wiewol in allem dem nichts himmlisches zu finden.
Erreget dir nun dieses keinen Zweiffel mein Ce-
bes? Dann wir sagen/ daß der Leib als sterblich/
sichtbar/ und unvergänglich alsobald nach dem To-
de sich enden solle; Da hergegen die Seele/ als un-
sichtbar und unsterblich/ alleine unverweßlich sey/
und sich/ so bald sie aus dem Leibe gezogen/ in einen
treflichen Ort verfüge?

Daß unsre Seele voll Gelücke
So bald des Cörpers Krafft verfleucht
Ohn alles Säumnis von ihm zeucht/
Jn einem kurtzen Augenblicke/
Und nach dem bleichen Tode lebt
Jmmittelst reicher Himmels-Schätze/
Da uns die Gottheit überhebt
Des Todes mördrischen Gesätze.
Wie das? Sollen wir nun dencken/ daß sie in
dieser ihrer Meinung betrogen werde/ und daß/ weil
wir nach ihrer Absonderung von dem Leibe/ nichts
mehr von ihnen sehen/ daraus folgen müsse/ daß auch
nichts
Der ſterbende
Ja wenn ein ſchneller Fall durch unverhoffte Macht
Hat einen friſchen Leib in ihre Bande bracht/
So weiß man noch zu haben
Ein Mittel ſo den Leib faſt unverſehrt erhaͤlt/
Es lehrt Aegyptien den Kunſtgrieff zubegraben/
Daß in viel lange Zeit die Leiche nicht zufaͤlt.
Wiewol nun unſer Fleiſch das Faͤulniß kan zutreiben/
Und als ein zartes Ding nicht ewig weiß zubleiben/
So faͤlt doch alles nicht/
Dann Sehne/ Knorpel/ Bein/ kan nicht ſo bald verſchwinden/
Daß alſo auch der Todt nicht alle Glieder bricht/
Wiewol in allem dem nichts himmliſches zu finden.
Erreget dir nun dieſes keinen Zweiffel mein Ce-
bes? Dann wir ſagen/ daß der Leib als ſterblich/
ſichtbar/ und unvergaͤnglich alſobald nach dem To-
de ſich enden ſolle; Da hergegen die Seele/ als un-
ſichtbar und unſterblich/ alleine unverweßlich ſey/
und ſich/ ſo bald ſie aus dem Leibe gezogen/ in einen
treflichen Ort verfuͤge?

Daß unſre Seele voll Geluͤcke
So bald des Coͤrpers Krafft verfleucht
Ohn alles Saͤumnis von ihm zeucht/
Jn einem kurtzen Augenblicke/
Und nach dem bleichen Tode lebt
Jmmittelſt reicher Himmels-Schaͤtze/
Da uns die Gottheit uͤberhebt
Des Todes moͤrdriſchen Geſaͤtze.
Wie das? Sollen wir nun dencken/ daß ſie in
dieſer ihrer Meinung betrogen werde/ und daß/ weil
wir nach ihrer Abſonderung von dem Leibe/ nichts
mehr von ihnen ſehen/ daraus folgen muͤſſe/ daß auch
nichts
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[52/0310] Der ſterbende Ja wenn ein ſchneller Fall durch unverhoffte Macht Hat einen friſchen Leib in ihre Bande bracht/ So weiß man noch zu haben Ein Mittel ſo den Leib faſt unverſehrt erhaͤlt/ Es lehrt Aegyptien den Kunſtgrieff zubegraben/ Daß in viel lange Zeit die Leiche nicht zufaͤlt. Wiewol nun unſer Fleiſch das Faͤulniß kan zutreiben/ Und als ein zartes Ding nicht ewig weiß zubleiben/ So faͤlt doch alles nicht/ Dann Sehne/ Knorpel/ Bein/ kan nicht ſo bald verſchwinden/ Daß alſo auch der Todt nicht alle Glieder bricht/ Wiewol in allem dem nichts himmliſches zu finden. Erreget dir nun dieſes keinen Zweiffel mein Ce- bes? Dann wir ſagen/ daß der Leib als ſterblich/ ſichtbar/ und unvergaͤnglich alſobald nach dem To- de ſich enden ſolle; Da hergegen die Seele/ als un- ſichtbar und unſterblich/ alleine unverweßlich ſey/ und ſich/ ſo bald ſie aus dem Leibe gezogen/ in einen treflichen Ort verfuͤge? Daß unſre Seele voll Geluͤcke So bald des Coͤrpers Krafft verfleucht Ohn alles Saͤumnis von ihm zeucht/ Jn einem kurtzen Augenblicke/ Und nach dem bleichen Tode lebt Jmmittelſt reicher Himmels-Schaͤtze/ Da uns die Gottheit uͤberhebt Des Todes moͤrdriſchen Geſaͤtze. Wie das? Sollen wir nun dencken/ daß ſie in dieſer ihrer Meinung betrogen werde/ und daß/ weil wir nach ihrer Abſonderung von dem Leibe/ nichts mehr von ihnen ſehen/ daraus folgen muͤſſe/ daß auch nichts

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/310>, abgerufen am 17.05.2024.