Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Socrates. Wie nun Schlaffen und Wachen zwey widerwär-tige Dinge seyn/ so seyn Sterben und Leben es gleich- fals/ und wie von dem Wachen der Schlaf/ und von dem Schlaffe das Wachen herkömmt/ so wird von dem Leben der Todt/ und von dem Tode gleichfals das Leben. Ja weiter zu gehen/ wie der Forttritt vom Wachen zum Schlaffen einschlaffen/ und der Forttritt vom Schlaffen zum Wachen auswa- chen heist/ so heisset auch der Forttritt vom Leben zum Tode/ sterben. Wo bleibet aber der Fort- tritt und Wechsel vom Tode zum Leben? Solle die Natur hier alleine mangelhafft und gebrechlich er- funden werden? Das darff man in keinerley Wei- se glauben. Sondern wir werden befinden/ daß der Forttritt vom Tode zum Leben Auferstehung ge- nennet wird/ und eben so/ wie die Todten von den Lebendigen/ also auch die Lebendigen von den Tod- ten herkommen. Und dannenhero ist unfehlbarlich zu schliessen/ daß der Todten Seelen irgend wo seyn müssen/ von dannen sie durch eine Umwechselung wiederum können zurücke tretten. Ohne diesen veränderlichen Forttrit nun/ durch welche alle Sa- chen auf das neue erzeuget werden/ und in die Na- tur gleichsam zirckelweise wiederum zurücke treten/ so würde endlich alles unter einerley Gestalt bleiben/ und nichts zu seiner alten Beschaffenheit kommen können/ als wann gleichsam alle Sachen in einen tieffen Schlaffe legen/ daraus sie sich nimmermehr zu wickeln vermöchten/ und ohne Zweiffel/ Das C 4
Socrates. Wie nun Schlaffen und Wachen zwey widerwaͤr-tige Dinge ſeyn/ ſo ſeyn Sterben und Leben es gleich- fals/ und wie von dem Wachen der Schlaf/ und von dem Schlaffe das Wachen herkoͤmmt/ ſo wird von dem Leben der Todt/ und von dem Tode gleichfals das Leben. Ja weiter zu gehen/ wie der Forttritt vom Wachen zum Schlaffen einſchlaffen/ und der Forttritt vom Schlaffen zum Wachen auſwa- chen heiſt/ ſo heiſſet auch der Forttritt vom Leben zum Tode/ ſterben. Wo bleibet aber der Fort- tritt und Wechſel vom Tode zum Leben? Solle die Natur hier alleine mangelhafft und gebrechlich er- funden werden? Das darff man in keinerley Wei- ſe glauben. Sondern wir werden befinden/ daß der Forttritt vom Tode zum Leben Auferſtehung ge- nennet wird/ und eben ſo/ wie die Todten von den Lebendigen/ alſo auch die Lebendigen von den Tod- ten herkommen. Und dannenhero iſt unfehlbarlich zu ſchlieſſen/ daß der Todten Seelen irgend wo ſeyn muͤſſen/ von dannen ſie durch eine Umwechſelung wiederum koͤnnen zuruͤcke tretten. Ohne dieſen veraͤnderlichen Forttrit nun/ durch welche alle Sa- chen auf das neue erzeuget werden/ und in die Na- tur gleichſam zirckelweiſe wiederum zuruͤcke treten/ ſo wuͤrde endlich alles unter einerley Geſtalt bleiben/ und nichts zu ſeiner alten Beſchaffenheit kommen koͤnnen/ als wann gleichſam alle Sachen in einen tieffen Schlaffe legen/ daraus ſie ſich nimmermehr zu wickeln vermoͤchten/ und ohne Zweiffel/ Das C 4
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Socrates.
Wie nun Schlaffen und Wachen zwey widerwaͤr-
tige Dinge ſeyn/ ſo ſeyn Sterben und Leben es gleich-
fals/ und wie von dem Wachen der Schlaf/ und von
dem Schlaffe das Wachen herkoͤmmt/ ſo wird von
dem Leben der Todt/ und von dem Tode gleichfals
das Leben. Ja weiter zu gehen/ wie der Forttritt
vom Wachen zum Schlaffen einſchlaffen/ und
der Forttritt vom Schlaffen zum Wachen auſwa-
chen heiſt/ ſo heiſſet auch der Forttritt vom Leben
zum Tode/ ſterben. Wo bleibet aber der Fort-
tritt und Wechſel vom Tode zum Leben? Solle die
Natur hier alleine mangelhafft und gebrechlich er-
funden werden? Das darff man in keinerley Wei-
ſe glauben. Sondern wir werden befinden/ daß
der Forttritt vom Tode zum Leben Auferſtehung ge-
nennet wird/ und eben ſo/ wie die Todten von den
Lebendigen/ alſo auch die Lebendigen von den Tod-
ten herkommen. Und dannenhero iſt unfehlbarlich
zu ſchlieſſen/ daß der Todten Seelen irgend wo ſeyn
muͤſſen/ von dannen ſie durch eine Umwechſelung
wiederum koͤnnen zuruͤcke tretten. Ohne dieſen
veraͤnderlichen Forttrit nun/ durch welche alle Sa-
chen auf das neue erzeuget werden/ und in die Na-
tur gleichſam zirckelweiſe wiederum zuruͤcke treten/
ſo wuͤrde endlich alles unter einerley Geſtalt bleiben/
und nichts zu ſeiner alten Beſchaffenheit kommen
koͤnnen/ als wann gleichſam alle Sachen in einen
tieffen Schlaffe legen/ daraus ſie ſich nimmermehr
zu wickeln vermoͤchten/ und ohne Zweiffel/
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Zitationshilfe: | Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/291>, abgerufen am 17.07.2024. |