Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende zu schauen/ daß sich nicht das Gemüthe denselbenAugenblick von seinem Zweck verleiten lasse. Man laß ein Schönheit-reiches Weib/ Und dergleichen andere Dünste mehr zugeschwei-Für einem klugen Manne schweben/ Die Kräfften so in Augen leben/ Die werden rühren seinen Leib/ Biß daß sich Hertz und Muth ergeben. gen/ so in gemein aus dem Leibe steigen/ das Ge- mühte zu verdunckeln/ und die Einbildung zu ver- unruhigen. Der Mensch ist aller Freyheit bloß; Weil dann die Seuche des Leibes der algemei-Und was er aus der Götter Schoß Vor Flammen und vor Hitze führet/ Vergeht/ und fält in kurtzer Zeit/ Dieweil noch die Empfindligkeit Des Leibes seine Seele rühret/ Worauf all unser Hoffnung denckt/ Liegt in dem Grabe tieff versenckt/ Da wird dem Weisen recht gewehret Der Auszug seiner besten Lust/ Dem kein Gebrechen ist bewust/ Und Plutons Feuer nicht verzehret. nen Betrachtung über die massen zu wider seyn sol/ muß notwendig daraus folgen/ daß wir/ es sey denn nach dem Tode/ nicht vollkommen weise seyn können/ und in diesem Leben der Wissenschafft/ so wir nach dem Tode recht zu erlangen gedencken/ desto näher kommen/ ie mehr wir uns der Gemeinschafft des Leibes entbrechen. Wann
Der ſterbende zu ſchauen/ daß ſich nicht das Gemuͤthe denſelbenAugenblick von ſeinem Zweck verleiten laſſe. Man laß ein Schoͤnheit-reiches Weib/ Und dergleichen andere Duͤnſte mehr zugeſchwei-Fuͤr einem klugen Manne ſchweben/ Die Kraͤfften ſo in Augen leben/ Die werden ruͤhren ſeinen Leib/ Biß daß ſich Hertz und Muth ergeben. gen/ ſo in gemein aus dem Leibe ſteigen/ das Ge- muͤhte zu verdunckeln/ und die Einbildung zu ver- unruhigen. Der Menſch iſt aller Freyheit bloß; Weil dann die Seuche des Leibes der algemei-Und was er aus der Goͤtter Schoß Vor Flammen und vor Hitze fuͤhret/ Vergeht/ und faͤlt in kurtzer Zeit/ Dieweil noch die Empfindligkeit Des Leibes ſeine Seele ruͤhret/ Worauf all unſer Hoffnung denckt/ Liegt in dem Grabe tieff verſenckt/ Da wird dem Weiſen recht gewehret Der Auszug ſeiner beſten Luſt/ Dem kein Gebrechen iſt bewuſt/ Und Plutons Feuer nicht verzehret. nen Betrachtung uͤber die maſſen zu wider ſeyn ſol/ muß notwendig daraus folgen/ daß wir/ es ſey denn nach dem Tode/ nicht vollkom̃en weiſe ſeyn koͤnnen/ und in dieſem Leben der Wiſſenſchafft/ ſo wir nach dem Tode recht zu erlangen gedencken/ deſto naͤher kommen/ ie mehr wir uns der Gemeinſchafft des Leibes entbrechen. Wann
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Der ſterbende
zu ſchauen/ daß ſich nicht das Gemuͤthe denſelben
Augenblick von ſeinem Zweck verleiten laſſe.
Man laß ein Schoͤnheit-reiches Weib/
Fuͤr einem klugen Manne ſchweben/
Die Kraͤfften ſo in Augen leben/
Die werden ruͤhren ſeinen Leib/
Biß daß ſich Hertz und Muth ergeben.
Und dergleichen andere Duͤnſte mehr zugeſchwei-
gen/ ſo in gemein aus dem Leibe ſteigen/ das Ge-
muͤhte zu verdunckeln/ und die Einbildung zu ver-
unruhigen.
Der Menſch iſt aller Freyheit bloß;
Und was er aus der Goͤtter Schoß
Vor Flammen und vor Hitze fuͤhret/
Vergeht/ und faͤlt in kurtzer Zeit/
Dieweil noch die Empfindligkeit
Des Leibes ſeine Seele ruͤhret/
Worauf all unſer Hoffnung denckt/
Liegt in dem Grabe tieff verſenckt/
Da wird dem Weiſen recht gewehret
Der Auszug ſeiner beſten Luſt/
Dem kein Gebrechen iſt bewuſt/
Und Plutons Feuer nicht verzehret.
Weil dann die Seuche des Leibes der algemei-
nen Betrachtung uͤber die maſſen zu wider ſeyn ſol/
muß notwendig daraus folgen/ daß wir/ es ſey denn
nach dem Tode/ nicht vollkom̃en weiſe ſeyn koͤnnen/
und in dieſem Leben der Wiſſenſchafft/ ſo wir nach
dem Tode recht zu erlangen gedencken/ deſto naͤher
kommen/ ie mehr wir uns der Gemeinſchafft des
Leibes entbrechen.
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