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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
hoch vonnöthen der Einbildung gäntzlich ob zuliegen/
sich alles des jenigen/ was uns etwan der Leib für-
stellen möchte/ stets zu entäussern/ und tieff in der
Seele alles zu überlegen/ ohne das geringste dem
Vermögen des Leibes/ so nur den Geist irre macht/
und die Warheit verfinstert/ davon anzuvertrauen;
Dahero schauest du/ daß die Weisen auf ihrer Mei-
nung verbleiben/ und also unter ihnen vernünfftig
einer Sache nachdencken sollen. So ist nun klar
und leicht/ vermöge unserer eusserlichen eigenen
Sinnen/ zu erweisen/ daß es/ so lange wir einen
Leib haben/ und unsere Seele durch die Seuche so
vieles Ubels bestritten wird/ unmöglich ist/ den für-
gesetzten Zweck zu erreichen. Dann der Leib gie-
bet uns tausenderley Verhinderungen/ so von Noth-
wendigkeit seiner Unterhaltung herrühren/ und wie
wäre es wol möglich/ immittelst so vieler Begierden/
als Liebe/ Furcht/ Hoffnung und dergleichen/ so daß
Gehirne mit allerhand Dünsten anfüllen/ zu der
eigentlichen Erkäntniß der Warheit zu gelangen.
Krieg und Aufruhr kommt uns allein durch Begierde
und Veränderung der Leibesbeschaffenheit in den
Kopf; denn solche Empörung geschiehet in gemein aus
Liebe des Geldes/ und man ist genotdränget aus
Zuneigung gegen den Leib/ weil dieses alles zu sei-
ner Nothdurfft von nöthen ist/ auf Schätze und
Vorrath zu gedencken. Solches benimmt nun
dem Gemüthe seine Freiheit/ und störet es mercklich
in seinem rühmlichen Vornehmen. Wie es denn
fast unmöglich ist etwas annehmliches und schönes
zu
Socrates.
hoch vonnoͤthen der Einbildung gaͤntzlich ob zuliegen/
ſich alles des jenigen/ was uns etwan der Leib fuͤr-
ſtellen moͤchte/ ſtets zu entaͤuſſern/ und tieff in der
Seele alles zu uͤberlegen/ ohne das geringſte dem
Vermoͤgen des Leibes/ ſo nur den Geiſt irre macht/
und die Warheit verfinſtert/ davon anzuvertrauen;
Dahero ſchaueſt du/ daß die Weiſen auf ihrer Mei-
nung verbleiben/ und alſo unter ihnen vernuͤnfftig
einer Sache nachdencken ſollen. So iſt nun klar
und leicht/ vermoͤge unſerer euſſerlichen eigenen
Sinnen/ zu erweiſen/ daß es/ ſo lange wir einen
Leib haben/ und unſere Seele durch die Seuche ſo
vieles Ubels beſtritten wird/ unmoͤglich iſt/ den fuͤr-
geſetzten Zweck zu erreichen. Dann der Leib gie-
bet uns tauſenderley Verhinderungen/ ſo von Noth-
wendigkeit ſeiner Unterhaltung herruͤhren/ und wie
waͤre es wol moͤglich/ immittelſt ſo vieler Begierden/
als Liebe/ Furcht/ Hoffnung und dergleichen/ ſo daß
Gehirne mit allerhand Duͤnſten anfuͤllen/ zu der
eigentlichen Erkaͤntniß der Warheit zu gelangen.
Krieg und Aufruhr kom̃t uns allein durch Begierde
und Veraͤnderung der Leibesbeſchaffenheit in den
Kopf; deñ ſolche Empoͤrung geſchiehet in gemein aus
Liebe des Geldes/ und man iſt genotdraͤnget aus
Zuneigung gegen den Leib/ weil dieſes alles zu ſei-
ner Nothdurfft von noͤthen iſt/ auf Schaͤtze und
Vorrath zu gedencken. Solches benimmt nun
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[21/0279] Socrates. hoch vonnoͤthen der Einbildung gaͤntzlich ob zuliegen/ ſich alles des jenigen/ was uns etwan der Leib fuͤr- ſtellen moͤchte/ ſtets zu entaͤuſſern/ und tieff in der Seele alles zu uͤberlegen/ ohne das geringſte dem Vermoͤgen des Leibes/ ſo nur den Geiſt irre macht/ und die Warheit verfinſtert/ davon anzuvertrauen; Dahero ſchaueſt du/ daß die Weiſen auf ihrer Mei- nung verbleiben/ und alſo unter ihnen vernuͤnfftig einer Sache nachdencken ſollen. So iſt nun klar und leicht/ vermoͤge unſerer euſſerlichen eigenen Sinnen/ zu erweiſen/ daß es/ ſo lange wir einen Leib haben/ und unſere Seele durch die Seuche ſo vieles Ubels beſtritten wird/ unmoͤglich iſt/ den fuͤr- geſetzten Zweck zu erreichen. Dann der Leib gie- bet uns tauſenderley Verhinderungen/ ſo von Noth- wendigkeit ſeiner Unterhaltung herruͤhren/ und wie waͤre es wol moͤglich/ immittelſt ſo vieler Begierden/ als Liebe/ Furcht/ Hoffnung und dergleichen/ ſo daß Gehirne mit allerhand Duͤnſten anfuͤllen/ zu der eigentlichen Erkaͤntniß der Warheit zu gelangen. Krieg und Aufruhr kom̃t uns allein durch Begierde und Veraͤnderung der Leibesbeſchaffenheit in den Kopf; deñ ſolche Empoͤrung geſchiehet in gemein aus Liebe des Geldes/ und man iſt genotdraͤnget aus Zuneigung gegen den Leib/ weil dieſes alles zu ſei- ner Nothdurfft von noͤthen iſt/ auf Schaͤtze und Vorrath zu gedencken. Solches benimmt nun dem Gemuͤthe ſeine Freiheit/ und ſtoͤret es mercklich in ſeinem ruͤhmlichen Vornehmen. Wie es denn faſt unmoͤglich iſt etwas annehmliches und ſchoͤnes zu

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/279>, abgerufen am 24.11.2024.