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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
gierde des Todes niemals aus dem Hertzen lassen/
kan nicht wol bestehen/ wann dieses statt hat/ daß
GOtt unser Schöpffer/ und wir sein Eigenthum
seyn; Dann es ist nimmermehr zu vermuthen/ daß
die Menschen/ wofern sie etwas Weißheit in sich
haben/ sich von den Göttern/ so weiser als sie/ regi-
ret zu werden/ würden verdriessen lassen. Denn
ein kluger Mensch wird bey seiner Freyheit und
Wilkühr mehr furchtsam seyn/ als wenn Gott ihn
zu lencken und zu führen selbst die Mühwaltung auf
sich nimmt. Ein Narr aber würde leicht überre-
det werden können/ seinen Herrn zu verlassen/ ohne
einzige Erwegung/ daß man allezeit das beste er-
wehlen solle; Da ein Verständiger hergegen ihm
allezeit den sichersten Weg zu erkiesen gedencket.
So ist dann nun aus diesem Leben zu fliehen nichts
anders/ als sich der Beobachtung zu entbrechen/
darunter uns GOtt hält/ und unter welcher allezeit
den Weisen zu verbleiben beliebet/ dahero solte bil-
lich folgen/ daß diese allezeit mit Verdruß sterben/
die Unweisen aber alleine im Tode Ergetzung em-
pfinden.

Socrates hatte an des Cebes seine Scharffsin-
nigkeit/ so aus diesem Einwurffe mercklich herfür
blickte/ nicht wenig Vergnügung/ wie er sich denn
alsobald zu uns wendete/ sagende: Dieser Cebes
bemühet sich alles auf das genaueste zu durchsuchen/
wie ihn denn niemand/ er sey auch wer er wolle/
leicht etwas ungleiches überreden wird. Und ich/
antwortete Simias/ halte gäntzlich dafür/ daß
die-
Der ſterbende
gierde des Todes niemals aus dem Hertzen laſſen/
kan nicht wol beſtehen/ wann dieſes ſtatt hat/ daß
GOtt unſer Schoͤpffer/ und wir ſein Eigenthum
ſeyn; Dann es iſt nimmermehr zu vermuthen/ daß
die Menſchen/ wofern ſie etwas Weißheit in ſich
haben/ ſich von den Goͤttern/ ſo weiſer als ſie/ regi-
ret zu werden/ wuͤrden verdrieſſen laſſen. Denn
ein kluger Menſch wird bey ſeiner Freyheit und
Wilkuͤhr mehr furchtſam ſeyn/ als wenn Gott ihn
zu lencken und zu fuͤhren ſelbſt die Muͤhwaltung auf
ſich nimmt. Ein Narr aber wuͤrde leicht uͤberre-
det werden koͤnnen/ ſeinen Herrn zu verlaſſen/ ohne
einzige Erwegung/ daß man allezeit das beſte er-
wehlen ſolle; Da ein Verſtaͤndiger hergegen ihm
allezeit den ſicherſten Weg zu erkieſen gedencket.
So iſt dann nun aus dieſem Leben zu fliehen nichts
anders/ als ſich der Beobachtung zu entbrechen/
darunter uns GOtt haͤlt/ und unter welcher allezeit
den Weiſen zu verbleiben beliebet/ dahero ſolte bil-
lich folgen/ daß dieſe allezeit mit Verdruß ſterben/
die Unweiſen aber alleine im Tode Ergetzung em-
pfinden.

Socrates hatte an des Cebes ſeine Scharffſin-
nigkeit/ ſo aus dieſem Einwurffe mercklich herfuͤr
blickte/ nicht wenig Vergnuͤgung/ wie er ſich denn
alſobald zu uns wendete/ ſagende: Dieſer Cebes
bemuͤhet ſich alles auf das genaueſte zu durchſuchen/
wie ihn denn niemand/ er ſey auch wer er wolle/
leicht etwas ungleiches uͤberreden wird. Und ich/
antwortete Simias/ halte gaͤntzlich dafuͤr/ daß
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[12/0270] Der ſterbende gierde des Todes niemals aus dem Hertzen laſſen/ kan nicht wol beſtehen/ wann dieſes ſtatt hat/ daß GOtt unſer Schoͤpffer/ und wir ſein Eigenthum ſeyn; Dann es iſt nimmermehr zu vermuthen/ daß die Menſchen/ wofern ſie etwas Weißheit in ſich haben/ ſich von den Goͤttern/ ſo weiſer als ſie/ regi- ret zu werden/ wuͤrden verdrieſſen laſſen. Denn ein kluger Menſch wird bey ſeiner Freyheit und Wilkuͤhr mehr furchtſam ſeyn/ als wenn Gott ihn zu lencken und zu fuͤhren ſelbſt die Muͤhwaltung auf ſich nimmt. Ein Narr aber wuͤrde leicht uͤberre- det werden koͤnnen/ ſeinen Herrn zu verlaſſen/ ohne einzige Erwegung/ daß man allezeit das beſte er- wehlen ſolle; Da ein Verſtaͤndiger hergegen ihm allezeit den ſicherſten Weg zu erkieſen gedencket. So iſt dann nun aus dieſem Leben zu fliehen nichts anders/ als ſich der Beobachtung zu entbrechen/ darunter uns GOtt haͤlt/ und unter welcher allezeit den Weiſen zu verbleiben beliebet/ dahero ſolte bil- lich folgen/ daß dieſe allezeit mit Verdruß ſterben/ die Unweiſen aber alleine im Tode Ergetzung em- pfinden. Socrates hatte an des Cebes ſeine Scharffſin- nigkeit/ ſo aus dieſem Einwurffe mercklich herfuͤr blickte/ nicht wenig Vergnuͤgung/ wie er ſich denn alſobald zu uns wendete/ ſagende: Dieſer Cebes bemuͤhet ſich alles auf das genaueſte zu durchſuchen/ wie ihn denn niemand/ er ſey auch wer er wolle/ leicht etwas ungleiches uͤberreden wird. Und ich/ antwortete Simias/ halte gaͤntzlich dafuͤr/ daß die-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/270>, abgerufen am 28.11.2024.