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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
zu verstehen. Doch Cebes du wirst unfehlbar dar-
vor halten/ daß die Götter vor uns sorgen.
Cebes.
Ja freylich.
Socrates.
Und daß die Menschen unter das Eigenthum der
Götter gerechnet werden.
Cebes.
Unfehlbahr.
Socrates.
So betrachte dann Cebes/ wann ein Leibeigener/
so dir zustünde/ sich wider deinen Willen entleibete/
ob du dich nicht dessentwegen entrüsten/ und ihn
auch nach seinem Tode würdest straffen lassen.
Cebes.
Ohne allen Zweiffel.
Socrates.
So halte ich gleichfals vor recht und billich/ daß
sich kein Mensch selber entleiben/ sondern vielmehr
den Willen der Götter in Gedult erwarten solle/
wie du dann schauest/ daß sie mir den Todt durch
gesprochenes Urtheil auferleget.
Cebes.
Dieses alles ist Sonnenklar. Was ihr aber i-
tzund fürgebracht/ daß nemlich die Weisen die Be-
gier-
B
Socrates.
zu verſtehen. Doch Cebes du wirſt unfehlbar dar-
vor halten/ daß die Goͤtter vor uns ſorgen.
Cebes.
Ja freylich.
Socrates.
Und daß die Menſchen unter das Eigenthum der
Goͤtter gerechnet werden.
Cebes.
Unfehlbahr.
Socrates.
So betrachte dann Cebes/ wann ein Leibeigener/
ſo dir zuſtuͤnde/ ſich wider deinen Willen entleibete/
ob du dich nicht deſſentwegen entruͤſten/ und ihn
auch nach ſeinem Tode wuͤrdeſt ſtraffen laſſen.
Cebes.
Ohne allen Zweiffel.
Socrates.
So halte ich gleichfals vor recht und billich/ daß
ſich kein Menſch ſelber entleiben/ ſondern vielmehr
den Willen der Goͤtter in Gedult erwarten ſolle/
wie du dann ſchaueſt/ daß ſie mir den Todt durch
geſprochenes Urtheil auferleget.
Cebes.
Dieſes alles iſt Sonnenklar. Was ihr aber i-
tzund fuͤrgebracht/ daß nemlich die Weiſen die Be-
gier-
B
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[11/0269] Socrates. zu verſtehen. Doch Cebes du wirſt unfehlbar dar- vor halten/ daß die Goͤtter vor uns ſorgen. Cebes. Ja freylich. Socrates. Und daß die Menſchen unter das Eigenthum der Goͤtter gerechnet werden. Cebes. Unfehlbahr. Socrates. So betrachte dann Cebes/ wann ein Leibeigener/ ſo dir zuſtuͤnde/ ſich wider deinen Willen entleibete/ ob du dich nicht deſſentwegen entruͤſten/ und ihn auch nach ſeinem Tode wuͤrdeſt ſtraffen laſſen. Cebes. Ohne allen Zweiffel. Socrates. So halte ich gleichfals vor recht und billich/ daß ſich kein Menſch ſelber entleiben/ ſondern vielmehr den Willen der Goͤtter in Gedult erwarten ſolle/ wie du dann ſchaueſt/ daß ſie mir den Todt durch geſprochenes Urtheil auferleget. Cebes. Dieſes alles iſt Sonnenklar. Was ihr aber i- tzund fuͤrgebracht/ daß nemlich die Weiſen die Be- gier- B

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/269>, abgerufen am 13.05.2024.