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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
Jch muste nur die Feder fassen/
Er sprach mir unaufhörlich zu
Das süsse Wesen nicht zu lassen;
Jch hatte weder Rast noch Ruh.
Weil ich mich dann nun entschlossen/ dieser Re-
gung Folge zu leisten/ und meinen Geist/ ehe er aus
der Welt schiede/ auch durch solches Mittel recht
zu saubern/ so machte ich mich in wehrender feyerli-
cher Zeit/ so die Volziehung des Urtheils noch et-
was zurücke hielt/ über etliche Reimen/ weil ich denn
mein Gedichte von dem Apollo/ den man damals
opfferte/ begonnen habe/

Es muste dieses reine Wesen/
So uns den Reim legt in die Brust/
Und mir erregte diese Lust
Zum ersten mein Gedichte lesen.
Nach diesem unterstund ich mich allerhand
Schein-Geschichte/ oder Mährlein vor die Hand
zu nehmen/ in Erwegung/ daß ein Tichter ihm so-
thane Sachen zuschreiben/ mehr als irgend eine
andere solle angelegen seyn lassen. Weil mir nun
etliche derselben einfielen/ so habe ich sie in der Ord-
nung/ wie sie mir zu erst in den Sinn kommen/ her-
vor gezogen; Es seyn Schein-Geschichte aus dem
Aesopus genommen; Dann was mich betriefft/ so
ist mein Gemüthe nicht geartet/ etwas dergleichen
zu erdencken. Dieses ist alles was du dem Eve-
nus antworten kanst: Grüsse ihn von meinet
wegen.

Und
Socrates.
Jch muſte nur die Feder faſſen/
Er ſprach mir unaufhoͤrlich zu
Das ſuͤſſe Weſen nicht zu laſſen;
Jch hatte weder Raſt noch Ruh.
Weil ich mich dann nun entſchloſſen/ dieſer Re-
gung Folge zu leiſten/ und meinen Geiſt/ ehe er aus
der Welt ſchiede/ auch durch ſolches Mittel recht
zu ſaubern/ ſo machte ich mich in wehrender feyerli-
cher Zeit/ ſo die Volziehung des Urtheils noch et-
was zuruͤcke hielt/ uͤber etliche Reimen/ weil ich denn
mein Gedichte von dem Apollo/ den man damals
opfferte/ begonnen habe/

Es muſte dieſes reine Weſen/
So uns den Reim legt in die Bruſt/
Und mir erregte dieſe Luſt
Zum erſten mein Gedichte leſen.
Nach dieſem unterſtund ich mich allerhand
Schein-Geſchichte/ oder Maͤhrlein vor die Hand
zu nehmen/ in Erwegung/ daß ein Tichter ihm ſo-
thane Sachen zuſchreiben/ mehr als irgend eine
andere ſolle angelegen ſeyn laſſen. Weil mir nun
etliche derſelben einfielen/ ſo habe ich ſie in der Ord-
nung/ wie ſie mir zu erſt in den Sinn kommen/ her-
vor gezogen; Es ſeyn Schein-Geſchichte aus dem
Aeſopus genommen; Dann was mich betriefft/ ſo
iſt mein Gemuͤthe nicht geartet/ etwas dergleichen
zu erdencken. Dieſes iſt alles was du dem Eve-
nus antworten kanſt: Gruͤſſe ihn von meinet
wegen.

Und
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[7/0265] Socrates. Jch muſte nur die Feder faſſen/ Er ſprach mir unaufhoͤrlich zu Das ſuͤſſe Weſen nicht zu laſſen; Jch hatte weder Raſt noch Ruh. Weil ich mich dann nun entſchloſſen/ dieſer Re- gung Folge zu leiſten/ und meinen Geiſt/ ehe er aus der Welt ſchiede/ auch durch ſolches Mittel recht zu ſaubern/ ſo machte ich mich in wehrender feyerli- cher Zeit/ ſo die Volziehung des Urtheils noch et- was zuruͤcke hielt/ uͤber etliche Reimen/ weil ich denn mein Gedichte von dem Apollo/ den man damals opfferte/ begonnen habe/ Es muſte dieſes reine Weſen/ So uns den Reim legt in die Bruſt/ Und mir erregte dieſe Luſt Zum erſten mein Gedichte leſen. Nach dieſem unterſtund ich mich allerhand Schein-Geſchichte/ oder Maͤhrlein vor die Hand zu nehmen/ in Erwegung/ daß ein Tichter ihm ſo- thane Sachen zuſchreiben/ mehr als irgend eine andere ſolle angelegen ſeyn laſſen. Weil mir nun etliche derſelben einfielen/ ſo habe ich ſie in der Ord- nung/ wie ſie mir zu erſt in den Sinn kommen/ her- vor gezogen; Es ſeyn Schein-Geſchichte aus dem Aeſopus genommen; Dann was mich betriefft/ ſo iſt mein Gemuͤthe nicht geartet/ etwas dergleichen zu erdencken. Dieſes iſt alles was du dem Eve- nus antworten kanſt: Gruͤſſe ihn von meinet wegen. Und

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/265>, abgerufen am 13.05.2024.