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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
als auf Begehren eines Richters Evenus genant/
der ihm dessen zu erkundigen höchlich gebeten hatte.
Du kanst dem Evenus nur zur Antwort geben/ sag-
te Socrates/ daß dieses was ich etwan aufgesetzt/
weder ihm zu Gefallen/ noch die Wette mit ihm zu
tichten/ welches mir denn allzuschwer fallen würde/
geschehen ist/ sondern allein mein Gemüth in et-
was zu erledigen/ und die Gewißheit eines Trau-
mes zu erfahren/ der mir ein Lied aufzusetzen/ einge-
geben hatte; Denn ein solch nächtliches Gesichte/
so sich bald auf eine/ bald auf andere Weise gestel-
let/ hat mir allezeit eingeblasen/ auf Socrates/ auf
Socrates/ tichte etwas.

Weil ich dann hin und wieder dachte/
Wie ich an dieser Regung hing?
Und mein Gemüthe sich betrachte/
Wie ihm der Reim von statten gieng/
So bliesen die Getichts-Göttinnen/
Zuvor erzörnt auf mein Beginnen/
Mich itzt mit klugem Athen an.
Sie pflantzten mir in das Gemüthe/
Ein klein Vermögen/ dessen Güte
Sich kleiner Torheit gleichen kan.
Je öffter mich nun itzt gedachtes Gesichte zu die-
ser Sache antrieb/ ie mehr Vermögen spürete ich
auch/ mich solches zu unterwinden.

Wie der so in den Schrancken rennet/
Und ihm den Preiß zu haben traut/
Viel Volck und Läuffer um sich schaut/
Biß wo sich Bahn und Reuter trennet.
So plagte mich auch dieser Trieb/
Es war mir leid/ es war mir lieb/
Jch
Der ſterbende
als auf Begehren eines Richters Evenus genant/
der ihm deſſen zu erkundigen hoͤchlich gebeten hatte.
Du kanſt dem Evenus nur zur Antwort geben/ ſag-
te Socrates/ daß dieſes was ich etwan aufgeſetzt/
weder ihm zu Gefallen/ noch die Wette mit ihm zu
tichten/ welches mir denn allzuſchwer fallen wuͤrde/
geſchehen iſt/ ſondern allein mein Gemuͤth in et-
was zu erledigen/ und die Gewißheit eines Trau-
mes zu erfahren/ der mir ein Lied aufzuſetzen/ einge-
geben hatte; Denn ein ſolch naͤchtliches Geſichte/
ſo ſich bald auf eine/ bald auf andere Weiſe geſtel-
let/ hat mir allezeit eingeblaſen/ auf Socrates/ auf
Socrates/ tichte etwas.

Weil ich dann hin und wieder dachte/
Wie ich an dieſer Regung hing?
Und mein Gemuͤthe ſich betrachte/
Wie ihm der Reim von ſtatten gieng/
So blieſen die Getichts-Goͤttinnen/
Zuvor erzoͤrnt auf mein Beginnen/
Mich itzt mit klugem Athen an.
Sie pflantzten mir in das Gemuͤthe/
Ein klein Vermoͤgen/ deſſen Guͤte
Sich kleiner Torheit gleichen kan.
Je oͤffter mich nun itzt gedachtes Geſichte zu die-
ſer Sache antrieb/ ie mehr Vermoͤgen ſpuͤrete ich
auch/ mich ſolches zu unterwinden.

Wie der ſo in den Schrancken rennet/
Und ihm den Preiß zu haben traut/
Viel Volck und Laͤuffer um ſich ſchaut/
Biß wo ſich Bahn und Reuter trennet.
So plagte mich auch dieſer Trieb/
Es war mir leid/ es war mir lieb/
Jch
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[6/0264] Der ſterbende als auf Begehren eines Richters Evenus genant/ der ihm deſſen zu erkundigen hoͤchlich gebeten hatte. Du kanſt dem Evenus nur zur Antwort geben/ ſag- te Socrates/ daß dieſes was ich etwan aufgeſetzt/ weder ihm zu Gefallen/ noch die Wette mit ihm zu tichten/ welches mir denn allzuſchwer fallen wuͤrde/ geſchehen iſt/ ſondern allein mein Gemuͤth in et- was zu erledigen/ und die Gewißheit eines Trau- mes zu erfahren/ der mir ein Lied aufzuſetzen/ einge- geben hatte; Denn ein ſolch naͤchtliches Geſichte/ ſo ſich bald auf eine/ bald auf andere Weiſe geſtel- let/ hat mir allezeit eingeblaſen/ auf Socrates/ auf Socrates/ tichte etwas. Weil ich dann hin und wieder dachte/ Wie ich an dieſer Regung hing? Und mein Gemuͤthe ſich betrachte/ Wie ihm der Reim von ſtatten gieng/ So blieſen die Getichts-Goͤttinnen/ Zuvor erzoͤrnt auf mein Beginnen/ Mich itzt mit klugem Athen an. Sie pflantzten mir in das Gemuͤthe/ Ein klein Vermoͤgen/ deſſen Guͤte Sich kleiner Torheit gleichen kan. Je oͤffter mich nun itzt gedachtes Geſichte zu die- ſer Sache antrieb/ ie mehr Vermoͤgen ſpuͤrete ich auch/ mich ſolches zu unterwinden. Wie der ſo in den Schrancken rennet/ Und ihm den Preiß zu haben traut/ Viel Volck und Laͤuffer um ſich ſchaut/ Biß wo ſich Bahn und Reuter trennet. So plagte mich auch dieſer Trieb/ Es war mir leid/ es war mir lieb/ Jch

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/264>, abgerufen am 12.05.2024.