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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Dritter Auftritt.
Amar. Jch muß itzt sterben!
Mirt. Und wartet deine Hand auf mein geringes Blut:
So schaue Brust und Eisen hier.
Amar. Du hättest wohl verdient dein äusserstes Verderben.
Was aber konte dir
Solchen grossen Muth erregen?
Mirt. Die Liebe hats gethan.
Amar. Was tadelhafftig ist/ richt Liebe niemals an.
Mirt. Und das Zeugnis meiner Liebe wird mein Glimpff itzt abelegen/
Hastu mich erstlich doch gefangen/
Wie soll ich denn/ der durch Bescheidenheit
Verstreichen ließ den süssen Punet der Zeit/
Nichts/ als Verweiß dafür erlangen?
Als ich sicher folgen konte heisser Liebe Haupt-Gesetzen/
So hieß meine Sittsamkeit mich nicht mehr verliebt zu schätzen.
Amar. So rechne meine Schuld doch meiner Blindheit zu.
Mirt. Dich lieb' ich
Mehr als du mich/
Drum bin ich mehr blind als du.
Amar. Das gute Schwert/ damit erhitzte Buhler streiten/
Muß Bitt und Höfligkeit nicht der Betrug bereiten.
Mirt. Gleichwie ein wildes Thier/
So der heisse Hunger jagt/
Aus dem Gepüsche bricht
Und auf die Reisenden sich wagt/
So schaut man eben auch von mir/
Der nur zu leben weiß durch deiner Augen Licht/
Und dem die süsse Kost/ so ihm mein Geist begehrt
Das Verhängnis/ oder ja deine Tyranney verwehrt.
So nun aus Hunger-reicher Brunst
Jch aus dem Walde bin gerückt/
Da mich fast lange Zeit/ vergebens und ümsonst
Die bleiche Dürfftigkeit gedrückt/
Und mir dis endlich ließ belieben/
Dazu mich selbst die Hand der Liebe hat getrieben;
Ach! so lege dis auf dich/
Und nicht auf mich/
Weil auch durch bescheidenes Flehen und Bitten
Klu-
Dritter Auftritt.
Amar. Jch muß itzt ſterben!
Mirt. Und wartet deine Hand auf mein geringes Blut:
So ſchaue Bruſt und Eiſen hier.
Amar. Du haͤtteſt wohl verdient dein aͤuſſerſtes Verderben.
Was aber konte dir
Solchen groſſen Muth erregen?
Mirt. Die Liebe hats gethan.
Amar. Was tadelhafftig iſt/ richt Liebe niemals an.
Mirt. Und das Zeugnis meiner Liebe wird mein Glimpff itzt abelegẽ/
Haſtu mich erſtlich doch gefangen/
Wie ſoll ich denn/ der durch Beſcheidenheit
Verſtreichen ließ den ſuͤſſen Punet der Zeit/
Nichts/ als Verweiß dafuͤr erlangen?
Als ich ſicher folgen konte heiſſer Liebe Haupt-Geſetzen/
So hieß meine Sittſamkeit mich nicht mehr verliebt zu ſchaͤtzen.
Amar. So rechne meine Schuld doch meiner Blindheit zu.
Mirt. Dich lieb’ ich
Mehr als du mich/
Drum bin ich mehr blind als du.
Amar. Das gute Schwert/ damit erhitzte Buhler ſtreiten/
Muß Bitt und Hoͤfligkeit nicht der Betrug bereiten.
Mirt. Gleichwie ein wildes Thier/
So der heiſſe Hunger jagt/
Aus dem Gepuͤſche bricht
Und auf die Reiſenden ſich wagt/
So ſchaut man eben auch von mir/
Der nur zu leben weiß durch deiner Augen Licht/
Und dem die ſuͤſſe Koſt/ ſo ihm mein Geiſt begehrt
Das Verhaͤngnis/ oder ja deine Tyranney verwehrt.
So nun aus Hunger-reicher Brunſt
Jch aus dem Walde bin geruͤckt/
Da mich faſt lange Zeit/ vergebens und uͤmſonſt
Die bleiche Duͤrfftigkeit gedruͤckt/
Und mir dis endlich ließ belieben/
Dazu mich ſelbſt die Hand der Liebe hat getrieben;
Ach! ſo lege dis auf dich/
Und nicht auf mich/
Weil auch durch beſcheidenes Flehen und Bitten
Klu-
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[79/0125] Dritter Auftritt. Amar. Jch muß itzt ſterben! Mirt. Und wartet deine Hand auf mein geringes Blut: So ſchaue Bruſt und Eiſen hier. Amar. Du haͤtteſt wohl verdient dein aͤuſſerſtes Verderben. Was aber konte dir Solchen groſſen Muth erregen? Mirt. Die Liebe hats gethan. Amar. Was tadelhafftig iſt/ richt Liebe niemals an. Mirt. Und das Zeugnis meiner Liebe wird mein Glimpff itzt abelegẽ/ Haſtu mich erſtlich doch gefangen/ Wie ſoll ich denn/ der durch Beſcheidenheit Verſtreichen ließ den ſuͤſſen Punet der Zeit/ Nichts/ als Verweiß dafuͤr erlangen? Als ich ſicher folgen konte heiſſer Liebe Haupt-Geſetzen/ So hieß meine Sittſamkeit mich nicht mehr verliebt zu ſchaͤtzen. Amar. So rechne meine Schuld doch meiner Blindheit zu. Mirt. Dich lieb’ ich Mehr als du mich/ Drum bin ich mehr blind als du. Amar. Das gute Schwert/ damit erhitzte Buhler ſtreiten/ Muß Bitt und Hoͤfligkeit nicht der Betrug bereiten. Mirt. Gleichwie ein wildes Thier/ So der heiſſe Hunger jagt/ Aus dem Gepuͤſche bricht Und auf die Reiſenden ſich wagt/ So ſchaut man eben auch von mir/ Der nur zu leben weiß durch deiner Augen Licht/ Und dem die ſuͤſſe Koſt/ ſo ihm mein Geiſt begehrt Das Verhaͤngnis/ oder ja deine Tyranney verwehrt. So nun aus Hunger-reicher Brunſt Jch aus dem Walde bin geruͤckt/ Da mich faſt lange Zeit/ vergebens und uͤmſonſt Die bleiche Duͤrfftigkeit gedruͤckt/ Und mir dis endlich ließ belieben/ Dazu mich ſelbſt die Hand der Liebe hat getrieben; Ach! ſo lege dis auf dich/ Und nicht auf mich/ Weil auch durch beſcheidenes Flehen und Bitten Klu-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/125>, abgerufen am 30.04.2024.