Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. 14. Jhr, die beruff und stand zu etwas grossem treibt!Folgt eurem triebe nach! ich such' euch nicht zu tadeln: Jch weiß, was Curtius von Alexandern schreibt Und wieviel andre mehr berühmte thaten adeln. Geht! sucht den grösten hof, wo die erfahrung gilt, Und man durch klugheit offt viel ungewitter stillt. 15. Rennt! die ihr waffen liebt, und laßt den scharffen stahlJn der bezwungnen feind' erschrockne brüste gleiten! Jhr steigt durch tapfferkeit auf einen ehren-saal; Mich will der weißheits-stern in jene länder leiten, Wo liebe kayser ist, wo lauter friede wohnt, Und GOtt zwar der geduld, doch keiner rache lohnt. 16. Ein andrer suche sich in einer grossen stadtDurch geld und wissenschafft hoch an das bret zu bringen! Wer seine saiten schon zu hoch gespannet hat, Dem pflegen sie gewiß gar bald entzwey zu springen: Man darff es schlecht versehn, so ist der titel hin; Jch bin vergnügt genung*, wenn ich schon gar nichts bin. 17. Gepriesnes einsam-seyn! wo ruh und friede wacht!Hier hab ich weder feind ** noch neider zu besorgen: Es * Seneca in Thyeste: Stet, quicunque volet, potens Aulae culmine lubrico; Me dulcis saturet quies. Obscuro positus loco Leni perfruar otio. Nullis nota Quiritibus AEtas per tacitum fluat. ** Horatius lib. 1 ep. 14 vers. 37 sq.
Non istic obliquo oculo mea commoda quisquam Limat, non odio obscuro, morsuque venenat. Sonderlich gehört hieher die schöne beschreibung von der vergnügten einsamkeit des land-lebens, so Seneca dem Hippolyto in den mund gelegt. Der anfang ist: Vermiſchte Getichte. 14. Jhr, die beruff und ſtand zu etwas groſſem treibt!Folgt eurem triebe nach! ich ſuch’ euch nicht zu tadeln: Jch weiß, was Curtius von Alexandern ſchreibt Und wieviel andre mehr beruͤhmte thaten adeln. Geht! ſucht den groͤſten hof, wo die erfahrung gilt, Und man durch klugheit offt viel ungewitter ſtillt. 15. Rennt! die ihr waffen liebt, und laßt den ſcharffen ſtahlJn der bezwungnen feind’ erſchrockne bruͤſte gleiten! Jhr ſteigt durch tapfferkeit auf einen ehren-ſaal; Mich will der weißheits-ſtern in jene laͤnder leiten, Wo liebe kayſer iſt, wo lauter friede wohnt, Und GOtt zwar der geduld, doch keiner rache lohnt. 16. Ein andrer ſuche ſich in einer groſſen ſtadtDurch geld und wiſſenſchafft hoch an das bret zu bringen! Wer ſeine ſaiten ſchon zu hoch geſpannet hat, Dem pflegen ſie gewiß gar bald entzwey zu ſpringen: Man darff es ſchlecht verſehn, ſo iſt der titel hin; Jch bin vergnuͤgt genung*, wenn ich ſchon gar nichts bin. 17. Geprieſnes einſam-ſeyn! wo ruh und friede wacht!Hier hab ich weder feind ** noch neider zu beſorgen: Es * Seneca in Thyeſte: Stet, quicunque volet, potens Aulæ culmine lubrico; Me dulcis ſaturet quies. Obſcuro poſitus loco Leni perfruar otio. Nullis nota Quiritibus Ætas per tacitum fluat. ** Horatius lib. 1 ep. 14 verſ. 37 ſq.
Non iſtic obliquo oculo mea commoda quisquam Limat, non odio obſcuro, morſuque venenat. Sonderlich gehoͤrt hieher die ſchoͤne beſchreibung von der vergnuͤgten einſamkeit des land-lebens, ſo Seneca dem Hippolyto in den mund gelegt. Der anfang iſt: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0371" n="347"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Getichte.</hi> </fw><lb/> <lg n="14"> <head>14.</head><lb/> <l>Jhr, die beruff und ſtand zu etwas groſſem treibt!</l><lb/> <l>Folgt eurem triebe nach! ich ſuch’ euch nicht zu tadeln:</l><lb/> <l>Jch weiß, was Curtius von Alexandern ſchreibt</l><lb/> <l>Und wieviel andre mehr beruͤhmte thaten adeln.</l><lb/> <l>Geht! ſucht den groͤſten hof, wo die erfahrung gilt,</l><lb/> <l>Und man durch klugheit offt viel ungewitter ſtillt.</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <head>15.</head><lb/> <l>Rennt! die ihr waffen liebt, und laßt den ſcharffen ſtahl</l><lb/> <l>Jn der bezwungnen feind’ erſchrockne bruͤſte gleiten!</l><lb/> <l>Jhr ſteigt durch tapfferkeit auf einen ehren-ſaal;</l><lb/> <l>Mich will der weißheits-ſtern in jene laͤnder leiten,</l><lb/> <l>Wo liebe kayſer iſt, wo lauter friede wohnt,</l><lb/> <l>Und GOtt zwar der geduld, doch keiner rache lohnt.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <head>16.</head><lb/> <l>Ein andrer ſuche ſich in einer groſſen ſtadt</l><lb/> <l>Durch geld und wiſſenſchafft hoch an das bret zu bringen!</l><lb/> <l>Wer ſeine ſaiten ſchon zu hoch geſpannet hat,</l><lb/> <l>Dem pflegen ſie gewiß gar bald entzwey zu ſpringen:</l><lb/> <l>Man darff es ſchlecht verſehn, ſo iſt der titel hin;</l><lb/> <l>Jch bin vergnuͤgt genung<note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">Seneca in Thyeſte:</hi><lg type="poem"><l><hi rendition="#aq">Stet, quicunque volet, potens</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Aulæ culmine lubrico;</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Me dulcis ſaturet quies.</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Obſcuro poſitus loco</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Leni perfruar otio.</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Nullis nota Quiritibus</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Ætas per tacitum fluat.</hi></l></lg></note>, wenn ich ſchon gar nichts bin.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <head>17.</head><lb/> <l>Geprieſnes einſam-ſeyn! wo ruh und friede wacht!</l><lb/> <l>Hier hab ich weder feind <note xml:id="f01" next="#f02" place="foot" n="**"><hi rendition="#aq">Horatius lib. 1 ep. 14 verſ. 37 ſq.<lb/> Non iſtic obliquo oculo mea commoda quisquam<lb/> Limat, non odio obſcuro, morſuque venenat.</hi><lb/> Sonderlich gehoͤrt hieher die ſchoͤne beſchreibung von der<lb/> vergnuͤgten einſamkeit des land-lebens, ſo <hi rendition="#aq">Seneca</hi> dem<lb/><hi rendition="#aq">Hippolyto</hi> in den mund gelegt. Der anfang iſt:</note> noch neider zu beſorgen:<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [347/0371]
Vermiſchte Getichte.
14.
Jhr, die beruff und ſtand zu etwas groſſem treibt!
Folgt eurem triebe nach! ich ſuch’ euch nicht zu tadeln:
Jch weiß, was Curtius von Alexandern ſchreibt
Und wieviel andre mehr beruͤhmte thaten adeln.
Geht! ſucht den groͤſten hof, wo die erfahrung gilt,
Und man durch klugheit offt viel ungewitter ſtillt.
15.
Rennt! die ihr waffen liebt, und laßt den ſcharffen ſtahl
Jn der bezwungnen feind’ erſchrockne bruͤſte gleiten!
Jhr ſteigt durch tapfferkeit auf einen ehren-ſaal;
Mich will der weißheits-ſtern in jene laͤnder leiten,
Wo liebe kayſer iſt, wo lauter friede wohnt,
Und GOtt zwar der geduld, doch keiner rache lohnt.
16.
Ein andrer ſuche ſich in einer groſſen ſtadt
Durch geld und wiſſenſchafft hoch an das bret zu bringen!
Wer ſeine ſaiten ſchon zu hoch geſpannet hat,
Dem pflegen ſie gewiß gar bald entzwey zu ſpringen:
Man darff es ſchlecht verſehn, ſo iſt der titel hin;
Jch bin vergnuͤgt genung *, wenn ich ſchon gar nichts bin.
17.
Geprieſnes einſam-ſeyn! wo ruh und friede wacht!
Hier hab ich weder feind ** noch neider zu beſorgen:
Es
* Seneca in Thyeſte: Stet, quicunque volet, potens
Aulæ culmine lubrico;
Me dulcis ſaturet quies.
Obſcuro poſitus loco
Leni perfruar otio.
Nullis nota Quiritibus
Ætas per tacitum fluat.
** Horatius lib. 1 ep. 14 verſ. 37 ſq.
Non iſtic obliquo oculo mea commoda quisquam
Limat, non odio obſcuro, morſuque venenat.
Sonderlich gehoͤrt hieher die ſchoͤne beſchreibung von der
vergnuͤgten einſamkeit des land-lebens, ſo Seneca dem
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