Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.
18. Drum kreucht Democritus ** in eine düstre grufft:Der weisheit amber steigt auch aus verfaulten särgen: Daß Heraclitus *** gar in einer felsen-klufft, Wie Timon sich so gern in gärten will verbergen, Jst, wenn man es erwegt, viel eher eine that, Die menschen-lieb', als haß zu ihrer absicht hat. 19. Mit andern umzugehn****, ist eine grosse kunst;Noch schwerer aber ist, mit sich zu reden wissen: Und Non alia magis est libera & vitio carens Ritusque melius vita quae priscos colat, Quam quae relictis moenibus &c. * Seneca de Vita beata cap. 28: Circi nobis magno consensu vitia commendant. Licet nihil aliud, quod sit salutare, tentemus, proderit tamen, in se ipsum secedere. Melio- res erimus singuli &c. ** Laert. lib. 5 in vita Democriti; und Lucianus Oper. tom. 2 p. m. 349. *** Heraclitus und Timon sind allezeit als Misanthropen ausgeschrien worden, auch selbst vom Plinio, der sie doch inter autores maximos sapientiae rechnet; jedoch wie Ta- naquil Faber den letztern aus dem Platone defendiret, also habe ich darum die sache in zweifel gezogen, weil ich in dem leben des Heracliti und Timon, wie es Laertius be- schrieben, unterschiedne data angetroffen, die sich mit dem genie eines osoris hominum nicht wohl combiniren lassen. de qua re alibi pluribus. **** Also führet der Herr von Lohenstein eine person in seinem
Arminio redend ein: "Jch halte es vor eine eigenschafft "der weisen, mit sich selbst zu reden wissen." Denn mit an- "dern kan jeder aus dem pövel sich besprechen. Diese
18. Drum kreucht Democritus ** in eine duͤſtre grufft:Der weisheit amber ſteigt auch aus verfaulten ſaͤrgen: Daß Heraclitus *** gar in einer felſen-klufft, Wie Timon ſich ſo gern in gaͤrten will verbergen, Jſt, wenn man es erwegt, viel eher eine that, Die menſchen-lieb’, als haß zu ihrer abſicht hat. 19. Mit andern umzugehn****, iſt eine groſſe kunſt;Noch ſchwerer aber iſt, mit ſich zu reden wiſſen: Und Non alia magis eſt libera & vitio carens Ritusque melius vita quæ priſcos colat, Quam quæ relictis mœnibus &c. * Seneca de Vita beata cap. 28: Circi nobis magno conſenſu vitia commendant. Licet nihil aliud, quod ſit ſalutare, tentemus, proderit tamen, in ſe ipſum ſecedere. Melio- res erimus ſinguli &c. ** Laert. lib. 5 in vita Democriti; und Lucianus Oper. tom. 2 p. m. 349. *** Heraclitus und Timon ſind allezeit als Miſanthropen ausgeſchrien worden, auch ſelbſt vom Plinio, der ſie doch inter autores maximos ſapientiæ rechnet; jedoch wie Ta- naquil Faber den letztern aus dem Platone defendiret, alſo habe ich darum die ſache in zweifel gezogen, weil ich in dem leben des Heracliti und Timon, wie es Laertius be- ſchrieben, unterſchiedne data angetroffen, die ſich mit dem genie eines oſoris hominum nicht wohl combiniren laſſen. de qua re alibi pluribus. **** Alſo fuͤhret der Herꝛ von Lohenſtein eine perſon in ſeinem
Arminio redend ein: “Jch halte es vor eine eigenſchafft „der weiſen, mit ſich ſelbſt zu reden wiſſen.„ Denn mit an- „dern kan jeder aus dem poͤvel ſich beſprechen. Dieſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="17"> <l> <pb facs="#f0372" n="348"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leanders aus Schleſien</hi> </fw> </l><lb/> <l>Es giebt kein hoͤniſch aug auf meine thaten acht:</l><lb/> <l>Auf einen ſtillen ſchlaf folgt ein gewuͤnſchter morgen.</l><lb/> <l>Ja, wenn man es bedenckt, wo iſt bequemre zeit,</l><lb/> <l>Recht in ſich ſelbſt zu gehn<note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">Seneca de Vita beata cap. 28: Circi nobis magno conſenſu<lb/> vitia commendant. Licet nihil aliud, quod ſit ſalutare,<lb/> tentemus, proderit tamen, in ſe ipſum ſecedere. Melio-<lb/> res erimus ſinguli &c.</hi></note>, als in der einſamkeit?</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <head>18.</head><lb/> <l>Drum kreucht Democritus <note place="foot" n="**"><hi rendition="#aq">Laert. lib. 5 in vita Democriti;</hi> und <hi rendition="#aq">Lucianus Oper.<lb/> tom. 2 p. m.</hi> 349.</note> in eine duͤſtre grufft:</l><lb/> <l>Der weisheit amber ſteigt auch aus verfaulten ſaͤrgen:</l><lb/> <l>Daß Heraclitus <note place="foot" n="***"><hi rendition="#aq">Heraclitus</hi> und <hi rendition="#aq">Timon</hi> ſind allezeit als Miſanthropen<lb/> ausgeſchrien worden, auch ſelbſt vom <hi rendition="#aq">Plinio,</hi> der ſie doch<lb/><hi rendition="#aq">inter autores maximos ſapientiæ</hi> rechnet; jedoch wie Ta-<lb/> naquil Faber den letztern aus dem <hi rendition="#aq">Platone defendi</hi>ret, alſo<lb/> habe ich darum die ſache in zweifel gezogen, weil ich in<lb/> dem leben des <hi rendition="#aq">Heracliti</hi> und Timon, wie es <hi rendition="#aq">Laertius</hi> be-<lb/> ſchrieben, unterſchiedne <hi rendition="#aq">data</hi> angetroffen, die ſich mit dem<lb/><hi rendition="#aq">genie</hi> eines <hi rendition="#aq">oſoris hominum</hi> nicht wohl <hi rendition="#aq">combini</hi>ren laſſen.<lb/><hi rendition="#aq">de qua re alibi pluribus.</hi></note> gar in einer felſen-klufft,</l><lb/> <l>Wie Timon ſich ſo gern in gaͤrten will verbergen,</l><lb/> <l>Jſt, wenn man es erwegt, viel eher eine that,</l><lb/> <l>Die menſchen-lieb’, als haß zu ihrer abſicht hat.</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <head>19.</head><lb/> <l>Mit andern umzugehn<note xml:id="f03" next="#f04" place="foot" n="****">Alſo fuͤhret der Herꝛ von Lohenſtein eine perſon in ſeinem<lb/><hi rendition="#aq">Arminio</hi> redend ein: “Jch halte es vor eine eigenſchafft<lb/> „der weiſen, mit ſich ſelbſt zu reden wiſſen.„ Denn mit an-<lb/> „dern kan jeder aus dem poͤvel ſich beſprechen. Dieſe</note>, iſt eine groſſe kunſt;</l><lb/> <l>Noch ſchwerer aber iſt, mit ſich zu reden wiſſen:<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/><note xml:id="f02" prev="#f01" place="foot" n="**"><lg type="poem"><l><hi rendition="#aq">Non alia magis eſt libera & vitio carens</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Ritusque melius vita quæ priſcos colat,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Quam quæ relictis mœnibus &c.</hi></l></lg></note><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0372]
Leanders aus Schleſien
Es giebt kein hoͤniſch aug auf meine thaten acht:
Auf einen ſtillen ſchlaf folgt ein gewuͤnſchter morgen.
Ja, wenn man es bedenckt, wo iſt bequemre zeit,
Recht in ſich ſelbſt zu gehn *, als in der einſamkeit?
18.
Drum kreucht Democritus ** in eine duͤſtre grufft:
Der weisheit amber ſteigt auch aus verfaulten ſaͤrgen:
Daß Heraclitus *** gar in einer felſen-klufft,
Wie Timon ſich ſo gern in gaͤrten will verbergen,
Jſt, wenn man es erwegt, viel eher eine that,
Die menſchen-lieb’, als haß zu ihrer abſicht hat.
19.
Mit andern umzugehn ****, iſt eine groſſe kunſt;
Noch ſchwerer aber iſt, mit ſich zu reden wiſſen:
Und
**
* Seneca de Vita beata cap. 28: Circi nobis magno conſenſu
vitia commendant. Licet nihil aliud, quod ſit ſalutare,
tentemus, proderit tamen, in ſe ipſum ſecedere. Melio-
res erimus ſinguli &c.
** Laert. lib. 5 in vita Democriti; und Lucianus Oper.
tom. 2 p. m. 349.
*** Heraclitus und Timon ſind allezeit als Miſanthropen
ausgeſchrien worden, auch ſelbſt vom Plinio, der ſie doch
inter autores maximos ſapientiæ rechnet; jedoch wie Ta-
naquil Faber den letztern aus dem Platone defendiret, alſo
habe ich darum die ſache in zweifel gezogen, weil ich in
dem leben des Heracliti und Timon, wie es Laertius be-
ſchrieben, unterſchiedne data angetroffen, die ſich mit dem
genie eines oſoris hominum nicht wohl combiniren laſſen.
de qua re alibi pluribus.
**** Alſo fuͤhret der Herꝛ von Lohenſtein eine perſon in ſeinem
Arminio redend ein: “Jch halte es vor eine eigenſchafft
„der weiſen, mit ſich ſelbſt zu reden wiſſen.„ Denn mit an-
„dern kan jeder aus dem poͤvel ſich beſprechen. Dieſe
** Non alia magis eſt libera & vitio carens
Ritusque melius vita quæ priſcos colat,
Quam quæ relictis mœnibus &c.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |