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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
Durch nichts thun legen wir uns auf die schlimme seiten,
Und lernen böses thun. Die mörderin der zeiten,
Das zucker-süsse gifft, saugt alle kräffte aus:
Wie rost das eisen frist, verzehret hof und haus.
Worüber andre sich fast blind und höckricht sitzen,
Darüber darff nicht erst ein solcher lange schwitzen,
Der seiner jahre lentz auf sprachen und verstand,
Und auf das edle lob der tugend hat gewandt.
Daß ich auch mit der zeit mich aus dem staube schwinge,
Und von der dicken zahl des armen volckes dringe,
Das an der erden klebt, steht ihr mir stattlich bey,
Wie hefftig mich auch drückt die last der armuthey,
Die schwester guter art. Jhr leitet meine sinnen,
Herr Rhenisch! auf die burg der zarten Pierinnen,
Die meine freude sind. Mein wesen, das ich führ,
Jst lust zur wissenschafft, ist feder und papier.
Diß schenck euch alles ich an statt der vielen gaben,
Die meiner Musen krafft bißher erhalten haben,
Wie schlecht sie immer ist. An mehrer dinge statt
Last euch das hertze seyn, und dencket, vor die that
Nimmt GOtt das hertze selbst. Der wolle gnädig geben,
Herr Rhenisch! euch die zeit, die ihr verdient zu leben!
Damit ihr lange mögt der kirchen schmuck und schein,
Der Musen werther schutz, der tugend spiegel seyn.
Er lege gütig hin das wechsel eurer jahre,
O Atlas meiner noth! daß euch nicht widerfahre,
Was vieler weisen schaar von diesem alter glaubt,
Daß, wenn der grimme tod nicht gantz das leben raubt,
Doch gleichwohl er gefahr und schiffbruch müsse leiden.
Hat nicht Demosthenem, so viel wir uns bescheiden,
Hat nicht den Hannibal, hat nicht der redner pracht,
Den grossen Cicero, diß wechsel umgebracht?
Lutherus kunte nicht diß alter überschreiten,
Und auch Melanchthon nicht, das edle paar der zeiten,
Die diener GOttes krafft. Doch GOtt, der alles kan,
Bindt sich an keinen ort, an keine zeiten an.
Der
Vermiſchte Getichte.
Durch nichts thun legen wir uns auf die ſchlimme ſeiten,
Und lernen boͤſes thun. Die moͤrderin der zeiten,
Das zucker-ſuͤſſe gifft, ſaugt alle kraͤffte aus:
Wie roſt das eiſen friſt, verzehret hof und haus.
Woruͤber andre ſich faſt blind und hoͤckricht ſitzen,
Daruͤber darff nicht erſt ein ſolcher lange ſchwitzen,
Der ſeiner jahre lentz auf ſprachen und verſtand,
Und auf das edle lob der tugend hat gewandt.
Daß ich auch mit der zeit mich aus dem ſtaube ſchwinge,
Und von der dicken zahl des armen volckes dringe,
Das an der erden klebt, ſteht ihr mir ſtattlich bey,
Wie hefftig mich auch druͤckt die laſt der armuthey,
Die ſchweſter guter art. Jhr leitet meine ſinnen,
Herꝛ Rheniſch! auf die burg der zarten Pierinnen,
Die meine freude ſind. Mein weſen, das ich fuͤhr,
Jſt luſt zur wiſſenſchafft, iſt feder und papier.
Diß ſchenck euch alles ich an ſtatt der vielen gaben,
Die meiner Muſen krafft bißher erhalten haben,
Wie ſchlecht ſie immer iſt. An mehrer dinge ſtatt
Laſt euch das hertze ſeyn, und dencket, vor die that
Nimmt GOtt das hertze ſelbſt. Der wolle gnaͤdig geben,
Herꝛ Rheniſch! euch die zeit, die ihr verdient zu leben!
Damit ihr lange moͤgt der kirchen ſchmuck und ſchein,
Der Muſen werther ſchutz, der tugend ſpiegel ſeyn.
Er lege guͤtig hin das wechſel eurer jahre,
O Atlas meiner noth! daß euch nicht widerfahre,
Was vieler weiſen ſchaar von dieſem alter glaubt,
Daß, wenn der grimme tod nicht gantz das leben raubt,
Doch gleichwohl er gefahr und ſchiffbruch muͤſſe leiden.
Hat nicht Demoſthenem, ſo viel wir uns beſcheiden,
Hat nicht den Hannibal, hat nicht der redner pracht,
Den groſſen Cicero, diß wechſel umgebracht?
Lutherus kunte nicht diß alter uͤberſchreiten,
Und auch Melanchthon nicht, das edle paar der zeiten,
Die diener GOttes krafft. Doch GOtt, der alles kan,
Bindt ſich an keinen ort, an keine zeiten an.
Der
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[278/0302] Vermiſchte Getichte. Durch nichts thun legen wir uns auf die ſchlimme ſeiten, Und lernen boͤſes thun. Die moͤrderin der zeiten, Das zucker-ſuͤſſe gifft, ſaugt alle kraͤffte aus: Wie roſt das eiſen friſt, verzehret hof und haus. Woruͤber andre ſich faſt blind und hoͤckricht ſitzen, Daruͤber darff nicht erſt ein ſolcher lange ſchwitzen, Der ſeiner jahre lentz auf ſprachen und verſtand, Und auf das edle lob der tugend hat gewandt. Daß ich auch mit der zeit mich aus dem ſtaube ſchwinge, Und von der dicken zahl des armen volckes dringe, Das an der erden klebt, ſteht ihr mir ſtattlich bey, Wie hefftig mich auch druͤckt die laſt der armuthey, Die ſchweſter guter art. Jhr leitet meine ſinnen, Herꝛ Rheniſch! auf die burg der zarten Pierinnen, Die meine freude ſind. Mein weſen, das ich fuͤhr, Jſt luſt zur wiſſenſchafft, iſt feder und papier. Diß ſchenck euch alles ich an ſtatt der vielen gaben, Die meiner Muſen krafft bißher erhalten haben, Wie ſchlecht ſie immer iſt. An mehrer dinge ſtatt Laſt euch das hertze ſeyn, und dencket, vor die that Nimmt GOtt das hertze ſelbſt. Der wolle gnaͤdig geben, Herꝛ Rheniſch! euch die zeit, die ihr verdient zu leben! Damit ihr lange moͤgt der kirchen ſchmuck und ſchein, Der Muſen werther ſchutz, der tugend ſpiegel ſeyn. Er lege guͤtig hin das wechſel eurer jahre, O Atlas meiner noth! daß euch nicht widerfahre, Was vieler weiſen ſchaar von dieſem alter glaubt, Daß, wenn der grimme tod nicht gantz das leben raubt, Doch gleichwohl er gefahr und ſchiffbruch muͤſſe leiden. Hat nicht Demoſthenem, ſo viel wir uns beſcheiden, Hat nicht den Hannibal, hat nicht der redner pracht, Den groſſen Cicero, diß wechſel umgebracht? Lutherus kunte nicht diß alter uͤberſchreiten, Und auch Melanchthon nicht, das edle paar der zeiten, Die diener GOttes krafft. Doch GOtt, der alles kan, Bindt ſich an keinen ort, an keine zeiten an. Der

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/302>, abgerufen am 22.11.2024.