Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Und dennoch soll ich mich zu einem tröster schicken.Zwar, hätt ich deinen witz? es solte schon gelücken; So aber fallen mir nur diese wörter ein: Das, was der Höchste will, muß gut und heilsam seyn. Er dencket nicht, wie wir: Wir schauen auf die jugend, Und das, was uns gefällt; allein die reiffe tugend Macht auch, was jung ist, alt. Ach augen! weinet nicht, Daß unser seeliger hier keine dornen bricht: Laßt doch die thränen uns wie seinen leib begraben! Denn was vollkommen ist, das muß der himmel haben. Als Jhrer Käyserlichen Majestät Leopoldi glorwürd. andenckens solenne funeralien von denen Herren land-ständen der für- stenthümer Schweidnitz und Jauer allerunterthänigst celebriret wurden, d. 9. Jun. 1705. BRoßmächtigster monarch! auf dessen todten-baare Europa, welches du, bey schwerer krieges-last, Durch deinen rath und fleiß so offt erhalten hast, Den reichen königs-schmuck von dem beperlten haare Wehmüthig niederlegt, schau aus der ewigkeit, Wo dein erquickter geist die wahre ruh gefunden, Das unaussprechliche, das ungemeine leid, Zu welchem uns die pflicht, die schuldigkeit verbunden, Und das man dir allein noch überreichen kan, Mit der gewöhnlichen genad' und sansftmuth an! Wir liefern dir nicht gold, noch balsam, nard' und myrrhen, Auch nicht ein traur-gewand von köstlichem asbest, Das die verwesung trotzt, und nichts vermodern läst: Wir bringen keinen safft in göldenen geschirren, Den Socotora zeugt, und Jndien gewährt; Doch L 4
Begraͤbniß-Getichte. Und dennoch ſoll ich mich zu einem troͤſter ſchicken.Zwar, haͤtt ich deinen witz? es ſolte ſchon geluͤcken; So aber fallen mir nur dieſe woͤrter ein: Das, was der Hoͤchſte will, muß gut und heilſam ſeyn. Er dencket nicht, wie wir: Wir ſchauen auf die jugend, Und das, was uns gefaͤllt; allein die reiffe tugend Macht auch, was jung iſt, alt. Ach augen! weinet nicht, Daß unſer ſeeliger hier keine dornen bricht: Laßt doch die thraͤnen uns wie ſeinen leib begraben! Denn was vollkommen iſt, das muß der himmel haben. Als Jhrer Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi glorwuͤrd. andenckens ſolenne funeralien von denen Herren land-ſtaͤnden der fuͤr- ſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer allerunterthaͤnigſt celebriret wurden, d. 9. Jun. 1705. BRoßmaͤchtigſter monarch! auf deſſen todten-baare Europa, welches du, bey ſchwerer krieges-laſt, Durch deinen rath und fleiß ſo offt erhalten haſt, Den reichen koͤnigs-ſchmuck von dem beperlten haare Wehmuͤthig niederlegt, ſchau aus der ewigkeit, Wo dein erquickter geiſt die wahre ruh gefunden, Das unausſprechliche, das ungemeine leid, Zu welchem uns die pflicht, die ſchuldigkeit verbunden, Und das man dir allein noch uͤberreichen kan, Mit der gewoͤhnlichen genad’ und ſanſftmuth an! Wir liefern dir nicht gold, noch balſam, nard’ und myrrhen, Auch nicht ein traur-gewand von koͤſtlichem asbeſt, Das die verweſung trotzt, und nichts vermodern laͤſt: Wir bringen keinen ſafft in goͤldenen geſchirren, Den Socotora zeugt, und Jndien gewaͤhrt; Doch L 4
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Begraͤbniß-Getichte.
Und dennoch ſoll ich mich zu einem troͤſter ſchicken.
Zwar, haͤtt ich deinen witz? es ſolte ſchon geluͤcken;
So aber fallen mir nur dieſe woͤrter ein:
Das, was der Hoͤchſte will, muß gut und heilſam ſeyn.
Er dencket nicht, wie wir: Wir ſchauen auf die jugend,
Und das, was uns gefaͤllt; allein die reiffe tugend
Macht auch, was jung iſt, alt. Ach augen! weinet nicht,
Daß unſer ſeeliger hier keine dornen bricht:
Laßt doch die thraͤnen uns wie ſeinen leib begraben!
Denn was vollkommen iſt, das muß der himmel haben.
Als Jhrer Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi
glorwuͤrd. andenckens ſolenne funeralien
von denen Herren land-ſtaͤnden der fuͤr-
ſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer
allerunterthaͤnigſt celebriret
wurden, d. 9. Jun. 1705.
BRoßmaͤchtigſter monarch! auf deſſen todten-baare
Europa, welches du, bey ſchwerer krieges-laſt,
Durch deinen rath und fleiß ſo offt erhalten haſt,
Den reichen koͤnigs-ſchmuck von dem beperlten haare
Wehmuͤthig niederlegt, ſchau aus der ewigkeit,
Wo dein erquickter geiſt die wahre ruh gefunden,
Das unausſprechliche, das ungemeine leid,
Zu welchem uns die pflicht, die ſchuldigkeit verbunden,
Und das man dir allein noch uͤberreichen kan,
Mit der gewoͤhnlichen genad’ und ſanſftmuth an!
Wir liefern dir nicht gold, noch balſam, nard’ und myrrhen,
Auch nicht ein traur-gewand von koͤſtlichem asbeſt,
Das die verweſung trotzt, und nichts vermodern laͤſt:
Wir bringen keinen ſafft in goͤldenen geſchirren,
Den Socotora zeugt, und Jndien gewaͤhrt;
Doch
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