Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Getichte.
Was Galiläus schreibt und Tschirnhaus ausgesonnen:
Was schön und artiges aus Bayles kiel geronnen
Wie Coehorn und Vauban die vestungen gebaut:
Ein Hevel durch ein glas mehr stern im himmel schaut,
Als keiner vorgesehn: Was Weigels kopff erfunden:
Hambergers tieffer sinn in den gelehrten stunden
Von der natur erklärt, und die Philosophie
Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge müh
Des nunmehr seeligen in kurtzer zeit begriffen.
Wann andre voller brunst nach einem dorffe lieffen,
Wo man verstand und ehr, und geld und zeit verpraßt;
So hattest du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt,
Das nach der weißheit schmeckt, und eine strasse zeiget,
Auf der man in die burg der wahren ehre steiget,
Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm ist noch nicht gantz:
Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz.
Du hast das schwere jus so fleißig ausstudiret,
Als einer, der mit recht den doctor-titul führet.
Das corpus juris geht nicht einem jeden ein,
Und will vor manchem nichts als eine bürde seyn;
Dir war es eine lust, nachdem du Stryckens glossen,
Aus dessen munde nur, was wichtig, kommt geflossen,
Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht;
Denn solcher lichter glantz zerstreuet alle nacht.
Erweg' ich noch darzu, was du auf deinen reisen
Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu preisen?
Doch sag' ich weiter nichts, als daß du das gethan,
Was einen in der welt vollkommen machen kan.
Wie solte nun dein tod nicht die verwandten schmertzen?
Hoch-edle! dieser schlag dringt auch durch andre hertzen,
Dieweil er auf einmahl so viel zu grabe trägt.
Was vor ein herber schmertz hier meine feder regt,
Erweiset diese schrifft, wo nichts in ordnung stehet,
Und mancher reim und vers mit schlechten füssen gehet;
Ja, lieff er auch schon gut; so ist mein freund doch hin!
Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin;
Und
Begraͤbniß-Getichte.
Was Galilaͤus ſchreibt und Tſchirnhaus ausgeſonnen:
Was ſchoͤn und artiges aus Bayles kiel geronnen
Wie Coehorn und Vauban die veſtungen gebaut:
Ein Hevel durch ein glas mehr ſtern im himmel ſchaut,
Als keiner vorgeſehn: Was Weigels kopff erfunden:
Hambergers tieffer ſinn in den gelehrten ſtunden
Von der natur erklaͤrt, und die Philoſophie
Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge muͤh
Des nunmehr ſeeligen in kurtzer zeit begriffen.
Wann andre voller brunſt nach einem dorffe lieffen,
Wo man verſtand und ehr, und geld und zeit verpraßt;
So hatteſt du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt,
Das nach der weißheit ſchmeckt, und eine ſtraſſe zeiget,
Auf der man in die burg der wahren ehre ſteiget,
Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm iſt noch nicht gantz:
Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz.
Du haſt das ſchwere jus ſo fleißig ausſtudiret,
Als einer, der mit recht den doctor-titul fuͤhret.
Das corpus juris geht nicht einem jeden ein,
Und will vor manchem nichts als eine buͤrde ſeyn;
Dir war es eine luſt, nachdem du Stryckens gloſſen,
Aus deſſen munde nur, was wichtig, kommt gefloſſen,
Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht;
Denn ſolcher lichter glantz zerſtreuet alle nacht.
Erweg’ ich noch darzu, was du auf deinen reiſen
Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu preiſen?
Doch ſag’ ich weiter nichts, als daß du das gethan,
Was einen in der welt vollkommen machen kan.
Wie ſolte nun dein tod nicht die verwandten ſchmertzen?
Hoch-edle! dieſer ſchlag dringt auch durch andre hertzen,
Dieweil er auf einmahl ſo viel zu grabe traͤgt.
Was vor ein herber ſchmertz hier meine feder regt,
Erweiſet dieſe ſchrifft, wo nichts in ordnung ſtehet,
Und mancher reim und vers mit ſchlechten fuͤſſen gehet;
Ja, lieff er auch ſchon gut; ſo iſt mein freund doch hin!
Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin;
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0190" n="166"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Getichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Was Galila&#x0364;us &#x017F;chreibt und T&#x017F;chirnhaus ausge&#x017F;onnen:</l><lb/>
          <l>Was &#x017F;cho&#x0364;n und artiges aus Bayles kiel geronnen</l><lb/>
          <l>Wie Coehorn und Vauban die ve&#x017F;tungen gebaut:</l><lb/>
          <l>Ein Hevel durch ein glas mehr &#x017F;tern im himmel &#x017F;chaut,</l><lb/>
          <l>Als keiner vorge&#x017F;ehn: Was Weigels kopff erfunden:</l><lb/>
          <l>Hambergers tieffer &#x017F;inn in den gelehrten &#x017F;tunden</l><lb/>
          <l>Von der natur erkla&#x0364;rt, und die Philo&#x017F;ophie</l><lb/>
          <l>Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge mu&#x0364;h</l><lb/>
          <l>Des nunmehr &#x017F;eeligen in kurtzer zeit begriffen.</l><lb/>
          <l>Wann andre voller brun&#x017F;t nach einem dorffe lieffen,</l><lb/>
          <l>Wo man ver&#x017F;tand und ehr, und geld und zeit verpraßt;</l><lb/>
          <l>So hatte&#x017F;t du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt,</l><lb/>
          <l>Das nach der weißheit &#x017F;chmeckt, und eine &#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e zeiget,</l><lb/>
          <l>Auf der man in die burg der wahren ehre &#x017F;teiget,</l><lb/>
          <l>Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm i&#x017F;t noch nicht gantz:</l><lb/>
          <l>Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz.</l><lb/>
          <l>Du ha&#x017F;t das &#x017F;chwere <hi rendition="#aq">jus</hi> &#x017F;o fleißig aus&#x017F;tudiret,</l><lb/>
          <l>Als einer, der mit recht den doctor-titul fu&#x0364;hret.</l><lb/>
          <l>Das <hi rendition="#aq">corpus juris</hi> geht nicht einem jeden ein,</l><lb/>
          <l>Und will vor manchem nichts als eine bu&#x0364;rde &#x017F;eyn;</l><lb/>
          <l>Dir war es eine lu&#x017F;t, nachdem du Stryckens glo&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Aus de&#x017F;&#x017F;en munde nur, was wichtig, kommt geflo&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht;</l><lb/>
          <l>Denn &#x017F;olcher lichter glantz zer&#x017F;treuet alle nacht.</l><lb/>
          <l>Erweg&#x2019; ich noch darzu, was du auf deinen rei&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu prei&#x017F;en?</l><lb/>
          <l>Doch &#x017F;ag&#x2019; ich weiter nichts, als daß du das gethan,</l><lb/>
          <l>Was einen in der welt vollkommen machen kan.</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;olte nun dein tod nicht die verwandten &#x017F;chmertzen?</l><lb/>
          <l>Hoch-edle! die&#x017F;er &#x017F;chlag dringt auch durch andre hertzen,</l><lb/>
          <l>Dieweil er auf einmahl &#x017F;o viel zu grabe tra&#x0364;gt.</l><lb/>
          <l>Was vor ein herber &#x017F;chmertz hier meine feder regt,</l><lb/>
          <l>Erwei&#x017F;et die&#x017F;e &#x017F;chrifft, wo nichts in ordnung &#x017F;tehet,</l><lb/>
          <l>Und mancher reim und vers mit &#x017F;chlechten fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gehet;</l><lb/>
          <l>Ja, lieff er auch &#x017F;chon gut; &#x017F;o i&#x017F;t mein freund doch hin!</l><lb/>
          <l>Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0190] Begraͤbniß-Getichte. Was Galilaͤus ſchreibt und Tſchirnhaus ausgeſonnen: Was ſchoͤn und artiges aus Bayles kiel geronnen Wie Coehorn und Vauban die veſtungen gebaut: Ein Hevel durch ein glas mehr ſtern im himmel ſchaut, Als keiner vorgeſehn: Was Weigels kopff erfunden: Hambergers tieffer ſinn in den gelehrten ſtunden Von der natur erklaͤrt, und die Philoſophie Jn ihre zirckel faßt; Diß hat die kluge muͤh Des nunmehr ſeeligen in kurtzer zeit begriffen. Wann andre voller brunſt nach einem dorffe lieffen, Wo man verſtand und ehr, und geld und zeit verpraßt; So hatteſt du, mein freund! ein buch zur hand gefaßt, Das nach der weißheit ſchmeckt, und eine ſtraſſe zeiget, Auf der man in die burg der wahren ehre ſteiget, Jn die kein fauler kommt. Dein ruhm iſt noch nicht gantz: Die Themis windet dir auch einen ehren-krantz. Du haſt das ſchwere jus ſo fleißig ausſtudiret, Als einer, der mit recht den doctor-titul fuͤhret. Das corpus juris geht nicht einem jeden ein, Und will vor manchem nichts als eine buͤrde ſeyn; Dir war es eine luſt, nachdem du Stryckens gloſſen, Aus deſſen munde nur, was wichtig, kommt gefloſſen, Und des Wildvogels witz dir alles klar gemacht; Denn ſolcher lichter glantz zerſtreuet alle nacht. Erweg’ ich noch darzu, was du auf deinen reiſen Vor fleiß und witz gebraucht; was find ich nicht zu preiſen? Doch ſag’ ich weiter nichts, als daß du das gethan, Was einen in der welt vollkommen machen kan. Wie ſolte nun dein tod nicht die verwandten ſchmertzen? Hoch-edle! dieſer ſchlag dringt auch durch andre hertzen, Dieweil er auf einmahl ſo viel zu grabe traͤgt. Was vor ein herber ſchmertz hier meine feder regt, Erweiſet dieſe ſchrifft, wo nichts in ordnung ſtehet, Und mancher reim und vers mit ſchlechten fuͤſſen gehet; Ja, lieff er auch ſchon gut; ſo iſt mein freund doch hin! Ach! auserwehlter freund! ich weiß nicht, wo ich bin; Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/190
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/190>, abgerufen am 24.11.2024.