Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Arien.
4.
Bald treffen sie bey finstern stunden,
Mich mitten auf den gassen an:
Bald werd ich hier, bald da gefunden,
Und habe nirgends recht gethan.
Allein sie haben bey der nacht
Die brillen nicht recht klar gemacht.
5.
Jch setze mir offt vor, zu schweigen,
So wird die einfalt angeklagt:
Und will ich mich was frey bezeigen,
So hab ich gleich zu viel gesagt.
Wo treff' ich diesen meister an,
Der mich die künste lehren kan.
6.
Wiewol ich werde mich nicht kräncken,
Mein hertz ist mir noch viel zu gut.
Jhr neider dürffet nicht gedencken,
Daß mir das leiden wehe thut.
Die unschuld kan in dieser pein
Mein allerbestes labsal seyn.
7.
Gewiß, ich muß nur eurer lachen,
Ob ich euch noch so alber bin.
Jhr mögt es künfftig ärger machen,
Trett selber auf die wachen hin,
Und nehmet dann bey tag und nacht
Mein thun und lassen wohl in acht.
8.
Jndessen dient es mir zum besten:
Jch sage nichts, doch merck ich wohl,
Wie man bey solchen schlimmen gästen
Sich künfftig recht verhalten soll.
Jch weiß schon, was im hertzen steckt,
Ob gleich der kuß nach zucker schmeck[t].
9. Jhr
Vermiſchte Arien.
4.
Bald treffen ſie bey finſtern ſtunden,
Mich mitten auf den gaſſen an:
Bald werd ich hier, bald da gefunden,
Und habe nirgends recht gethan.
Allein ſie haben bey der nacht
Die brillen nicht recht klar gemacht.
5.
Jch ſetze mir offt vor, zu ſchweigen,
So wird die einfalt angeklagt:
Und will ich mich was frey bezeigen,
So hab ich gleich zu viel geſagt.
Wo treff’ ich dieſen meiſter an,
Der mich die kuͤnſte lehren kan.
6.
Wiewol ich werde mich nicht kraͤncken,
Mein hertz iſt mir noch viel zu gut.
Jhr neider duͤrffet nicht gedencken,
Daß mir das leiden wehe thut.
Die unſchuld kan in dieſer pein
Mein allerbeſtes labſal ſeyn.
7.
Gewiß, ich muß nur eurer lachen,
Ob ich euch noch ſo alber bin.
Jhr moͤgt es kuͤnfftig aͤrger machen,
Trett ſelber auf die wachen hin,
Und nehmet dann bey tag und nacht
Mein thun und laſſen wohl in acht.
8.
Jndeſſen dient es mir zum beſten:
Jch ſage nichts, doch merck ich wohl,
Wie man bey ſolchen ſchlimmen gaͤſten
Sich kuͤnfftig recht verhalten ſoll.
Jch weiß ſchon, was im hertzen ſteckt,
Ob gleich der kuß nach zucker ſchmeck[t].
9. Jhr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0223" n="221"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Arien.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="4">
            <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head><lb/>
            <l>Bald treffen &#x017F;ie bey fin&#x017F;tern &#x017F;tunden,</l><lb/>
            <l>Mich mitten auf den ga&#x017F;&#x017F;en an:</l><lb/>
            <l>Bald werd ich hier, bald da gefunden,</l><lb/>
            <l>Und habe nirgends recht gethan.</l><lb/>
            <l>Allein &#x017F;ie haben bey der nacht</l><lb/>
            <l>Die brillen nicht recht klar gemacht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <head> <hi rendition="#c">5.</hi> </head><lb/>
            <l>Jch &#x017F;etze mir offt vor, zu &#x017F;chweigen,</l><lb/>
            <l>So wird die einfalt angeklagt:</l><lb/>
            <l>Und will ich mich was frey bezeigen,</l><lb/>
            <l>So hab ich gleich zu viel ge&#x017F;agt.</l><lb/>
            <l>Wo treff&#x2019; ich die&#x017F;en mei&#x017F;ter an,</l><lb/>
            <l>Der mich die ku&#x0364;n&#x017F;te lehren kan.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <head> <hi rendition="#c">6.</hi> </head><lb/>
            <l>Wiewol ich werde mich nicht kra&#x0364;ncken,</l><lb/>
            <l>Mein hertz i&#x017F;t mir noch viel zu gut.</l><lb/>
            <l>Jhr neider du&#x0364;rffet nicht gedencken,</l><lb/>
            <l>Daß mir das leiden wehe thut.</l><lb/>
            <l>Die un&#x017F;chuld kan in die&#x017F;er pein</l><lb/>
            <l>Mein allerbe&#x017F;tes lab&#x017F;al &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <head> <hi rendition="#c">7.</hi> </head><lb/>
            <l>Gewiß, ich muß nur eurer lachen,</l><lb/>
            <l>Ob ich euch noch &#x017F;o alber bin.</l><lb/>
            <l>Jhr mo&#x0364;gt es ku&#x0364;nfftig a&#x0364;rger machen,</l><lb/>
            <l>Trett &#x017F;elber auf die wachen hin,</l><lb/>
            <l>Und nehmet dann bey tag und nacht</l><lb/>
            <l>Mein thun und la&#x017F;&#x017F;en wohl in acht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <head> <hi rendition="#c">8.</hi> </head><lb/>
            <l>Jnde&#x017F;&#x017F;en dient es mir zum be&#x017F;ten:</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;age nichts, doch merck ich wohl,</l><lb/>
            <l>Wie man bey &#x017F;olchen &#x017F;chlimmen ga&#x0364;&#x017F;ten</l><lb/>
            <l>Sich ku&#x0364;nfftig recht verhalten &#x017F;oll.</l><lb/>
            <l>Jch weiß &#x017F;chon, was im hertzen &#x017F;teckt,</l><lb/>
            <l>Ob gleich der kuß nach zucker &#x017F;chmeck<supplied>t</supplied>.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">9. Jhr</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0223] Vermiſchte Arien. 4. Bald treffen ſie bey finſtern ſtunden, Mich mitten auf den gaſſen an: Bald werd ich hier, bald da gefunden, Und habe nirgends recht gethan. Allein ſie haben bey der nacht Die brillen nicht recht klar gemacht. 5. Jch ſetze mir offt vor, zu ſchweigen, So wird die einfalt angeklagt: Und will ich mich was frey bezeigen, So hab ich gleich zu viel geſagt. Wo treff’ ich dieſen meiſter an, Der mich die kuͤnſte lehren kan. 6. Wiewol ich werde mich nicht kraͤncken, Mein hertz iſt mir noch viel zu gut. Jhr neider duͤrffet nicht gedencken, Daß mir das leiden wehe thut. Die unſchuld kan in dieſer pein Mein allerbeſtes labſal ſeyn. 7. Gewiß, ich muß nur eurer lachen, Ob ich euch noch ſo alber bin. Jhr moͤgt es kuͤnfftig aͤrger machen, Trett ſelber auf die wachen hin, Und nehmet dann bey tag und nacht Mein thun und laſſen wohl in acht. 8. Jndeſſen dient es mir zum beſten: Jch ſage nichts, doch merck ich wohl, Wie man bey ſolchen ſchlimmen gaͤſten Sich kuͤnfftig recht verhalten ſoll. Jch weiß ſchon, was im hertzen ſteckt, Ob gleich der kuß nach zucker ſchmeckt. 9. Jhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/223
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/223>, abgerufen am 03.12.2024.