Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Vermischte Gedichte. Zu lernen, wie man krafft und witz zusammen fassen,Und die gedancken nicht aus ihren schrancken lassen; Nein, sondern in sich selbst offt stille stehen muß. Du kennst der tugend bahn, und ehrst der weisheit schluß. Niemals zu hause seyn, sich hin und her zerstreuen, Die still' und einsamkeit, als einen kercker, scheuen, Verräth den unverstand; Wer klug studiren will, Denckt allem, was er liest und höret, in der still Und recht bedächtig nach: Er folget dem magnete, Den kein umirrend licht, kein schimmernder planete Von seinem pole zieht. Dis ist ein schöner ruhm: Dis ist, Gelehrter Hamm! dein wahres eigenthum, Und soll es auch stets seyn. Man mag sich wol ergetzen; Denn GOtt ließ zu dem tag auch nacht und abend setzen. Wer niemals ruhen will, der schreitet allzuweit, Beleidigt die natur, und stürtzet vor der zeit Jn eine todten-grufft. Beständig müßig gehen Heißt gar nichts nütze seyn: Man muß im mittel stehen. Wer das studiret hat, der hat sehr viel gethan. Das aber, Werther Hamm! das ist die tugend-bahn, Davon kein eitler zug dich auf die seite wendet: Dis weiß dein Regensburg, so dich hieher gesendet. Ursinus, und wer mehr in dir den grund gelegt, Bekräfftiget dein lob, das unsre feder regt. Der grundgelehrte Förtsch, aus dessen göldnem munde Du GOttes weisheit lernst: Bey dem du keine stunde Vergebens angewandt: fällt uns hierinnen bey, Buddeus, dem die pest der schnöden schmeicheley So sehr zuwider ist, als er die wahrheit liebet: Der alles, was er lehrt, auch thut und selber übet: Buddeus, dessen treu und lehre wohl besteht, So sehr auch haß und neid sich wider ihn erhöht, Kennt deinen klugen fleiß; Doch daß ihn alle kennen, So lässest du dein licht nicht länger stille brennen, Und trittst nun öffentlich in der catheder auf: Zeigst unserm Saal-Athen daß du den schwehren lauff Der göttlichen Sophie vernünfftig angefangen. Wer durch die creatur zum Schöpffer hingegangen, Und N 2
Vermiſchte Gedichte. Zu lernen, wie man krafft und witz zuſammen faſſen,Und die gedancken nicht aus ihren ſchrancken laſſen; Nein, ſondern in ſich ſelbſt offt ſtille ſtehen muß. Du kennſt der tugend bahn, und ehrſt der weisheit ſchluß. Niemals zu hauſe ſeyn, ſich hin und her zerſtreuen, Die ſtill’ und einſamkeit, als einen kercker, ſcheuen, Verraͤth den unverſtand; Wer klug ſtudiren will, Denckt allem, was er lieſt und hoͤret, in der ſtill Und recht bedaͤchtig nach: Er folget dem magnete, Den kein umirrend licht, kein ſchimmernder planete Von ſeinem pole zieht. Dis iſt ein ſchoͤner ruhm: Dis iſt, Gelehrter Hamm! dein wahres eigenthum, Und ſoll es auch ſtets ſeyn. Man mag ſich wol ergetzen; Denn GOtt ließ zu dem tag auch nacht und abend ſetzen. Wer niemals ruhen will, der ſchreitet allzuweit, Beleidigt die natur, und ſtuͤrtzet vor der zeit Jn eine todten-grufft. Beſtaͤndig muͤßig gehen Heißt gar nichts nuͤtze ſeyn: Man muß im mittel ſtehen. Wer das ſtudiret hat, der hat ſehr viel gethan. Das aber, Werther Hamm! das iſt die tugend-bahn, Davon kein eitler zug dich auf die ſeite wendet: Dis weiß dein Regensburg, ſo dich hieher geſendet. Urſinus, und wer mehr in dir den grund gelegt, Bekraͤfftiget dein lob, das unſre feder regt. Der grundgelehrte Foͤrtſch, aus deſſen goͤldnem munde Du GOttes weisheit lernſt: Bey dem du keine ſtunde Vergebens angewandt: faͤllt uns hierinnen bey, Buddeus, dem die peſt der ſchnoͤden ſchmeicheley So ſehr zuwider iſt, als er die wahrheit liebet: Der alles, was er lehrt, auch thut und ſelber uͤbet: Buddeus, deſſen treu und lehre wohl beſteht, So ſehr auch haß und neid ſich wider ihn erhoͤht, Kennt deinen klugen fleiß; Doch daß ihn alle kennen, So laͤſſeſt du dein licht nicht laͤnger ſtille brennen, Und trittſt nun oͤffentlich in der catheder auf: Zeigſt unſerm Saal-Athen daß du den ſchwehren lauff Der goͤttlichen Sophie vernuͤnfftig angefangen. Wer durch die creatur zum Schoͤpffer hingegangen, Und N 2
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Vermiſchte Gedichte.
Zu lernen, wie man krafft und witz zuſammen faſſen,
Und die gedancken nicht aus ihren ſchrancken laſſen;
Nein, ſondern in ſich ſelbſt offt ſtille ſtehen muß.
Du kennſt der tugend bahn, und ehrſt der weisheit ſchluß.
Niemals zu hauſe ſeyn, ſich hin und her zerſtreuen,
Die ſtill’ und einſamkeit, als einen kercker, ſcheuen,
Verraͤth den unverſtand; Wer klug ſtudiren will,
Denckt allem, was er lieſt und hoͤret, in der ſtill
Und recht bedaͤchtig nach: Er folget dem magnete,
Den kein umirrend licht, kein ſchimmernder planete
Von ſeinem pole zieht. Dis iſt ein ſchoͤner ruhm:
Dis iſt, Gelehrter Hamm! dein wahres eigenthum,
Und ſoll es auch ſtets ſeyn. Man mag ſich wol ergetzen;
Denn GOtt ließ zu dem tag auch nacht und abend ſetzen.
Wer niemals ruhen will, der ſchreitet allzuweit,
Beleidigt die natur, und ſtuͤrtzet vor der zeit
Jn eine todten-grufft. Beſtaͤndig muͤßig gehen
Heißt gar nichts nuͤtze ſeyn: Man muß im mittel ſtehen.
Wer das ſtudiret hat, der hat ſehr viel gethan.
Das aber, Werther Hamm! das iſt die tugend-bahn,
Davon kein eitler zug dich auf die ſeite wendet:
Dis weiß dein Regensburg, ſo dich hieher geſendet.
Urſinus, und wer mehr in dir den grund gelegt,
Bekraͤfftiget dein lob, das unſre feder regt.
Der grundgelehrte Foͤrtſch, aus deſſen goͤldnem munde
Du GOttes weisheit lernſt: Bey dem du keine ſtunde
Vergebens angewandt: faͤllt uns hierinnen bey,
Buddeus, dem die peſt der ſchnoͤden ſchmeicheley
So ſehr zuwider iſt, als er die wahrheit liebet:
Der alles, was er lehrt, auch thut und ſelber uͤbet:
Buddeus, deſſen treu und lehre wohl beſteht,
So ſehr auch haß und neid ſich wider ihn erhoͤht,
Kennt deinen klugen fleiß; Doch daß ihn alle kennen,
So laͤſſeſt du dein licht nicht laͤnger ſtille brennen,
Und trittſt nun oͤffentlich in der catheder auf:
Zeigſt unſerm Saal-Athen daß du den ſchwehren lauff
Der goͤttlichen Sophie vernuͤnfftig angefangen.
Wer durch die creatur zum Schoͤpffer hingegangen,
Und
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