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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Diß, was den schlaf verstört, bey seite hier zu räumen,
Damit desselben lauff ja länger sich verzieh.
Jhr träume tränckt den geist mit schönen phantasien,
Kein lustspiel, das galant, muß hier vergessen seyn,
Damit des schlafes zeit sich länger kan verziehen,
Und durch sein süsses thun auch meinen geist erfreun.
Ach wüste Chloris diß, daß hier mein auge wachte,
Und ihre schönheit seh mit vollen augen an,
Daß hier mein hertz in sich vor vielen freuden lachte,
So wärs um meine lust und ihre gunst gethan.
Der athem kühlet hier die rosen-lichten lippen,
Es fällt der sanffte wind auch denen wangen zu,
Und stöst an ihre höh als an zwo harte klippen,
Es läst derselb auch selbst den brüsten keine ruh
Und bleht sie immer auf; man siehet dessen spielen
Als wie was schönes an; doch solte meine hand
An dem, was hier zu sehn, sich nur ein wenig kühlen,
So wär vom glücke mir das beste zugewandt.
Was rath ist hier? soll ich mich etwas unterfangen?
Doch nein, die ehrbarkeit die tritt hier in das spiel,
Mich deucht, sie spricht, wilst du was liebes hier erlangen,
So warte biß dein stand und deine Chloris will.
Jedoch es wird zu lang, der himmel könt es schicken,
Daß meine liebe sich verachtet müste schaun,
Was würde mich da nicht vor eine sehnsucht drücken,
Jch müste zeitlich mir mein grabmahl lassen baun.
Die wollust reitzet mich, sie zwingt mir fast die hände,
Und führt sie unvermerckt zu jenem paradieß,
Das schöne grentzen hat, und weissen marmel-wände,
Und wo der Adam sich selbst hin verleiten ließ.
Was fang ich hier nun an? dem zwang zu widerstreben
Jst zwar was löbliches, doch allzuschwer vor mich;
Jm paradiese kan man nicht ohn fehler leben,
Mit diesem tröst mein geist und kranckes hertze sich.
Uber
verliebte Gedichte.
Diß, was den ſchlaf verſtoͤrt, bey ſeite hier zu raͤumen,
Damit deſſelben lauff ja laͤnger ſich verzieh.
Jhr traͤume traͤnckt den geiſt mit ſchoͤnen phantaſien,
Kein luſtſpiel, das galant, muß hier vergeſſen ſeyn,
Damit des ſchlafes zeit ſich laͤnger kan verziehen,
Und durch ſein ſuͤſſes thun auch meinen geiſt erfreun.
Ach wuͤſte Chloris diß, daß hier mein auge wachte,
Und ihre ſchoͤnheit ſeh mit vollen augen an,
Daß hier mein hertz in ſich vor vielen freuden lachte,
So waͤrs um meine luſt und ihre gunſt gethan.
Der athem kuͤhlet hier die roſen-lichten lippen,
Es faͤllt der ſanffte wind auch denen wangen zu,
Und ſtoͤſt an ihre hoͤh als an zwo harte klippen,
Es laͤſt derſelb auch ſelbſt den bruͤſten keine ruh
Und bleht ſie immer auf; man ſiehet deſſen ſpielen
Als wie was ſchoͤnes an; doch ſolte meine hand
An dem, was hier zu ſehn, ſich nur ein wenig kuͤhlen,
So waͤr vom gluͤcke mir das beſte zugewandt.
Was rath iſt hier? ſoll ich mich etwas unterfangen?
Doch nein, die ehrbarkeit die tritt hier in das ſpiel,
Mich deucht, ſie ſpricht, wilſt du was liebes hier erlangen,
So warte biß dein ſtand und deine Chloris will.
Jedoch es wird zu lang, der himmel koͤnt es ſchicken,
Daß meine liebe ſich verachtet muͤſte ſchaun,
Was wuͤrde mich da nicht vor eine ſehnſucht druͤcken,
Jch muͤſte zeitlich mir mein grabmahl laſſen baun.
Die wolluſt reitzet mich, ſie zwingt mir faſt die haͤnde,
Und fuͤhrt ſie unvermerckt zu jenem paradieß,
Das ſchoͤne grentzen hat, und weiſſen marmel-waͤnde,
Und wo der Adam ſich ſelbſt hin verleiten ließ.
Was fang ich hier nun an? dem zwang zu widerſtreben
Jſt zwar was loͤbliches, doch allzuſchwer vor mich;
Jm paradieſe kan man nicht ohn fehler leben,
Mit dieſem troͤſt mein geiſt und kranckes hertze ſich.
Uber
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[15/0017] verliebte Gedichte. Diß, was den ſchlaf verſtoͤrt, bey ſeite hier zu raͤumen, Damit deſſelben lauff ja laͤnger ſich verzieh. Jhr traͤume traͤnckt den geiſt mit ſchoͤnen phantaſien, Kein luſtſpiel, das galant, muß hier vergeſſen ſeyn, Damit des ſchlafes zeit ſich laͤnger kan verziehen, Und durch ſein ſuͤſſes thun auch meinen geiſt erfreun. Ach wuͤſte Chloris diß, daß hier mein auge wachte, Und ihre ſchoͤnheit ſeh mit vollen augen an, Daß hier mein hertz in ſich vor vielen freuden lachte, So waͤrs um meine luſt und ihre gunſt gethan. Der athem kuͤhlet hier die roſen-lichten lippen, Es faͤllt der ſanffte wind auch denen wangen zu, Und ſtoͤſt an ihre hoͤh als an zwo harte klippen, Es laͤſt derſelb auch ſelbſt den bruͤſten keine ruh Und bleht ſie immer auf; man ſiehet deſſen ſpielen Als wie was ſchoͤnes an; doch ſolte meine hand An dem, was hier zu ſehn, ſich nur ein wenig kuͤhlen, So waͤr vom gluͤcke mir das beſte zugewandt. Was rath iſt hier? ſoll ich mich etwas unterfangen? Doch nein, die ehrbarkeit die tritt hier in das ſpiel, Mich deucht, ſie ſpricht, wilſt du was liebes hier erlangen, So warte biß dein ſtand und deine Chloris will. Jedoch es wird zu lang, der himmel koͤnt es ſchicken, Daß meine liebe ſich verachtet muͤſte ſchaun, Was wuͤrde mich da nicht vor eine ſehnſucht druͤcken, Jch muͤſte zeitlich mir mein grabmahl laſſen baun. Die wolluſt reitzet mich, ſie zwingt mir faſt die haͤnde, Und fuͤhrt ſie unvermerckt zu jenem paradieß, Das ſchoͤne grentzen hat, und weiſſen marmel-waͤnde, Und wo der Adam ſich ſelbſt hin verleiten ließ. Was fang ich hier nun an? dem zwang zu widerſtreben Jſt zwar was loͤbliches, doch allzuſchwer vor mich; Jm paradieſe kan man nicht ohn fehler leben, Mit dieſem troͤſt mein geiſt und kranckes hertze ſich. Uber

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/17>, abgerufen am 20.04.2024.