Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
So ists das nüchtern seyn. Offt sencken große geister,
Verstand, witz, muth und ernst in große gläser ein;
Wird der geliebte trunck des tapffren blutes meister,
So muß der helden-muth der sclaven diener seyn,
Und kennt sich selbsten nicht; Will andre zwar regieren,
Doch ist der volle leib den knechten unterthan;
Und soll man eine that mit klugen händen führen,
So greifft das düstre haupt die sache rückwerts an.
Jan Wilhelms thaten hat kein solcher schmutz beflecket,
Ein Printz, der redligkeit, der GOtt und tugend ehrt,
Der sein erhabnes ziel nicht an die erde stecket,
Fleucht das verdammte thun, so kluge sinnen stört:
Dis ists, das, Wilhelm! dich in großer Fürsten orden,
Gleich als das sonnen-licht, zum sternen-reihen bringt;
Dis ists, wodurch dein preis dem himmel ähnlich worden,
Der mit vermehrtem schein, durch ost und westen dringt.
Es ehret dich die welt und mischet mit der liebe
Die ungezwungne furcht; Es siehet dich der knecht
Als seinen Fürsten an, doch in dem ehren-triebe
Legt deine sanfftmuth ihm ein unverhofftes recht
Getreuer freundschafft bey; dis sind die göldne schlingen,
Jn welche sich die welt mit ihrer freyheit schmiegt;
So läst das niedre volck die blöden hertzen zwingen,
Wenn sie kein strenges wort, nur huld und gunst besiegt.
Will sich Caligula nichts an die liebe kehren,
Und glaubet, daß sein thron genug beschützet sey,
Wenn ihn der unterthan mit banger furcht muß ehren,
Setzt sich ein grimmer haß schon allen pflichten bey;
So will ein Titus doch den scepter fester halten,
Wenn ihn das frohe Rom die lust der erde nennt.
Trajanus kan sein reich in fichrer macht verwalten,
Wenn die verbundne welt ihn als den besten kennt;
Jan Wilhelm! deine gunst dringt durch die theuren seelen,
Gleich als ein frischer thau in dürre furchen ein,
Du liebst, und wirst geliebt, und wenn sich andre quälen,
Daß sie auf ihrem stuhl nicht können sicher seyn,
So schützt die liebe dich. Doch nicht nur bey den kleinen,
So die ergebenheit zu ihren pflichten zwingt;
Auch
Begraͤbniß-Gedichte.
So iſts das nuͤchtern ſeyn. Offt ſencken große geiſter,
Verſtand, witz, muth und ernſt in große glaͤſer ein;
Wird der geliebte trunck des tapffren blutes meiſter,
So muß der helden-muth der ſclaven diener ſeyn,
Und kennt ſich ſelbſten nicht; Will andre zwar regieren,
Doch iſt der volle leib den knechten unterthan;
Und ſoll man eine that mit klugen haͤnden fuͤhren,
So greifft das duͤſtre haupt die ſache ruͤckwerts an.
Jan Wilhelms thaten hat kein ſolcher ſchmutz beflecket,
Ein Printz, der redligkeit, der GOtt und tugend ehrt,
Der ſein erhabnes ziel nicht an die erde ſtecket,
Fleucht das verdammte thun, ſo kluge ſinnen ſtoͤrt:
Dis iſts, das, Wilhelm! dich in großer Fuͤrſten orden,
Gleich als das ſonnen-licht, zum ſternen-reihen bringt;
Dis iſts, wodurch dein preis dem himmel aͤhnlich worden,
Der mit vermehrtem ſchein, durch oſt und weſten dringt.
Es ehret dich die welt und miſchet mit der liebe
Die ungezwungne furcht; Es ſiehet dich der knecht
Als ſeinen Fuͤrſten an, doch in dem ehren-triebe
Legt deine ſanfftmuth ihm ein unverhofftes recht
Getreuer freundſchafft bey; dis ſind die goͤldne ſchlingen,
Jn welche ſich die welt mit ihrer freyheit ſchmiegt;
So laͤſt das niedre volck die bloͤden hertzen zwingen,
Wenn ſie kein ſtrenges wort, nur huld und gunſt beſiegt.
Will ſich Caligula nichts an die liebe kehren,
Und glaubet, daß ſein thron genug beſchuͤtzet ſey,
Wenn ihn der unterthan mit banger furcht muß ehren,
Setzt ſich ein grimmer haß ſchon allen pflichten bey;
So will ein Titus doch den ſcepter feſter halten,
Wenn ihn das frohe Rom die luſt der erde nennt.
Trajanus kan ſein reich in fichrer macht verwalten,
Wenn die verbundne welt ihn als den beſten kennt;
Jan Wilhelm! deine gunſt dringt durch die theuren ſeelen,
Gleich als ein friſcher thau in duͤrre furchen ein,
Du liebſt, und wirſt geliebt, und wenn ſich andre quaͤlen,
Daß ſie auf ihrem ſtuhl nicht koͤnnen ſicher ſeyn,
So ſchuͤtzt die liebe dich. Doch nicht nur bey den kleinen,
So die ergebenheit zu ihren pflichten zwingt;
Auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0146" n="144"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>So i&#x017F;ts das nu&#x0364;chtern &#x017F;eyn. Offt &#x017F;encken große gei&#x017F;ter,</l><lb/>
          <l>Ver&#x017F;tand, witz, muth und ern&#x017F;t in große gla&#x0364;&#x017F;er ein;</l><lb/>
          <l>Wird der geliebte trunck des tapffren blutes mei&#x017F;ter,</l><lb/>
          <l>So muß der helden-muth der &#x017F;claven diener &#x017F;eyn,</l><lb/>
          <l>Und kennt &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten nicht; Will andre zwar regieren,</l><lb/>
          <l>Doch i&#x017F;t der volle leib den knechten unterthan;</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;oll man eine that mit klugen ha&#x0364;nden fu&#x0364;hren,</l><lb/>
          <l>So greifft das du&#x0364;&#x017F;tre haupt die &#x017F;ache ru&#x0364;ckwerts an.</l><lb/>
          <l>Jan Wilhelms thaten hat kein &#x017F;olcher &#x017F;chmutz beflecket,</l><lb/>
          <l>Ein Printz, der redligkeit, der GOtt und tugend ehrt,</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;ein erhabnes ziel nicht an die erde &#x017F;tecket,</l><lb/>
          <l>Fleucht das verdammte thun, &#x017F;o kluge &#x017F;innen &#x017F;to&#x0364;rt:</l><lb/>
          <l>Dis i&#x017F;ts, das, Wilhelm! dich in großer Fu&#x0364;r&#x017F;ten orden,</l><lb/>
          <l>Gleich als das &#x017F;onnen-licht, zum &#x017F;ternen-reihen bringt;</l><lb/>
          <l>Dis i&#x017F;ts, wodurch dein preis dem himmel a&#x0364;hnlich worden,</l><lb/>
          <l>Der mit vermehrtem &#x017F;chein, durch o&#x017F;t und we&#x017F;ten dringt.</l><lb/>
          <l>Es ehret dich die welt und mi&#x017F;chet mit der liebe</l><lb/>
          <l>Die ungezwungne furcht; Es &#x017F;iehet dich der knecht</l><lb/>
          <l>Als &#x017F;einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten an, doch in dem ehren-triebe</l><lb/>
          <l>Legt deine &#x017F;anfftmuth ihm ein unverhofftes recht</l><lb/>
          <l>Getreuer freund&#x017F;chafft bey; dis &#x017F;ind die go&#x0364;ldne &#x017F;chlingen,</l><lb/>
          <l>Jn welche &#x017F;ich die welt mit ihrer freyheit &#x017F;chmiegt;</l><lb/>
          <l>So la&#x0364;&#x017F;t das niedre volck die blo&#x0364;den hertzen zwingen,</l><lb/>
          <l>Wenn &#x017F;ie kein &#x017F;trenges wort, nur huld und gun&#x017F;t be&#x017F;iegt.</l><lb/>
          <l>Will &#x017F;ich Caligula nichts an die liebe kehren,</l><lb/>
          <l>Und glaubet, daß &#x017F;ein thron genug be&#x017F;chu&#x0364;tzet &#x017F;ey,</l><lb/>
          <l>Wenn ihn der unterthan mit banger furcht muß ehren,</l><lb/>
          <l>Setzt &#x017F;ich ein grimmer haß &#x017F;chon allen pflichten bey;</l><lb/>
          <l>So will ein Titus doch den &#x017F;cepter fe&#x017F;ter halten,</l><lb/>
          <l>Wenn ihn das frohe Rom die lu&#x017F;t der erde nennt.</l><lb/>
          <l>Trajanus kan &#x017F;ein reich in fichrer macht verwalten,</l><lb/>
          <l>Wenn die verbundne welt ihn als den be&#x017F;ten kennt;</l><lb/>
          <l>Jan Wilhelm! deine gun&#x017F;t dringt durch die theuren &#x017F;eelen,</l><lb/>
          <l>Gleich als ein fri&#x017F;cher thau in du&#x0364;rre furchen ein,</l><lb/>
          <l>Du lieb&#x017F;t, und wir&#x017F;t geliebt, und wenn &#x017F;ich andre qua&#x0364;len,</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie auf ihrem &#x017F;tuhl nicht ko&#x0364;nnen &#x017F;icher &#x017F;eyn,</l><lb/>
          <l>So &#x017F;chu&#x0364;tzt die liebe dich. Doch nicht nur bey den kleinen,</l><lb/>
          <l>So die ergebenheit zu ihren pflichten zwingt;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Auch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0146] Begraͤbniß-Gedichte. So iſts das nuͤchtern ſeyn. Offt ſencken große geiſter, Verſtand, witz, muth und ernſt in große glaͤſer ein; Wird der geliebte trunck des tapffren blutes meiſter, So muß der helden-muth der ſclaven diener ſeyn, Und kennt ſich ſelbſten nicht; Will andre zwar regieren, Doch iſt der volle leib den knechten unterthan; Und ſoll man eine that mit klugen haͤnden fuͤhren, So greifft das duͤſtre haupt die ſache ruͤckwerts an. Jan Wilhelms thaten hat kein ſolcher ſchmutz beflecket, Ein Printz, der redligkeit, der GOtt und tugend ehrt, Der ſein erhabnes ziel nicht an die erde ſtecket, Fleucht das verdammte thun, ſo kluge ſinnen ſtoͤrt: Dis iſts, das, Wilhelm! dich in großer Fuͤrſten orden, Gleich als das ſonnen-licht, zum ſternen-reihen bringt; Dis iſts, wodurch dein preis dem himmel aͤhnlich worden, Der mit vermehrtem ſchein, durch oſt und weſten dringt. Es ehret dich die welt und miſchet mit der liebe Die ungezwungne furcht; Es ſiehet dich der knecht Als ſeinen Fuͤrſten an, doch in dem ehren-triebe Legt deine ſanfftmuth ihm ein unverhofftes recht Getreuer freundſchafft bey; dis ſind die goͤldne ſchlingen, Jn welche ſich die welt mit ihrer freyheit ſchmiegt; So laͤſt das niedre volck die bloͤden hertzen zwingen, Wenn ſie kein ſtrenges wort, nur huld und gunſt beſiegt. Will ſich Caligula nichts an die liebe kehren, Und glaubet, daß ſein thron genug beſchuͤtzet ſey, Wenn ihn der unterthan mit banger furcht muß ehren, Setzt ſich ein grimmer haß ſchon allen pflichten bey; So will ein Titus doch den ſcepter feſter halten, Wenn ihn das frohe Rom die luſt der erde nennt. Trajanus kan ſein reich in fichrer macht verwalten, Wenn die verbundne welt ihn als den beſten kennt; Jan Wilhelm! deine gunſt dringt durch die theuren ſeelen, Gleich als ein friſcher thau in duͤrre furchen ein, Du liebſt, und wirſt geliebt, und wenn ſich andre quaͤlen, Daß ſie auf ihrem ſtuhl nicht koͤnnen ſicher ſeyn, So ſchuͤtzt die liebe dich. Doch nicht nur bey den kleinen, So die ergebenheit zu ihren pflichten zwingt; Auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/146
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/146>, abgerufen am 06.05.2024.