Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Begräbniß-Gedichte.
Muß in der wieg und an der brust verderben.
Ach aber! was vor schmertz
Trifft denn der eltern hertz,
Wenn, wie allhier, ein großer sohn muß sterben.

7.
Er war ein baum, da man nach voller blüt
Viel schöne früchte sieht,
Und allbereits kan auf den nutzen dencken.
Er war ein reiches schiff,
Das schon in hafen lief;
Was könte mehr die frommen eltern kräncken?
8.
Doch nur getrost! wo dient allhier ein ort,
Zu einem sichern port?
Schaut über euch, da seht ihr ihn anländen,
Dort blüht er für und für,
Und seiner früchte zier
Bleibt wohl verwahrt in JEsus treuen händen.
9.
Er triumphirt, nachdem er selber siegt,
Und die, so ihn bekriegt,
Tod, sünd und welt hat in die flucht geschlagen;
Er führt ein sieges-pfand
Von palmen in der hand;
Wie! wollen sie noch länger ihn beklagen?
10.
Triumph, triumph! so siegt ihr Sohn und wir;
GOtt sey gedanckt dafür!
Dort ist der Türck und hier der tod vertrieben;
Wie solten wir allein
Noch ferner traurig seyn?
Jhr lieber Sohn ist GOtt zur beute blieben.
Die

Begraͤbniß-Gedichte.
Muß in der wieg und an der bruſt verderben.
Ach aber! was vor ſchmertz
Trifft denn der eltern hertz,
Wenn, wie allhier, ein großer ſohn muß ſterben.

7.
Er war ein baum, da man nach voller bluͤt
Viel ſchoͤne fruͤchte ſieht,
Und allbereits kan auf den nutzen dencken.
Er war ein reiches ſchiff,
Das ſchon in hafen lief;
Was koͤnte mehr die frommen eltern kraͤncken?
8.
Doch nur getroſt! wo dient allhier ein ort,
Zu einem ſichern port?
Schaut uͤber euch, da ſeht ihr ihn anlaͤnden,
Dort bluͤht er fuͤr und fuͤr,
Und ſeiner fruͤchte zier
Bleibt wohl verwahrt in JEſus treuen haͤnden.
9.
Er triumphirt, nachdem er ſelber ſiegt,
Und die, ſo ihn bekriegt,
Tod, ſuͤnd und welt hat in die flucht geſchlagen;
Er fuͤhrt ein ſieges-pfand
Von palmen in der hand;
Wie! wollen ſie noch laͤnger ihn beklagen?
10.
Triumph, triumph! ſo ſiegt ihr Sohn und wir;
GOtt ſey gedanckt dafuͤr!
Dort iſt der Tuͤrck und hier der tod vertrieben;
Wie ſolten wir allein
Noch ferner traurig ſeyn?
Jhr lieber Sohn iſt GOtt zur beute blieben.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="6">
            <pb facs="#f0122" n="120"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Muß in der wieg und an der bru&#x017F;t verderben.</l><lb/>
            <l>Ach aber! was vor &#x017F;chmertz</l><lb/>
            <l>Trifft denn der eltern hertz,</l><lb/>
            <l>Wenn, wie allhier, ein großer &#x017F;ohn muß &#x017F;terben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <head> <hi rendition="#c">7.</hi> </head><lb/>
            <l>Er war ein baum, da man nach voller blu&#x0364;t</l><lb/>
            <l>Viel &#x017F;cho&#x0364;ne fru&#x0364;chte &#x017F;ieht,</l><lb/>
            <l>Und allbereits kan auf den nutzen dencken.</l><lb/>
            <l>Er war ein reiches &#x017F;chiff,</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;chon in hafen lief;</l><lb/>
            <l>Was ko&#x0364;nte mehr die frommen eltern kra&#x0364;ncken?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <head> <hi rendition="#c">8.</hi> </head><lb/>
            <l>Doch nur getro&#x017F;t! wo dient allhier ein ort,</l><lb/>
            <l>Zu einem &#x017F;ichern port?</l><lb/>
            <l>Schaut u&#x0364;ber euch, da &#x017F;eht ihr ihn anla&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>Dort blu&#x0364;ht er fu&#x0364;r und fu&#x0364;r,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;einer fru&#x0364;chte zier</l><lb/>
            <l>Bleibt wohl verwahrt in JE&#x017F;us treuen ha&#x0364;nden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <head> <hi rendition="#c">9.</hi> </head><lb/>
            <l>Er triumphirt, nachdem er &#x017F;elber &#x017F;iegt,</l><lb/>
            <l>Und die, &#x017F;o ihn bekriegt,</l><lb/>
            <l>Tod, &#x017F;u&#x0364;nd und welt hat in die flucht ge&#x017F;chlagen;</l><lb/>
            <l>Er fu&#x0364;hrt ein &#x017F;ieges-pfand</l><lb/>
            <l>Von palmen in der hand;</l><lb/>
            <l>Wie! wollen &#x017F;ie noch la&#x0364;nger ihn beklagen?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <head> <hi rendition="#c">10.</hi> </head><lb/>
            <l>Triumph, triumph! &#x017F;o &#x017F;iegt ihr Sohn und wir;</l><lb/>
            <l>GOtt &#x017F;ey gedanckt dafu&#x0364;r!</l><lb/>
            <l>Dort i&#x017F;t der Tu&#x0364;rck und hier der tod vertrieben;</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;olten wir allein</l><lb/>
            <l>Noch ferner traurig &#x017F;eyn?</l><lb/>
            <l>Jhr lieber Sohn i&#x017F;t GOtt zur beute blieben.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0122] Begraͤbniß-Gedichte. Muß in der wieg und an der bruſt verderben. Ach aber! was vor ſchmertz Trifft denn der eltern hertz, Wenn, wie allhier, ein großer ſohn muß ſterben. 7. Er war ein baum, da man nach voller bluͤt Viel ſchoͤne fruͤchte ſieht, Und allbereits kan auf den nutzen dencken. Er war ein reiches ſchiff, Das ſchon in hafen lief; Was koͤnte mehr die frommen eltern kraͤncken? 8. Doch nur getroſt! wo dient allhier ein ort, Zu einem ſichern port? Schaut uͤber euch, da ſeht ihr ihn anlaͤnden, Dort bluͤht er fuͤr und fuͤr, Und ſeiner fruͤchte zier Bleibt wohl verwahrt in JEſus treuen haͤnden. 9. Er triumphirt, nachdem er ſelber ſiegt, Und die, ſo ihn bekriegt, Tod, ſuͤnd und welt hat in die flucht geſchlagen; Er fuͤhrt ein ſieges-pfand Von palmen in der hand; Wie! wollen ſie noch laͤnger ihn beklagen? 10. Triumph, triumph! ſo ſiegt ihr Sohn und wir; GOtt ſey gedanckt dafuͤr! Dort iſt der Tuͤrck und hier der tod vertrieben; Wie ſolten wir allein Noch ferner traurig ſeyn? Jhr lieber Sohn iſt GOtt zur beute blieben. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/122
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/122>, abgerufen am 05.05.2024.