Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.verliebte Gedichte. Allein/ wer weiß ob du auch wirst genade finden/Wer weiß/ ob deine schrifft ihr schönes auge liest? Vielleicht verhindert sie ein nenerwehltes lieben/ Ein langer weiberrock bedeckt offt kurtze treu; Vielleichte bin ich längst zu denen eingeschrieben/ Die man vergessen hat; ich fürchte vielerley: Es kan Liticenat sie überwunden haben; Es kan auch Hermion ihr liebster diener seyn; Es kan ein fremder sich an ihrer liebe laben; Es kan auch wol ein Freund mir das verderben dreun; Ach schmertz! ist dieses wahr/ so wünsch' ich zu erbleichen/ So such ich mir den tod; mein leben würde doch Nur einer marterbanck/ ja einer höllen/ gleichen/ Wo schwartze traurigkeit/ wo kummer und was noch Weit schrecklicher/ als die verzweifflung das gewissen/ Die grausen hencker sind. Ach himmel! laß mich ja Vielehe durch den tod die matten augen schliessen/ Wovon Lisetten mir dergleichen unfall nah. Doch wo gerath' ich hin? was bildet meinen sinnen/ Von falscher wanckelmuth mein schweres leiden ein? Ach schönstes kind verzeih! du weist/ es muß hierinnen Ein recht verliebter geist offt etwas zärtlich seyn. Vergib der treuen hand/ wo sie zu viel geschrieben/ Auch ihr verbrechen stellt die grosse treue dar; Jch weiß es/ daß du mir annoch getreu verblieben; Allein die liebe sieht vielmehr auf die gefahr/ Jn die sie fallen kan; versichre mich mein leben/ Schreib nur drey worte her: Lisette bleibt getreu: So will ich ferner nicht der furcht gehöre geben/ So lebet meine brust von allem zweiffel frey. Wiewol es ist zu viel; ich darff es nicht begehren/ Daß deine schöne hand mich durch das schreiben ehrt/ Denn pflegt man sclaven wol dergleichen zu gewehren? Jch will zu frieden seyn/ ist nur mein wunsch erhört; Behalte schönstes kind/ nur stets das alte wesen/ So bleibt zum wenigsten mein hoffen unverrückt; Und C 5
verliebte Gedichte. Allein/ wer weiß ob du auch wirſt genade finden/Wer weiß/ ob deine ſchrifft ihr ſchoͤnes auge lieſt? Vielleicht verhindert ſie ein nenerwehltes lieben/ Ein langer weiberrock bedeckt offt kurtze treu; Vielleichte bin ich laͤngſt zu denen eingeſchrieben/ Die man vergeſſen hat; ich fuͤrchte vielerley: Es kan Liticenat ſie uͤberwunden haben; Es kan auch Hermion ihr liebſter diener ſeyn; Es kan ein fremder ſich an ihrer liebe laben; Es kan auch wol ein Freund mir das verderben dreun; Ach ſchmertz! iſt dieſes wahr/ ſo wuͤnſch’ ich zu erbleichen/ So ſuch ich mir den tod; mein leben wuͤrde doch Nur einer marterbanck/ ja einer hoͤllen/ gleichen/ Wo ſchwartze traurigkeit/ wo kummer und was noch Weit ſchrecklicher/ als die verzweifflung das gewiſſen/ Die grauſen hencker ſind. Ach himmel! laß mich ja Vielehe durch den tod die matten augen ſchlieſſen/ Wovon Liſetten mir dergleichen unfall nah. Doch wo gerath’ ich hin? was bildet meinen ſinnen/ Von falſcher wanckelmuth mein ſchweres leiden ein? Ach ſchoͤnſtes kind verzeih! du weiſt/ es muß hierinnen Ein recht verliebter geiſt offt etwas zaͤrtlich ſeyn. Vergib der treuen hand/ wo ſie zu viel geſchrieben/ Auch ihr verbrechen ſtellt die groſſe treue dar; Jch weiß es/ daß du mir annoch getreu verblieben; Allein die liebe ſieht vielmehr auf die gefahr/ Jn die ſie fallen kan; verſichre mich mein leben/ Schreib nur drey worte her: Liſette bleibt getreu: So will ich ferner nicht der furcht gehoͤre geben/ So lebet meine bruſt von allem zweiffel frey. Wiewol es iſt zu viel; ich darff es nicht begehren/ Daß deine ſchoͤne hand mich durch das ſchreiben ehrt/ Denn pflegt man ſclaven wol dergleichen zu gewehren? Jch will zu frieden ſeyn/ iſt nur mein wunſch erhoͤrt; Behalte ſchoͤnſtes kind/ nur ſtets das alte weſen/ So bleibt zum wenigſten mein hoffen unverruͤckt; Und C 5
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verliebte Gedichte.
Allein/ wer weiß ob du auch wirſt genade finden/
Wer weiß/ ob deine ſchrifft ihr ſchoͤnes auge lieſt?
Vielleicht verhindert ſie ein nenerwehltes lieben/
Ein langer weiberrock bedeckt offt kurtze treu;
Vielleichte bin ich laͤngſt zu denen eingeſchrieben/
Die man vergeſſen hat; ich fuͤrchte vielerley:
Es kan Liticenat ſie uͤberwunden haben;
Es kan auch Hermion ihr liebſter diener ſeyn;
Es kan ein fremder ſich an ihrer liebe laben;
Es kan auch wol ein Freund mir das verderben dreun;
Ach ſchmertz! iſt dieſes wahr/ ſo wuͤnſch’ ich zu erbleichen/
So ſuch ich mir den tod; mein leben wuͤrde doch
Nur einer marterbanck/ ja einer hoͤllen/ gleichen/
Wo ſchwartze traurigkeit/ wo kummer und was noch
Weit ſchrecklicher/ als die verzweifflung das gewiſſen/
Die grauſen hencker ſind. Ach himmel! laß mich ja
Vielehe durch den tod die matten augen ſchlieſſen/
Wovon Liſetten mir dergleichen unfall nah.
Doch wo gerath’ ich hin? was bildet meinen ſinnen/
Von falſcher wanckelmuth mein ſchweres leiden ein?
Ach ſchoͤnſtes kind verzeih! du weiſt/ es muß hierinnen
Ein recht verliebter geiſt offt etwas zaͤrtlich ſeyn.
Vergib der treuen hand/ wo ſie zu viel geſchrieben/
Auch ihr verbrechen ſtellt die groſſe treue dar;
Jch weiß es/ daß du mir annoch getreu verblieben;
Allein die liebe ſieht vielmehr auf die gefahr/
Jn die ſie fallen kan; verſichre mich mein leben/
Schreib nur drey worte her: Liſette bleibt getreu:
So will ich ferner nicht der furcht gehoͤre geben/
So lebet meine bruſt von allem zweiffel frey.
Wiewol es iſt zu viel; ich darff es nicht begehren/
Daß deine ſchoͤne hand mich durch das ſchreiben ehrt/
Denn pflegt man ſclaven wol dergleichen zu gewehren?
Jch will zu frieden ſeyn/ iſt nur mein wunſch erhoͤrt;
Behalte ſchoͤnſtes kind/ nur ſtets das alte weſen/
So bleibt zum wenigſten mein hoffen unverruͤckt;
Und
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