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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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verliebte Gedichte.
Und zeigst wie sonst/ die lust ob meiner ankunft an?
Was fehlt dir? bistu kranck? kanst du nicht nachricht geben?
Hastu vielleichte dir im springen wehgethan?
Als du dich auf den schooß der schönen wollen heben/
Und fehlgesprungen bist? hastu dir was verstaucht?
(Gar leicht kan ihm' ein hund den hinterfuß verrencken)
Hat dich vielleicht jemand ins Wasser eingetaucht/
Und deine freundlichkeit dadurch gesucht zu kräncken/
Daß du deswegen noch voll zorn und galle bist/
Wer sagt es endlich mir? sinds auch wol liebes-schläge/
Worüber du dich hast so ungemein entrüst/
Die ich bey Clelien dir brachte nechst zu wege?
Es ist ja irgend auch nicht gar die eyfersucht?
Die meinetwegen will in dir itzt galle kochen/
Weil ich bey Clelien/ der lippen süsse frucht/
Jn deiner gegenwart so offtmahls abgebrochen.
Auf daß man aber recht des traurens grund erfährt/
So laß mich deine Füß' und deine beyde klauen/
Den bauch (den Clelie vor andern hält so wehrt/)
Den kopf/ und was an dir/ itzund haarklein beschauen.
Was gilts/ so find ich bald den dir verhasten gast/
Doch aber mustu mich bey leibe ja nicht beissen/
(Zumahl wo du auf mich ein häckgen irgend hast)
Noch auch vielweniger zum possen gar be - -
Nun gib die pfoten her! die sind ja gantz gesund:
Laß auch den bauch beschaun/ den nabel und die sachen/
Die dessen nachbarn sind! doch hier ist auch nichts wund/
Als dies/ das die natur hat selbst so wollen machen.
Wie stehts denn um das maul? hastu die zähne noch?
Sind auch die ohren gantz? hastu noch alle haare?
Auch diese stehn noch wol: woher kommts aber doch/
Daß du den kopff so hängst? sags! sags! daß ichs erfahre.
Jtzt fallen allererst mir auch die augen ein/
(Jch hätte büßlich sie im augenblick vergessen)
Mich deucht! mich deucht! allhier wirds rechte fleckgen
seyn/
Darum dich/ mein L' Amour, der kummer auf will fressen.

Jch
Hofm. w. IV. Th. C

verliebte Gedichte.
Und zeigſt wie ſonſt/ die luſt ob meiner ankunft an?
Was fehlt dir? biſtu kranck? kanſt du nicht nachricht geben?
Haſtu vielleichte dir im ſpringen wehgethan?
Als du dich auf den ſchooß der ſchoͤnen wollen heben/
Und fehlgeſprungen biſt? haſtu dir was verſtaucht?
(Gar leicht kan ihm’ ein hund den hinterfuß verrencken)
Hat dich vielleicht jemand ins Waſſer eingetaucht/
Und deine freundlichkeit dadurch geſucht zu kraͤncken/
Daß du deswegen noch voll zorn und galle biſt/
Wer ſagt es endlich mir? ſinds auch wol liebes-ſchlaͤge/
Woruͤber du dich haſt ſo ungemein entruͤſt/
Die ich bey Clelien dir brachte nechſt zu wege?
Es iſt ja irgend auch nicht gar die eyferſucht?
Die meinetwegen will in dir itzt galle kochen/
Weil ich bey Clelien/ der lippen ſuͤſſe frucht/
Jn deiner gegenwart ſo offtmahls abgebrochen.
Auf daß man aber recht des traurens grund erfaͤhrt/
So laß mich deine Fuͤß’ und deine beyde klauen/
Den bauch (den Clelie vor andern haͤlt ſo wehrt/)
Den kopf/ und was an dir/ itzund haarklein beſchauen.
Was gilts/ ſo find ich bald den dir verhaſten gaſt/
Doch aber muſtu mich bey leibe ja nicht beiſſen/
(Zumahl wo du auf mich ein haͤckgen irgend haſt)
Noch auch vielweniger zum poſſen gar be ‒ ‒
Nun gib die pfoten her! die ſind ja gantz geſund:
Laß auch den bauch beſchaun/ den nabel und die ſachen/
Die deſſen nachbarn ſind! doch hier iſt auch nichts wund/
Als dies/ das die natur hat ſelbſt ſo wollen machen.
Wie ſtehts denn um das maul? haſtu die zaͤhne noch?
Sind auch die ohren gantz? haſtu noch alle haare?
Auch dieſe ſtehn noch wol: woher kommts aber doch/
Daß du den kopff ſo haͤngſt? ſags! ſags! daß ichs erfahre.
Jtzt fallen allererſt mir auch die augen ein/
(Jch haͤtte buͤßlich ſie im augenblick vergeſſen)
Mich deucht! mich deucht! allhier wirds rechte fleckgen
ſeyn/
Darum dich/ mein L’ Amour, der kummer auf will freſſen.

Jch
Hofm. w. IV. Th. C
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[33/0035] verliebte Gedichte. Und zeigſt wie ſonſt/ die luſt ob meiner ankunft an? Was fehlt dir? biſtu kranck? kanſt du nicht nachricht geben? Haſtu vielleichte dir im ſpringen wehgethan? Als du dich auf den ſchooß der ſchoͤnen wollen heben/ Und fehlgeſprungen biſt? haſtu dir was verſtaucht? (Gar leicht kan ihm’ ein hund den hinterfuß verrencken) Hat dich vielleicht jemand ins Waſſer eingetaucht/ Und deine freundlichkeit dadurch geſucht zu kraͤncken/ Daß du deswegen noch voll zorn und galle biſt/ Wer ſagt es endlich mir? ſinds auch wol liebes-ſchlaͤge/ Woruͤber du dich haſt ſo ungemein entruͤſt/ Die ich bey Clelien dir brachte nechſt zu wege? Es iſt ja irgend auch nicht gar die eyferſucht? Die meinetwegen will in dir itzt galle kochen/ Weil ich bey Clelien/ der lippen ſuͤſſe frucht/ Jn deiner gegenwart ſo offtmahls abgebrochen. Auf daß man aber recht des traurens grund erfaͤhrt/ So laß mich deine Fuͤß’ und deine beyde klauen/ Den bauch (den Clelie vor andern haͤlt ſo wehrt/) Den kopf/ und was an dir/ itzund haarklein beſchauen. Was gilts/ ſo find ich bald den dir verhaſten gaſt/ Doch aber muſtu mich bey leibe ja nicht beiſſen/ (Zumahl wo du auf mich ein haͤckgen irgend haſt) Noch auch vielweniger zum poſſen gar be ‒ ‒ Nun gib die pfoten her! die ſind ja gantz geſund: Laß auch den bauch beſchaun/ den nabel und die ſachen/ Die deſſen nachbarn ſind! doch hier iſt auch nichts wund/ Als dies/ das die natur hat ſelbſt ſo wollen machen. Wie ſtehts denn um das maul? haſtu die zaͤhne noch? Sind auch die ohren gantz? haſtu noch alle haare? Auch dieſe ſtehn noch wol: woher kommts aber doch/ Daß du den kopff ſo haͤngſt? ſags! ſags! daß ichs erfahre. Jtzt fallen allererſt mir auch die augen ein/ (Jch haͤtte buͤßlich ſie im augenblick vergeſſen) Mich deucht! mich deucht! allhier wirds rechte fleckgen ſeyn/ Darum dich/ mein L’ Amour, der kummer auf will freſſen. Jch Hofm. w. IV. Th. C

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/35>, abgerufen am 24.04.2024.