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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Vermischte Gedichte.
Ein jeder hat auf sie den schärffsten pfeil gespitzt:
Das macht es kan die welt nicht diesen ruhm erdulden/
Den ihm' ein Advocat in seinem leben macht:
Wenn andre gegen GOtt und menschen sich verschul-
den/
So nimmt er überall gerechtigkeit inacht.
Jhr spötter lachet zwar/ doch les't nur diese zeilen;
Hier wird ihr lebens-lauff euch etwas dargestellt/
Wer sich im urtheil pflegt/ wie ihr zu übereilen/
Der ist dem hunde gleich/ der auf den monden bellt:
Wer lacht nicht über ihn und dessen unterfangen?
Da seiue unvernunfft doch nicht den monden kennt/
Jhr auch müst spott und hohn zu eurer straff erlangen/
Weil eure tumheit nur aus blindem eifer brennt;
Jhr wißt die rechte nicht/ ihr kennt nicht die Juristen/
Jhr wisset warlich nicht/ was sie vor leute seyn;
Und dennoch tadelt ihr/ und heist sie böse Christen/
Warum? sie stimmen nicht mit eurem heucheln ein.
Juristen reden frey/ wenn sie Processe führen/
So fragen sie zuerst: ist der Cliente reich?
Nicht daß man ihnen soll die hände wacker schmieren/
Damit sie grades krumm und krummes machen gleich:
Nein/ sondern weil man itzt muß alles teuer kauffen/
Der streu-sand/ federn/ dint/ gestempeltes papier/
Bind-faden/ siegel-lack und was man sonst mit hauffen
Jn solchen fällen braucht/ wie auch die schreib-gebühr.
So kans nicht anders seyn/ es muß nur der Cliente
Den steiffen beutel ziehn/ und geben/ was er soll;
Gewinnt er den proceß/ so macht die fette rente
Den ausgeleerten sack ihm leichtlich wieder voll.
Gewinnt er aber nicht/ so kan er sich doch freuen/
Daß ihn der himmel hat zum werckzeug auserwehlt/
Wodurch er diese wil mit seegen überstreuen/
Durch deren hülff' es noch am rechte nie gefehlt.
Alsdenn pflegt der Proceß sich erst recht anzuheben:
Da Parthen beyderseits wird ein Termin gesetzt;

Wer

Vermiſchte Gedichte.
Ein jeder hat auf ſie den ſchaͤrffſten pfeil geſpitzt:
Das macht es kan die welt nicht dieſen ruhm erdulden/
Den ihm’ ein Advocat in ſeinem leben macht:
Wenn andre gegen GOtt und menſchen ſich verſchul-
den/
So nimmt er uͤberall gerechtigkeit inacht.
Jhr ſpoͤtter lachet zwar/ doch leſ’t nur dieſe zeilen;
Hier wird ihr lebens-lauff euch etwas dargeſtellt/
Wer ſich im urtheil pflegt/ wie ihr zu uͤbereilen/
Der iſt dem hunde gleich/ der auf den monden bellt:
Wer lacht nicht uͤber ihn und deſſen unterfangen?
Da ſeiue unvernunfft doch nicht den monden kennt/
Jhr auch muͤſt ſpott und hohn zu eurer ſtraff erlangen/
Weil eure tumheit nur aus blindem eifer brennt;
Jhr wißt die rechte nicht/ ihr kennt nicht die Juriſten/
Jhr wiſſet warlich nicht/ was ſie vor leute ſeyn;
Und dennoch tadelt ihr/ und heiſt ſie boͤſe Chriſten/
Warum? ſie ſtimmen nicht mit eurem heucheln ein.
Juriſten reden frey/ wenn ſie Proceſſe fuͤhren/
So fragen ſie zuerſt: iſt der Cliente reich?
Nicht daß man ihnen ſoll die haͤnde wacker ſchmieren/
Damit ſie grades krumm und krummes machen gleich:
Nein/ ſondern weil man itzt muß alles teuer kauffen/
Der ſtreu-ſand/ federn/ dint/ geſtempeltes papier/
Bind-faden/ ſiegel-lack und was man ſonſt mit hauffen
Jn ſolchen faͤllen braucht/ wie auch die ſchreib-gebuͤhr.
So kans nicht anders ſeyn/ es muß nur der Cliente
Den ſteiffen beutel ziehn/ und geben/ was er ſoll;
Gewinnt er den proceß/ ſo macht die fette rente
Den ausgeleerten ſack ihm leichtlich wieder voll.
Gewinnt er aber nicht/ ſo kan er ſich doch freuen/
Daß ihn der himmel hat zum werckzeug auserwehlt/
Wodurch er dieſe wil mit ſeegen uͤberſtreuen/
Durch deren huͤlff’ es noch am rechte nie gefehlt.
Alsdenn pflegt der Proceß ſich erſt recht anzuheben:
Da Parthen beyderſeits wird ein Termin geſetzt;

Wer
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[334/0336] Vermiſchte Gedichte. Ein jeder hat auf ſie den ſchaͤrffſten pfeil geſpitzt: Das macht es kan die welt nicht dieſen ruhm erdulden/ Den ihm’ ein Advocat in ſeinem leben macht: Wenn andre gegen GOtt und menſchen ſich verſchul- den/ So nimmt er uͤberall gerechtigkeit inacht. Jhr ſpoͤtter lachet zwar/ doch leſ’t nur dieſe zeilen; Hier wird ihr lebens-lauff euch etwas dargeſtellt/ Wer ſich im urtheil pflegt/ wie ihr zu uͤbereilen/ Der iſt dem hunde gleich/ der auf den monden bellt: Wer lacht nicht uͤber ihn und deſſen unterfangen? Da ſeiue unvernunfft doch nicht den monden kennt/ Jhr auch muͤſt ſpott und hohn zu eurer ſtraff erlangen/ Weil eure tumheit nur aus blindem eifer brennt; Jhr wißt die rechte nicht/ ihr kennt nicht die Juriſten/ Jhr wiſſet warlich nicht/ was ſie vor leute ſeyn; Und dennoch tadelt ihr/ und heiſt ſie boͤſe Chriſten/ Warum? ſie ſtimmen nicht mit eurem heucheln ein. Juriſten reden frey/ wenn ſie Proceſſe fuͤhren/ So fragen ſie zuerſt: iſt der Cliente reich? Nicht daß man ihnen ſoll die haͤnde wacker ſchmieren/ Damit ſie grades krumm und krummes machen gleich: Nein/ ſondern weil man itzt muß alles teuer kauffen/ Der ſtreu-ſand/ federn/ dint/ geſtempeltes papier/ Bind-faden/ ſiegel-lack und was man ſonſt mit hauffen Jn ſolchen faͤllen braucht/ wie auch die ſchreib-gebuͤhr. So kans nicht anders ſeyn/ es muß nur der Cliente Den ſteiffen beutel ziehn/ und geben/ was er ſoll; Gewinnt er den proceß/ ſo macht die fette rente Den ausgeleerten ſack ihm leichtlich wieder voll. Gewinnt er aber nicht/ ſo kan er ſich doch freuen/ Daß ihn der himmel hat zum werckzeug auserwehlt/ Wodurch er dieſe wil mit ſeegen uͤberſtreuen/ Durch deren huͤlff’ es noch am rechte nie gefehlt. Alsdenn pflegt der Proceß ſich erſt recht anzuheben: Da Parthen beyderſeits wird ein Termin geſetzt; Wer

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/336>, abgerufen am 22.11.2024.