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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.

Der schönsten göttin von der erden
Soll dieser eintzig heilig werden.

5.
Darauff wenn sich der morgen röth/
Laß ich mein hertz als weyrauch glühen/
Und wenn mir Phöbus untergeht/
Vergeß ich nicht davor zu knien.
Es hat mich nie der schlaff bezwungen/
Biß ich ihr göttlich thun besungen.
6.
Dann leg ich mich zur sanfften ruh/
Zu meiner mutter neuer schmertzen:
Jch schliesse zwar die angen zu/
Und wache dennoch stets im hertzen;
Jm schatten bringts die nacht getragen/
Was mir der tag pflegt zu versagen.
7.
Dann tret ich endlich zu ihr hin/
Wir singen/ spielen/ tantzen/ lachen/
Sie hasset gar nicht meinen sinn/
Sie pflegt es so/ wie ich/ zu machen/
Wir wechseln mund und händ zusammen
Und doppeln unsre liebes-flammen.
8.
Ach aber der ich schatten lieb
Und träumend nur auf rosen gehe/
Jch fange wasser durch ein sieb!
Denn dis/ was ich erwachet sehe/
Jst leichtes stroh und feder-küssen/
Die blumen sind hinweg gerissen.
9.
Hinweg! verlognes schatten-werck/
Du irrwisch der betrübten hertzen/
Du starcke glut/ doch sonder stärck/
Du falscher zunder meiner schmertzen/
Soll

Vermiſchte Gedichte.

Der ſchoͤnſten goͤttin von der erden
Soll dieſer eintzig heilig werden.

5.
Darauff wenn ſich der morgen roͤth/
Laß ich mein hertz als weyrauch gluͤhen/
Und wenn mir Phoͤbus untergeht/
Vergeß ich nicht davor zu knien.
Es hat mich nie der ſchlaff bezwungen/
Biß ich ihr goͤttlich thun beſungen.
6.
Dann leg ich mich zur ſanfften ruh/
Zu meiner mutter neuer ſchmertzen:
Jch ſchlieſſe zwar die angen zu/
Und wache dennoch ſtets im hertzen;
Jm ſchatten bringts die nacht getragen/
Was mir der tag pflegt zu verſagen.
7.
Dann tret ich endlich zu ihr hin/
Wir ſingen/ ſpielen/ tantzen/ lachen/
Sie haſſet gar nicht meinen ſinn/
Sie pflegt es ſo/ wie ich/ zu machen/
Wir wechſeln mund und haͤnd zuſammen
Und doppeln unſre liebes-flammen.
8.
Ach aber der ich ſchatten lieb
Und traͤumend nur auf roſen gehe/
Jch fange waſſer durch ein ſieb!
Denn dis/ was ich erwachet ſehe/
Jſt leichtes ſtroh und feder-kuͤſſen/
Die blumen ſind hinweg geriſſen.
9.
Hinweg! verlognes ſchatten-werck/
Du irrwiſch der betruͤbten hertzen/
Du ſtarcke glut/ doch ſonder ſtaͤrck/
Du falſcher zunder meiner ſchmertzen/
Soll
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[335/0351] Vermiſchte Gedichte. Der ſchoͤnſten goͤttin von der erden Soll dieſer eintzig heilig werden. 5. Darauff wenn ſich der morgen roͤth/ Laß ich mein hertz als weyrauch gluͤhen/ Und wenn mir Phoͤbus untergeht/ Vergeß ich nicht davor zu knien. Es hat mich nie der ſchlaff bezwungen/ Biß ich ihr goͤttlich thun beſungen. 6. Dann leg ich mich zur ſanfften ruh/ Zu meiner mutter neuer ſchmertzen: Jch ſchlieſſe zwar die angen zu/ Und wache dennoch ſtets im hertzen; Jm ſchatten bringts die nacht getragen/ Was mir der tag pflegt zu verſagen. 7. Dann tret ich endlich zu ihr hin/ Wir ſingen/ ſpielen/ tantzen/ lachen/ Sie haſſet gar nicht meinen ſinn/ Sie pflegt es ſo/ wie ich/ zu machen/ Wir wechſeln mund und haͤnd zuſammen Und doppeln unſre liebes-flammen. 8. Ach aber der ich ſchatten lieb Und traͤumend nur auf roſen gehe/ Jch fange waſſer durch ein ſieb! Denn dis/ was ich erwachet ſehe/ Jſt leichtes ſtroh und feder-kuͤſſen/ Die blumen ſind hinweg geriſſen. 9. Hinweg! verlognes ſchatten-werck/ Du irrwiſch der betruͤbten hertzen/ Du ſtarcke glut/ doch ſonder ſtaͤrck/ Du falſcher zunder meiner ſchmertzen/ Soll

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/351>, abgerufen am 15.05.2024.