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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.
Trinck-lied.
WJr folgen dem gemüths-tyrannen/
Der sucht die lust in glaß und kannen/
Er geht des Bachus satzung ein/
Er wirft die pfeil in nechsten graben/
Und wünscht kein ander glaß zu haben/
Als seinen helm/ bald voll zu seyn.
Sein gantzes volck ist ihm getrennet/
Er zecht/ daß er sich selbst nicht kennet/
Wiewohl er ohne binde kämpft.
Er sencket allbereit die nase/
Man siht/ wie er mit einem glase
Den rest von seiner fackel dämpft.
Ein ander mag die Chloris küssen/
Das küssen steht auf schlechten füssen/
Und streicht nicht sonder eckel hin:
Die kurtzweil aber von dem trincken
Läst allen unmuth von uns sincken/
Und stärcket uns geschmack und sinn.
Jhr brüder/ geht nicht von dem saale/
Wir leeren denn die grosse schaale/
Und giessen öle zu der glut.
Wir wollen uns daran nicht kehren/
Und solte sie auch ewig währen:
Je grösser streit/ ie grösser muth.


Cupi-
R 4
Vermiſchte Gedichte.
Trinck-lied.
WJr folgen dem gemuͤths-tyrannen/
Der ſucht die luſt in glaß und kannen/
Er geht des Bachus ſatzung ein/
Er wirft die pfeil in nechſten graben/
Und wuͤnſcht kein ander glaß zu haben/
Als ſeinen helm/ bald voll zu ſeyn.
Sein gantzes volck iſt ihm getrennet/
Er zecht/ daß er ſich ſelbſt nicht kennet/
Wiewohl er ohne binde kaͤmpft.
Er ſencket allbereit die naſe/
Man ſiht/ wie er mit einem glaſe
Den reſt von ſeiner fackel daͤmpft.
Ein ander mag die Chloris kuͤſſen/
Das kuͤſſen ſteht auf ſchlechten fuͤſſen/
Und ſtreicht nicht ſonder eckel hin:
Die kurtzweil aber von dem trincken
Laͤſt allen unmuth von uns ſincken/
Und ſtaͤrcket uns geſchmack und ſinn.
Jhr bruͤder/ geht nicht von dem ſaale/
Wir leeren denn die groſſe ſchaale/
Und gieſſen oͤle zu der glut.
Wir wollen uns daran nicht kehren/
Und ſolte ſie auch ewig waͤhren:
Je groͤſſer ſtreit/ ie groͤſſer muth.


Cupi-
R 4
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[263/0279] Vermiſchte Gedichte. Trinck-lied. WJr folgen dem gemuͤths-tyrannen/ Der ſucht die luſt in glaß und kannen/ Er geht des Bachus ſatzung ein/ Er wirft die pfeil in nechſten graben/ Und wuͤnſcht kein ander glaß zu haben/ Als ſeinen helm/ bald voll zu ſeyn. Sein gantzes volck iſt ihm getrennet/ Er zecht/ daß er ſich ſelbſt nicht kennet/ Wiewohl er ohne binde kaͤmpft. Er ſencket allbereit die naſe/ Man ſiht/ wie er mit einem glaſe Den reſt von ſeiner fackel daͤmpft. Ein ander mag die Chloris kuͤſſen/ Das kuͤſſen ſteht auf ſchlechten fuͤſſen/ Und ſtreicht nicht ſonder eckel hin: Die kurtzweil aber von dem trincken Laͤſt allen unmuth von uns ſincken/ Und ſtaͤrcket uns geſchmack und ſinn. Jhr bruͤder/ geht nicht von dem ſaale/ Wir leeren denn die groſſe ſchaale/ Und gieſſen oͤle zu der glut. Wir wollen uns daran nicht kehren/ Und ſolte ſie auch ewig waͤhren: Je groͤſſer ſtreit/ ie groͤſſer muth. Cupi- R 4

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/279>, abgerufen am 09.05.2024.