Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Da kanst du was du wilst/ gut oder übel sprechen.
So schwatzt ein blinder narr/ den meine schrifften stechen.
Der bey der thorheit sich gantz klug und sicher acht/
Wenn er fein höhnisch nur mein ernstes thun verlacht/
Der bald den himmel pocht/ bald wie die frösche zittert/
Der GOtt nicht eher kennt/ biß er ein fieber wittert/
Und keine hand auffhebt/ als wenn es knallt und blitzt;
So bald es aber klar/ schon wieder spotten sitzt.
Denn daß ein solcher mensch alsdenn zu dencken pflege/
Daß GOtt durch seine macht den bau der welt bewege/
Und daß nach dieser zeit ein ander leben sey/
Wird er zum wenigsten bey seiner pralerey/
Doch mündlich nicht gestehn: ich aber/ der ich gläube/
Daß keine seele sterb' und GOtt den donner treibe/
Befinde/ daß ich mich von hier entfernen soll.
Wohlan! ich weiche denn. Paris/ gehab dich wohl!


Die andre Satyre.
An den Herrn von Moliere.
B. N.
BErühmt und seltner geist/ der wegen seiner gaben
Nicht weiß/ was ihrer viel für müh im dichten haben.
Für dem Apollo selbst muß seinen schatz ausstreu'n/
Und der gar wohl versteht/ was gute verse seyn.
Erfahrner held in dem/ was witz und kunst ergründet/
Moliere/ sage doch/ wie man die reimen findet.
Man schwüre/ wenn du wilst/ so lieffen sie dir nach;
So gar fließt ieder verß dir sonder ungemach.
Du darffst nicht allererst viel in gedancken träumen/
Denn was dein mund nur spricht/ das sind schon lauter reimen:
Jch aber/ den der wahn und eine blinde macht
Zur straffe/ wie es scheint/ aus reimen hat gebracht/
Bekenne/ daß ich mich oft nur umsonst erhitze.
Jch suche mehr/ als du; ich sinne/ denck und schwitze/
Und spare weder früh noch abends meinen fleiß;
Doch
Vermiſchte Gedichte.
Da kanſt du was du wilſt/ gut oder uͤbel ſprechen.
So ſchwatzt ein blinder narr/ den meine ſchrifften ſtechen.
Der bey der thorheit ſich gantz klug und ſicher acht/
Wenn er fein hoͤhniſch nur mein ernſtes thun verlacht/
Der bald den himmel pocht/ bald wie die froͤſche zittert/
Der GOtt nicht eher kennt/ biß er ein fieber wittert/
Und keine hand auffhebt/ als wenn es knallt und blitzt;
So bald es aber klar/ ſchon wieder ſpotten ſitzt.
Denn daß ein ſolcher menſch alsdenn zu dencken pflege/
Daß GOtt durch ſeine macht den bau der welt bewege/
Und daß nach dieſer zeit ein ander leben ſey/
Wird er zum wenigſten bey ſeiner pralerey/
Doch muͤndlich nicht geſtehn: ich aber/ der ich glaͤube/
Daß keine ſeele ſterb’ und GOtt den donner treibe/
Befinde/ daß ich mich von hier entfernen ſoll.
Wohlan! ich weiche denn. Paris/ gehab dich wohl!


Die andre Satyre.
An den Herrn von Moliere.
B. N.
BEruͤhmt und ſeltner geiſt/ der wegen ſeiner gaben
Nicht weiß/ was ihrer viel fuͤr muͤh im dichten haben.
Fuͤr dem Apollo ſelbſt muß ſeinen ſchatz ausſtreu’n/
Und der gar wohl verſteht/ was gute verſe ſeyn.
Erfahrner held in dem/ was witz und kunſt ergruͤndet/
Moliere/ ſage doch/ wie man die reimen findet.
Man ſchwuͤre/ wenn du wilſt/ ſo lieffen ſie dir nach;
So gar fließt ieder verß dir ſonder ungemach.
Du darffſt nicht allererſt viel in gedancken traͤumen/
Denn was dein mund nur ſpricht/ das ſind ſchon lauteꝛ reimen:
Jch aber/ den der wahn und eine blinde macht
Zur ſtraffe/ wie es ſcheint/ aus reimen hat gebracht/
Bekenne/ daß ich mich oft nur umſonſt erhitze.
Jch ſuche mehr/ als du; ich ſinne/ denck und ſchwitze/
Und ſpare weder fruͤh noch abends meinen fleiß;
Doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0258" n="242"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Da kan&#x017F;t du was du wil&#x017F;t/ gut oder u&#x0364;bel &#x017F;prechen.</l><lb/>
          <l>So &#x017F;chwatzt ein blinder narr/ den meine &#x017F;chrifften &#x017F;techen.</l><lb/>
          <l>Der bey der thorheit &#x017F;ich gantz klug und &#x017F;icher acht/</l><lb/>
          <l>Wenn er fein ho&#x0364;hni&#x017F;ch nur mein ern&#x017F;tes thun verlacht/</l><lb/>
          <l>Der bald den himmel pocht/ bald wie die fro&#x0364;&#x017F;che zittert/</l><lb/>
          <l>Der GOtt nicht eher kennt/ biß er ein fieber wittert/</l><lb/>
          <l>Und keine hand auffhebt/ als wenn es knallt und blitzt;</l><lb/>
          <l>So bald es aber klar/ &#x017F;chon wieder &#x017F;potten &#x017F;itzt.</l><lb/>
          <l>Denn daß ein &#x017F;olcher men&#x017F;ch alsdenn zu dencken pflege/</l><lb/>
          <l>Daß GOtt durch &#x017F;eine macht den bau der welt bewege/</l><lb/>
          <l>Und daß nach die&#x017F;er zeit ein ander leben &#x017F;ey/</l><lb/>
          <l>Wird er zum wenig&#x017F;ten bey &#x017F;einer pralerey/</l><lb/>
          <l>Doch mu&#x0364;ndlich nicht ge&#x017F;tehn: ich aber/ der ich gla&#x0364;ube/</l><lb/>
          <l>Daß keine &#x017F;eele &#x017F;terb&#x2019; und GOtt den donner treibe/</l><lb/>
          <l>Befinde/ daß ich mich von hier entfernen &#x017F;oll.</l><lb/>
          <l>Wohlan! ich weiche denn. Paris/ gehab dich wohl!</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#fr">Die andre Satyre.<lb/>
An den Herrn von Moliere.<lb/>
B. N.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">B</hi>Eru&#x0364;hmt und &#x017F;eltner gei&#x017F;t/ der wegen &#x017F;einer gaben</l><lb/>
          <l>Nicht weiß/ was ihrer viel fu&#x0364;r mu&#x0364;h im dichten haben.</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r dem Apollo &#x017F;elb&#x017F;t muß &#x017F;einen &#x017F;chatz aus&#x017F;treu&#x2019;n/</l><lb/>
          <l>Und der gar wohl ver&#x017F;teht/ was gute ver&#x017F;e &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Erfahrner held in dem/ was witz und kun&#x017F;t ergru&#x0364;ndet/</l><lb/>
          <l>Moliere/ &#x017F;age doch/ wie man die reimen findet.</l><lb/>
          <l>Man &#x017F;chwu&#x0364;re/ wenn du wil&#x017F;t/ &#x017F;o lieffen &#x017F;ie dir nach;</l><lb/>
          <l>So gar fließt ieder verß dir &#x017F;onder ungemach.</l><lb/>
          <l>Du darff&#x017F;t nicht allerer&#x017F;t viel in gedancken tra&#x0364;umen/</l><lb/>
          <l>Denn was dein mund nur &#x017F;pricht/ das &#x017F;ind &#x017F;chon laute&#xA75B; reimen:</l><lb/>
          <l>Jch aber/ den der wahn und eine blinde macht</l><lb/>
          <l>Zur &#x017F;traffe/ wie es &#x017F;cheint/ aus reimen hat gebracht/</l><lb/>
          <l>Bekenne/ daß ich mich oft nur um&#x017F;on&#x017F;t erhitze.</l><lb/>
          <l>Jch &#x017F;uche mehr/ als du; ich &#x017F;inne/ denck und &#x017F;chwitze/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;pare weder fru&#x0364;h noch abends meinen fleiß;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0258] Vermiſchte Gedichte. Da kanſt du was du wilſt/ gut oder uͤbel ſprechen. So ſchwatzt ein blinder narr/ den meine ſchrifften ſtechen. Der bey der thorheit ſich gantz klug und ſicher acht/ Wenn er fein hoͤhniſch nur mein ernſtes thun verlacht/ Der bald den himmel pocht/ bald wie die froͤſche zittert/ Der GOtt nicht eher kennt/ biß er ein fieber wittert/ Und keine hand auffhebt/ als wenn es knallt und blitzt; So bald es aber klar/ ſchon wieder ſpotten ſitzt. Denn daß ein ſolcher menſch alsdenn zu dencken pflege/ Daß GOtt durch ſeine macht den bau der welt bewege/ Und daß nach dieſer zeit ein ander leben ſey/ Wird er zum wenigſten bey ſeiner pralerey/ Doch muͤndlich nicht geſtehn: ich aber/ der ich glaͤube/ Daß keine ſeele ſterb’ und GOtt den donner treibe/ Befinde/ daß ich mich von hier entfernen ſoll. Wohlan! ich weiche denn. Paris/ gehab dich wohl! Die andre Satyre. An den Herrn von Moliere. B. N. BEruͤhmt und ſeltner geiſt/ der wegen ſeiner gaben Nicht weiß/ was ihrer viel fuͤr muͤh im dichten haben. Fuͤr dem Apollo ſelbſt muß ſeinen ſchatz ausſtreu’n/ Und der gar wohl verſteht/ was gute verſe ſeyn. Erfahrner held in dem/ was witz und kunſt ergruͤndet/ Moliere/ ſage doch/ wie man die reimen findet. Man ſchwuͤre/ wenn du wilſt/ ſo lieffen ſie dir nach; So gar fließt ieder verß dir ſonder ungemach. Du darffſt nicht allererſt viel in gedancken traͤumen/ Denn was dein mund nur ſpricht/ das ſind ſchon lauteꝛ reimen: Jch aber/ den der wahn und eine blinde macht Zur ſtraffe/ wie es ſcheint/ aus reimen hat gebracht/ Bekenne/ daß ich mich oft nur umſonſt erhitze. Jch ſuche mehr/ als du; ich ſinne/ denck und ſchwitze/ Und ſpare weder fruͤh noch abends meinen fleiß; Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/258
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/258>, abgerufen am 10.05.2024.