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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.
An statt/ daß mancher fürst/ den schweiß und arbeit schrecket/
Den halb verfaulten fuß nicht aus dem lande strecket:
Ja wenn ich ferner schau/ wie dein gemeßner rath
Durch süssen überfluß das volck bereichert hat;
Wie Tag' und Tiber sich zu deinen füssen bücken;
Die flotte sonder furcht ins freye meer kan rücken;
Und dein geübtes heer/ das deinen großmuth liebt/
Dem adler seine krafft und stärcke wiedergiebt:
Wie Franckreich unter dir dem glücke selbst befiehlet:
Wie deine krieges-macht zur see den meister spielet:
Und endlich/ wie man gold/ auch wider fluth und wind/
An örtern/ wo die sonn es selber bildet/ findt;
So frage ich nicht erst/ was saget Phöbus oben:
Denn alles brennt in mir und hebt dich an zu loben.
Jedoch den augenblick springt die vernunfft herbey/
Die unterbricht den lauff der schönen phantasey/
Und läst mich ärmsten sehn/ wie sehr ich mich vergangen/
Daß ich dich ohne krafft zu singen angefangen.
Alsbald entsetz' ich mich und mein erschrockner kiel
Steckt bey so schwerer last ihm ein gewisses ziel/
Und will nicht weiter gehn. Drum schließ ich meine reimen/
Und wie ein schiff entweicht/ wenn meer und wellen schäumen/
So seh' ich auch nicht an/ mein könig/ wo ich bin/
Entreisse der gefahr und flieh zum ufer hin.


Die erste Satyre.
B. N.
DAmon/ der grosse mann/ der so geraume zeit/
Durch seinen musen-schertz hat hof und stadt erfreut/
Jnzwischen aber sich in grobes tuch nur kleidet:
Jm winter kält und frost/ im sommer hitze leidet;
Und dessen trockner leib und hungrige gestalt
Den ruhm gar sehr beschimpfft/ der doch von ihm erschallt/
Ward endlich müd und satt sein gütgen zu verschwenden/
Und so viel sauren schweiß an einen reim zu wenden/
Da-
Vermiſchte Gedichte.
An ſtatt/ daß mancher fuͤrſt/ den ſchweiß und arbeit ſchrecket/
Den halb verfaulten fuß nicht aus dem lande ſtrecket:
Ja wenn ich ferner ſchau/ wie dein gemeßner rath
Durch ſuͤſſen uͤberfluß das volck bereichert hat;
Wie Tag’ und Tiber ſich zu deinen fuͤſſen buͤcken;
Die flotte ſonder furcht ins freye meer kan ruͤcken;
Und dein geuͤbtes heer/ das deinen großmuth liebt/
Dem adler ſeine krafft und ſtaͤrcke wiedergiebt:
Wie Franckreich unter dir dem gluͤcke ſelbſt befiehlet:
Wie deine krieges-macht zur ſee den meiſter ſpielet:
Und endlich/ wie man gold/ auch wider fluth und wind/
An oͤrtern/ wo die ſonn es ſelber bildet/ findt;
So frage ich nicht erſt/ was ſaget Phoͤbus oben:
Denn alles brennt in mir und hebt dich an zu loben.
Jedoch den augenblick ſpringt die vernunfft herbey/
Die unterbricht den lauff der ſchoͤnen phantaſey/
Und laͤſt mich aͤrmſten ſehn/ wie ſehr ich mich vergangen/
Daß ich dich ohne krafft zu ſingen angefangen.
Alsbald entſetz’ ich mich und mein erſchrockner kiel
Steckt bey ſo ſchwerer laſt ihm ein gewiſſes ziel/
Und will nicht weiter gehn. Drum ſchließ ich meine reimen/
Und wie ein ſchiff entweicht/ wenn meer und wellen ſchaͤumen/
So ſeh’ ich auch nicht an/ mein koͤnig/ wo ich bin/
Entreiſſe der gefahr und flieh zum ufer hin.


Die erſte Satyre.
B. N.
DAmon/ der groſſe mann/ der ſo geraume zeit/
Durch ſeinen muſen-ſchertz hat hof und ſtadt erfreut/
Jnzwiſchen aber ſich in grobes tuch nur kleidet:
Jm winter kaͤlt und froſt/ im ſommer hitze leidet;
Und deſſen trockner leib und hungrige geſtalt
Den ruhm gar ſehr beſchimpfft/ der doch von ihm erſchallt/
Ward endlich muͤd und ſatt ſein guͤtgen zu verſchwenden/
Und ſo viel ſauren ſchweiß an einen reim zu wenden/
Da-
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[237/0253] Vermiſchte Gedichte. An ſtatt/ daß mancher fuͤrſt/ den ſchweiß und arbeit ſchrecket/ Den halb verfaulten fuß nicht aus dem lande ſtrecket: Ja wenn ich ferner ſchau/ wie dein gemeßner rath Durch ſuͤſſen uͤberfluß das volck bereichert hat; Wie Tag’ und Tiber ſich zu deinen fuͤſſen buͤcken; Die flotte ſonder furcht ins freye meer kan ruͤcken; Und dein geuͤbtes heer/ das deinen großmuth liebt/ Dem adler ſeine krafft und ſtaͤrcke wiedergiebt: Wie Franckreich unter dir dem gluͤcke ſelbſt befiehlet: Wie deine krieges-macht zur ſee den meiſter ſpielet: Und endlich/ wie man gold/ auch wider fluth und wind/ An oͤrtern/ wo die ſonn es ſelber bildet/ findt; So frage ich nicht erſt/ was ſaget Phoͤbus oben: Denn alles brennt in mir und hebt dich an zu loben. Jedoch den augenblick ſpringt die vernunfft herbey/ Die unterbricht den lauff der ſchoͤnen phantaſey/ Und laͤſt mich aͤrmſten ſehn/ wie ſehr ich mich vergangen/ Daß ich dich ohne krafft zu ſingen angefangen. Alsbald entſetz’ ich mich und mein erſchrockner kiel Steckt bey ſo ſchwerer laſt ihm ein gewiſſes ziel/ Und will nicht weiter gehn. Drum ſchließ ich meine reimen/ Und wie ein ſchiff entweicht/ wenn meer und wellen ſchaͤumen/ So ſeh’ ich auch nicht an/ mein koͤnig/ wo ich bin/ Entreiſſe der gefahr und flieh zum ufer hin. Die erſte Satyre. B. N. DAmon/ der groſſe mann/ der ſo geraume zeit/ Durch ſeinen muſen-ſchertz hat hof und ſtadt erfreut/ Jnzwiſchen aber ſich in grobes tuch nur kleidet: Jm winter kaͤlt und froſt/ im ſommer hitze leidet; Und deſſen trockner leib und hungrige geſtalt Den ruhm gar ſehr beſchimpfft/ der doch von ihm erſchallt/ Ward endlich muͤd und ſatt ſein guͤtgen zu verſchwenden/ Und ſo viel ſauren ſchweiß an einen reim zu wenden/ Da-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/253>, abgerufen am 22.11.2024.