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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Begräbniß-Gedichte.
Sonnet
Auf das absterben einer freundin/ nach
anleitung des Evangelii: vom
verlohrnen JEsu.
C. E.
MAria klagt und weint/ daß sie ihr kind verlohren;
Und ihr/ betrübtste/ steht in bleicher kümmernis/
Da eben itzt der todt durch einen strengen riß
Eur allertheurstes gut zu seinem raub erkohren.
Ach kläglicher verlust/ den euch diß jahr gebohren!
O schmertz! allein gedult! Euch tröstet dennoch diß/
Daß der erzürnte schluß des himmels sich gewiß
Nicht ewig wider euch mit ach! und weh! verschworen.
Nicht sucht die seeligste beyn nachtbarn und bekandten;
Umsonst! ihr findt sie nicht beyn freunden und verwandten.
Sie ist numehr in dem/ das ihres vaters ist.
Drumb zieht die thränen ein/ und last den kummer schwinden;
Was ihr drey tage lang auff erden hier vermißt/
Werdt bey den lehrern ihr im himmel wieder finden.


Auf das absterben Fr. A. C. G. B.
BEtrübte/ zieht das saltz der schweren thränen ein/
Und schlagt zugleich die last der sorgen in die erden:
Denn sagt/ wo könte wol der mutter besser seyn/
Als itzt da mund und hertz zu lauter sternen werden.
Jhr wißt wol daß ein mensch den jahres-zeiten gleicht/
Die erstlich nichts als lentz und süsse sommer zeigen/
Biß daß der kühle herbst dem kalten winter weicht/
Und endlich beyde sich zum untergange neigen/
Dann fängt der naße mertz den frühling wieder an/
Die strenge lufft zertrennt den dicken dunst der erden/
Und denn bricht der aprill die bunte blumen-bahn/
Und läst den kalten schnee zu frischen purpur werden:
So
Begraͤbniß-Gedichte.
Sonnet
Auf das abſterben einer freundin/ nach
anleitung des Evangelii: vom
verlohrnen JEſu.
C. E.
MAria klagt und weint/ daß ſie ihr kind verlohren;
Und ihr/ betruͤbtſte/ ſteht in bleicher kuͤmmernis/
Da eben itzt der todt durch einen ſtrengen riß
Eur allertheurſtes gut zu ſeinem raub erkohren.
Ach klaͤglicher verluſt/ den euch diß jahr gebohren!
O ſchmertz! allein gedult! Euch troͤſtet dennoch diß/
Daß der erzuͤrnte ſchluß des himmels ſich gewiß
Nicht ewig wider euch mit ach! und weh! verſchworen.
Nicht ſucht die ſeeligſte beyn nachtbarn und bekandten;
Umſonſt! ihr findt ſie nicht beyn freunden und verwandten.
Sie iſt numehr in dem/ das ihres vaters iſt.
Drumb zieht die thraͤnen ein/ und laſt den kummer ſchwinden;
Was ihr drey tage lang auff erden hier vermißt/
Werdt bey den lehrern ihr im himmel wieder finden.


Auf das abſterben Fr. A. C. G. B.
BEtruͤbte/ zieht das ſaltz der ſchweren thraͤnen ein/
Und ſchlagt zugleich die laſt der ſorgen in die erden:
Denn ſagt/ wo koͤnte wol der mutter beſſer ſeyn/
Als itzt da mund und hertz zu lauter ſternen werden.
Jhr wißt wol daß ein menſch den jahres-zeiten gleicht/
Die erſtlich nichts als lentz und ſuͤſſe ſommer zeigen/
Biß daß der kuͤhle herbſt dem kalten winter weicht/
Und endlich beyde ſich zum untergange neigen/
Dann faͤngt der naße mertz den fruͤhling wieder an/
Die ſtrenge lufft zertrennt den dicken dunſt der erden/
Und denn bricht der aprill die bunte blumen-bahn/
Und laͤſt den kalten ſchnee zu friſchen purpur werden:
So
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[194/0210] Begraͤbniß-Gedichte. Sonnet Auf das abſterben einer freundin/ nach anleitung des Evangelii: vom verlohrnen JEſu. C. E. MAria klagt und weint/ daß ſie ihr kind verlohren; Und ihr/ betruͤbtſte/ ſteht in bleicher kuͤmmernis/ Da eben itzt der todt durch einen ſtrengen riß Eur allertheurſtes gut zu ſeinem raub erkohren. Ach klaͤglicher verluſt/ den euch diß jahr gebohren! O ſchmertz! allein gedult! Euch troͤſtet dennoch diß/ Daß der erzuͤrnte ſchluß des himmels ſich gewiß Nicht ewig wider euch mit ach! und weh! verſchworen. Nicht ſucht die ſeeligſte beyn nachtbarn und bekandten; Umſonſt! ihr findt ſie nicht beyn freunden und verwandten. Sie iſt numehr in dem/ das ihres vaters iſt. Drumb zieht die thraͤnen ein/ und laſt den kummer ſchwinden; Was ihr drey tage lang auff erden hier vermißt/ Werdt bey den lehrern ihr im himmel wieder finden. Auf das abſterben Fr. A. C. G. B. BEtruͤbte/ zieht das ſaltz der ſchweren thraͤnen ein/ Und ſchlagt zugleich die laſt der ſorgen in die erden: Denn ſagt/ wo koͤnte wol der mutter beſſer ſeyn/ Als itzt da mund und hertz zu lauter ſternen werden. Jhr wißt wol daß ein menſch den jahres-zeiten gleicht/ Die erſtlich nichts als lentz und ſuͤſſe ſommer zeigen/ Biß daß der kuͤhle herbſt dem kalten winter weicht/ Und endlich beyde ſich zum untergange neigen/ Dann faͤngt der naße mertz den fruͤhling wieder an/ Die ſtrenge lufft zertrennt den dicken dunſt der erden/ Und denn bricht der aprill die bunte blumen-bahn/ Und laͤſt den kalten ſchnee zu friſchen purpur werden: So

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/210>, abgerufen am 02.05.2024.