Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite

Begräbniß-Gedichte.

Mich leide seit so vielen jahren;
Und den verlust/ den ich gethan/
Die zeit auch nicht ersetzen kan.

O laß doch zu/ daß bey dem singen/
Von deiner Arnimb süssen eh/
Jch einmahl noch mein herbes weh/
Die Kühleweinin laß' erklingen!
Vielleicht/ in dem ich solches thu/
Vergist du dich/ und hörst mir zu.


Auf Hn. Adam Bänckners tod in Brieg.
B. N.
JCh schreibe/ seligster/ von lieb und treu getrieben/
Wo anders thränen-saltz kan schwartze dinte seyn?
Denn diß ist nur allein von allem übrig blieben/
Was dir mein hertze kan auf deine leiche streun.
Ach freund! was aber freund? ach kern gerechter seelen!
Wird so die redligkeit auf erden unterdrückt?
Was wunder/ daß mein trost in deines grabes hölen/
So wie der sonnen glantz bey trüber lufft erstickt?
Du bist von jugend auf der ulmen-baum gewesen/
An dem mein auge so wie grüne reben hieng/
Der spiegel/ der mich oft von weitem lassen lesen/
Wie die verlarvte welt mit flecken schwanger gieng.
Denn dieses ist und bleibt der freunde bestes zeichen/
Beysammen voller frucht wie dattel-bäume stehn/
Am wesen aber sich den reinen sternen gleichen/
Und ohne schminck und fleck stets von einander gehn.
Die meisten haben zwar mit hermelinen fellen
Jhr hertze/ wie der schnee mit schimmer/ sich bedeckt;
Wenn aber sonn und zeit sie auf die probe stellen/
So sieht man/ daß auch nur in beyden kälte steckt.
Du hast/ gleich wie ein blat von pommerantzen-zweigen/
Die zung und auch das hertz beysammen stets geführt;
Jch
M 3

Begraͤbniß-Gedichte.

Mich leide ſeit ſo vielen jahren;
Und den verluſt/ den ich gethan/
Die zeit auch nicht erſetzen kan.

O laß doch zu/ daß bey dem ſingen/
Von deiner Arnimb ſuͤſſen eh/
Jch einmahl noch mein herbes weh/
Die Kuͤhleweinin laß’ erklingen!
Vielleicht/ in dem ich ſolches thu/
Vergiſt du dich/ und hoͤrſt mir zu.


Auf Hn. Adam Baͤnckners tod in Brieg.
B. N.
JCh ſchreibe/ ſeligſter/ von lieb und treu getrieben/
Wo anders thraͤnen-ſaltz kan ſchwartze dinte ſeyn?
Denn diß iſt nur allein von allem uͤbrig blieben/
Was dir mein hertze kan auf deine leiche ſtreun.
Ach freund! was aber freund? ach kern gerechter ſeelen!
Wird ſo die redligkeit auf erden unterdruͤckt?
Was wunder/ daß mein troſt in deines grabes hoͤlen/
So wie der ſonnen glantz bey truͤber lufft erſtickt?
Du biſt von jugend auf der ulmen-baum geweſen/
An dem mein auge ſo wie gruͤne reben hieng/
Der ſpiegel/ der mich oft von weitem laſſen leſen/
Wie die verlarvte welt mit flecken ſchwanger gieng.
Denn dieſes iſt und bleibt der freunde beſtes zeichen/
Beyſammen voller frucht wie dattel-baͤume ſtehn/
Am weſen aber ſich den reinen ſternen gleichen/
Und ohne ſchminck und fleck ſtets von einander gehn.
Die meiſten haben zwar mit hermelinen fellen
Jhr hertze/ wie der ſchnee mit ſchimmer/ ſich bedeckt;
Wenn aber ſonn und zeit ſie auf die probe ſtellen/
So ſieht man/ daß auch nur in beyden kaͤlte ſteckt.
Du haſt/ gleich wie ein blat von pommerantzen-zweigen/
Die zung und auch das hertz beyſammen ſtets gefuͤhrt;
Jch
M 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="70">
            <l>
              <pb facs="#f0197" n="181"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Mich leide &#x017F;eit &#x017F;o vielen jahren;</l><lb/>
            <l>Und den verlu&#x017F;t/ den ich gethan/</l><lb/>
            <l>Die zeit auch nicht er&#x017F;etzen kan.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="71">
            <l>O laß doch zu/ daß bey dem &#x017F;ingen/</l><lb/>
            <l>Von deiner Arnimb &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en eh/</l><lb/>
            <l>Jch einmahl noch mein herbes weh/</l><lb/>
            <l>Die Ku&#x0364;hleweinin laß&#x2019; erklingen!</l><lb/>
            <l>Vielleicht/ in dem ich &#x017F;olches thu/</l><lb/>
            <l>Vergi&#x017F;t du dich/ und ho&#x0364;r&#x017F;t mir zu.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#fr">Auf Hn. Adam Ba&#x0364;nckners tod in Brieg.<lb/>
B. N.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch &#x017F;chreibe/ &#x017F;elig&#x017F;ter/ von lieb und treu getrieben/</l><lb/>
          <l>Wo anders thra&#x0364;nen-&#x017F;altz kan &#x017F;chwartze dinte &#x017F;eyn?</l><lb/>
          <l>Denn diß i&#x017F;t nur allein von allem u&#x0364;brig blieben/</l><lb/>
          <l>Was dir mein hertze kan auf deine leiche &#x017F;treun.</l><lb/>
          <l>Ach freund! was aber freund? ach kern gerechter &#x017F;eelen!</l><lb/>
          <l>Wird &#x017F;o die redligkeit auf erden unterdru&#x0364;ckt?</l><lb/>
          <l>Was wunder/ daß mein tro&#x017F;t in deines grabes ho&#x0364;len/</l><lb/>
          <l>So wie der &#x017F;onnen glantz bey tru&#x0364;ber lufft er&#x017F;tickt?</l><lb/>
          <l>Du bi&#x017F;t von jugend auf der ulmen-baum gewe&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>An dem mein auge &#x017F;o wie gru&#x0364;ne reben hieng/</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;piegel/ der mich oft von weitem la&#x017F;&#x017F;en le&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Wie die verlarvte welt mit flecken &#x017F;chwanger gieng.</l><lb/>
          <l>Denn die&#x017F;es i&#x017F;t und bleibt der freunde be&#x017F;tes zeichen/</l><lb/>
          <l>Bey&#x017F;ammen voller frucht wie dattel-ba&#x0364;ume &#x017F;tehn/</l><lb/>
          <l>Am we&#x017F;en aber &#x017F;ich den reinen &#x017F;ternen gleichen/</l><lb/>
          <l>Und ohne &#x017F;chminck und fleck &#x017F;tets von einander gehn.</l><lb/>
          <l>Die mei&#x017F;ten haben zwar mit hermelinen fellen</l><lb/>
          <l>Jhr hertze/ wie der &#x017F;chnee mit &#x017F;chimmer/ &#x017F;ich bedeckt;</l><lb/>
          <l>Wenn aber &#x017F;onn und zeit &#x017F;ie auf die probe &#x017F;tellen/</l><lb/>
          <l>So &#x017F;ieht man/ daß auch nur in beyden ka&#x0364;lte &#x017F;teckt.</l><lb/>
          <l>Du ha&#x017F;t/ gleich wie ein blat von pommerantzen-zweigen/</l><lb/>
          <l>Die zung und auch das hertz bey&#x017F;ammen &#x017F;tets gefu&#x0364;hrt;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">M 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0197] Begraͤbniß-Gedichte. Mich leide ſeit ſo vielen jahren; Und den verluſt/ den ich gethan/ Die zeit auch nicht erſetzen kan. O laß doch zu/ daß bey dem ſingen/ Von deiner Arnimb ſuͤſſen eh/ Jch einmahl noch mein herbes weh/ Die Kuͤhleweinin laß’ erklingen! Vielleicht/ in dem ich ſolches thu/ Vergiſt du dich/ und hoͤrſt mir zu. Auf Hn. Adam Baͤnckners tod in Brieg. B. N. JCh ſchreibe/ ſeligſter/ von lieb und treu getrieben/ Wo anders thraͤnen-ſaltz kan ſchwartze dinte ſeyn? Denn diß iſt nur allein von allem uͤbrig blieben/ Was dir mein hertze kan auf deine leiche ſtreun. Ach freund! was aber freund? ach kern gerechter ſeelen! Wird ſo die redligkeit auf erden unterdruͤckt? Was wunder/ daß mein troſt in deines grabes hoͤlen/ So wie der ſonnen glantz bey truͤber lufft erſtickt? Du biſt von jugend auf der ulmen-baum geweſen/ An dem mein auge ſo wie gruͤne reben hieng/ Der ſpiegel/ der mich oft von weitem laſſen leſen/ Wie die verlarvte welt mit flecken ſchwanger gieng. Denn dieſes iſt und bleibt der freunde beſtes zeichen/ Beyſammen voller frucht wie dattel-baͤume ſtehn/ Am weſen aber ſich den reinen ſternen gleichen/ Und ohne ſchminck und fleck ſtets von einander gehn. Die meiſten haben zwar mit hermelinen fellen Jhr hertze/ wie der ſchnee mit ſchimmer/ ſich bedeckt; Wenn aber ſonn und zeit ſie auf die probe ſtellen/ So ſieht man/ daß auch nur in beyden kaͤlte ſteckt. Du haſt/ gleich wie ein blat von pommerantzen-zweigen/ Die zung und auch das hertz beyſammen ſtets gefuͤhrt; Jch M 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/197
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/197>, abgerufen am 25.11.2024.