Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.
2. Scheu dich o göttin nichtJm küssen dich zu üben/ Weil selbst der sterne licht Sich über in dem lieben/ Man schaut sie paar bey paaren stehn/ Die sonne mit dem monde gehn. 3. Es will ein schlechtes blatSich in das andre schlüssen/ Und was kein leben hat/ Das übt sich doch im küssen: Die einsamkeit ist seine pein/ Und kan allein vergnügt nicht seyn. 4. Man sieht/ wie nach und nachEin fluß das ufer küsset/ Wenn seine silber-bach Mit sanfften rauschen flüsset/ Und das smaragden gleiche graß Bleibt offt vons thauens küssen naß. 5. Nichts ward zur straff gesetzt/Als küssende umschlossen Zwey götter dort ein netz; Man lachte nur der possen/ Daß ein verkrümmter alt Vulcan Nicht so wie Mavors küssen kan. 6. Der liebe altes rechtBefiehlt den mund zu küssen/ Es will kurtz/ rund und schlecht/ Wer
2. Scheu dich o goͤttin nichtJm kuͤſſen dich zu uͤben/ Weil ſelbſt der ſterne licht Sich uͤber in dem lieben/ Man ſchaut ſie paar bey paaren ſtehn/ Die ſonne mit dem monde gehn. 3. Es will ein ſchlechtes blatSich in das andre ſchluͤſſen/ Und was kein leben hat/ Das uͤbt ſich doch im kuͤſſen: Die einſamkeit iſt ſeine pein/ Und kan allein vergnuͤgt nicht ſeyn. 4. Man ſieht/ wie nach und nachEin fluß das ufer kuͤſſet/ Wenn ſeine ſilber-bach Mit ſanfften rauſchen fluͤſſet/ Und das ſmaragden gleiche graß Bleibt offt vons thauens kuͤſſen naß. 5. Nichts ward zur ſtraff geſetzt/Als kuͤſſende umſchloſſen Zwey goͤtter dort ein netz; Man lachte nur der poſſen/ Daß ein verkruͤmmter alt Vulcan Nicht ſo wie Mavors kuͤſſen kan. 6. Der liebe altes rechtBefiehlt den mund zu kuͤſſen/ Es will kurtz/ rund und ſchlecht/ Wer
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Verliebte Gedichte.
Der ſchoͤnheit goͤldnes fliß/
Ein kuͤßgen nicht vergoͤnnen?
Ein kuß iſt ambroſiner ſafft/
Der nichts als nur vergnuͤgen ſchafft.
2.
Scheu dich o goͤttin nicht
Jm kuͤſſen dich zu uͤben/
Weil ſelbſt der ſterne licht
Sich uͤber in dem lieben/
Man ſchaut ſie paar bey paaren ſtehn/
Die ſonne mit dem monde gehn.
3.
Es will ein ſchlechtes blat
Sich in das andre ſchluͤſſen/
Und was kein leben hat/
Das uͤbt ſich doch im kuͤſſen:
Die einſamkeit iſt ſeine pein/
Und kan allein vergnuͤgt nicht ſeyn.
4.
Man ſieht/ wie nach und nach
Ein fluß das ufer kuͤſſet/
Wenn ſeine ſilber-bach
Mit ſanfften rauſchen fluͤſſet/
Und das ſmaragden gleiche graß
Bleibt offt vons thauens kuͤſſen naß.
5.
Nichts ward zur ſtraff geſetzt/
Als kuͤſſende umſchloſſen
Zwey goͤtter dort ein netz;
Man lachte nur der poſſen/
Daß ein verkruͤmmter alt Vulcan
Nicht ſo wie Mavors kuͤſſen kan.
6.
Der liebe altes recht
Befiehlt den mund zu kuͤſſen/
Es will kurtz/ rund und ſchlecht/
Wer
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