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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Und warlich allzu recht. Denn dorten plitzt der krieg/
Und läßt das deutsche reich in flammen fast zerfliessen;
Hier schleußt Arminius den friedens-vollen sieg/
Und hat das vaterland der Römer macht entrissen.
Das erste haben schon die barbarn ausgedacht;
Hier aber werden viel die klugen lehren finden:
Daß/ wer den frieden will auff blosses eisen gründen/
Ihn wie oliven-safft in bley/ zunichte macht/
Und fürsten rühmlicher mit schlauen crocodilen/
Durch weichen und verstand/ als scharffe waffen spielen.
Wo aber heb' ich an/ den ungemeinen geist
Des edlen Lohensteins nach würden auszudrücken?
Der/ was in andern man nur glieder-weise preist/
Hier voller wunder läßt aus einem buche blicken.
Denn auch gelehrte sind mit ihrer phantasey/
Wie affen offtermahls mit honig nicht zu füllen;
Drum mißt Mirandula der grobheit tausend grillen/
Und Anaxagoras dem monde berge bey
Er aber war bemüht/ wie bienen zu ergründen/
Wie man viel blumen soll in einen teig verbinden.
Der menschen erstes licht ist himmel und natur/
Wie schwefel-werck und saltz das leben dieser erden.
Ein unvernünfftig thier muß witzig durch die spur/
Die seele durch vernunfft zu einem engel werden.
Wer sieht nicht/ was sein fleiß vor proben abgelegt?
Wie er das kluge wachs der alten umgegossen/
Den geist des Socrates von neuem auffgeschlossen/
Den weisen Seneca Thusnelden eingeprägt/
Und endlich durch sein licht im schreiben mehr erwiesen/
Als man an dem Petrarch' und Loredan gepriesen.
Die staats-kunst/ die nechst Gott des scepters auge seyn/
Und fürsten/ wie den leib der schatten soll bedecken/
Schleußt er weit lustiger in liebes-zucker ein;
Als sie Savedra weiß in bilder zu verstecken.
Der tieffe Gracian legt seinem Ferdinand/
Wie eher sich August/ vor seinem Hermann nieder.
Uns aber scheint der glantz der alten zeiten wieder;
Weil wir des letzten bild im Leopold erkannt/
Und uns ein Lohenstein in alten finsternissen
Die sonne dieser zeit so artig abgerissen.
Doch
N
Vermiſchte Gedichte.
Und warlich allzu recht. Denn dorten plitzt der krieg/
Und laͤßt das deutſche reich in flammen faſt zerflieſſen;
Hier ſchleußt Arminius den friedens-vollen ſieg/
Und hat das vaterland der Roͤmer macht entriſſen.
Das erſte haben ſchon die barbarn ausgedacht;
Hier aber werden viel die klugen lehren finden:
Daß/ wer den frieden will auff bloſſes eiſen gruͤnden/
Ihn wie oliven-ſafft in bley/ zunichte macht/
Und fuͤrſten ruͤhmlicher mit ſchlauen crocodilen/
Durch weichen und verſtand/ als ſcharffe waffen ſpielen.
Wo aber heb’ ich an/ den ungemeinen geiſt
Des edlen Lohenſteins nach wuͤrden auszudruͤcken?
Der/ was in andern man nur glieder-weiſe preiſt/
Hier voller wunder laͤßt aus einem buche blicken.
Denn auch gelehrte ſind mit ihrer phantaſey/
Wie affen offtermahls mit honig nicht zu fuͤllen;
Drum mißt Mirandula der grobheit tauſend grillen/
Und Anaxagoras dem monde berge bey
Er aber war bemuͤht/ wie bienen zu ergruͤnden/
Wie man viel blumen ſoll in einen teig verbinden.
Der menſchen erſtes licht iſt himmel und natur/
Wie ſchwefel-werck und ſaltz das leben dieſer erden.
Ein unvernuͤnfftig thier muß witzig durch die ſpur/
Die ſeele durch vernunfft zu einem engel werden.
Wer ſieht nicht/ was ſein fleiß vor proben abgelegt?
Wie er das kluge wachs der alten umgegoſſen/
Den geiſt des Socrates von neuem auffgeſchloſſen/
Den weiſen Seneca Thusnelden eingepraͤgt/
Und endlich durch ſein licht im ſchreiben mehr erwieſen/
Als man an dem Petrarch’ und Loredan geprieſen.
Die ſtaats-kunſt/ die nechſt Gott des ſcepters auge ſeyn/
Und fuͤrſten/ wie den leib der ſchatten ſoll bedecken/
Schleußt er weit luſtiger in liebes-zucker ein;
Als ſie Savedra weiß in bilder zu verſtecken.
Der tieffe Gracian legt ſeinem Ferdinand/
Wie eher ſich Auguſt/ vor ſeinem Hermann nieder.
Uns aber ſcheint der glantz der alten zeiten wieder;
Weil wir des letzten bild im Leopold erkannt/
Und uns ein Lohenſtein in alten finſterniſſen
Die ſonne dieſer zeit ſo artig abgeriſſen.
Doch
N
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[193/0237] Vermiſchte Gedichte. Und warlich allzu recht. Denn dorten plitzt der krieg/ Und laͤßt das deutſche reich in flammen faſt zerflieſſen; Hier ſchleußt Arminius den friedens-vollen ſieg/ Und hat das vaterland der Roͤmer macht entriſſen. Das erſte haben ſchon die barbarn ausgedacht; Hier aber werden viel die klugen lehren finden: Daß/ wer den frieden will auff bloſſes eiſen gruͤnden/ Ihn wie oliven-ſafft in bley/ zunichte macht/ Und fuͤrſten ruͤhmlicher mit ſchlauen crocodilen/ Durch weichen und verſtand/ als ſcharffe waffen ſpielen. Wo aber heb’ ich an/ den ungemeinen geiſt Des edlen Lohenſteins nach wuͤrden auszudruͤcken? Der/ was in andern man nur glieder-weiſe preiſt/ Hier voller wunder laͤßt aus einem buche blicken. Denn auch gelehrte ſind mit ihrer phantaſey/ Wie affen offtermahls mit honig nicht zu fuͤllen; Drum mißt Mirandula der grobheit tauſend grillen/ Und Anaxagoras dem monde berge bey Er aber war bemuͤht/ wie bienen zu ergruͤnden/ Wie man viel blumen ſoll in einen teig verbinden. Der menſchen erſtes licht iſt himmel und natur/ Wie ſchwefel-werck und ſaltz das leben dieſer erden. Ein unvernuͤnfftig thier muß witzig durch die ſpur/ Die ſeele durch vernunfft zu einem engel werden. Wer ſieht nicht/ was ſein fleiß vor proben abgelegt? Wie er das kluge wachs der alten umgegoſſen/ Den geiſt des Socrates von neuem auffgeſchloſſen/ Den weiſen Seneca Thusnelden eingepraͤgt/ Und endlich durch ſein licht im ſchreiben mehr erwieſen/ Als man an dem Petrarch’ und Loredan geprieſen. Die ſtaats-kunſt/ die nechſt Gott des ſcepters auge ſeyn/ Und fuͤrſten/ wie den leib der ſchatten ſoll bedecken/ Schleußt er weit luſtiger in liebes-zucker ein; Als ſie Savedra weiß in bilder zu verſtecken. Der tieffe Gracian legt ſeinem Ferdinand/ Wie eher ſich Auguſt/ vor ſeinem Hermann nieder. Uns aber ſcheint der glantz der alten zeiten wieder; Weil wir des letzten bild im Leopold erkannt/ Und uns ein Lohenſtein in alten finſterniſſen Die ſonne dieſer zeit ſo artig abgeriſſen. Doch N

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/237>, abgerufen am 03.05.2024.