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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Das macht die meisten seyn vor grossem eyfer blind/
Und führen gall und zorn im kopffe wie Sardellen:
Drum kan ihr urthel/ das von wermuth fast zerrinnt/
Wie qvitten nicht zugleich mit muscateller qvellen.
Den andern mangelt gar zuweilen der verstand/
So wie den krebsen blut/ und wilden bäumen feigen:
Ja wenn ihr geist sich soll im alterthume zeigen/
So ist den ärmsten offt das jota kaum bekandt;
Und dennoch soll ihr ruhm nach tausend klugen Griechen/
Und ihre feder wie Cardanus athem riechen.
Doch rechte weißheit bleibt so wenig unterdrückt/
Als Pyrrhus edles hertz im feure kan verbrennen.
Denn sterne werden doch durch glaß und kunst erblickt;
Und purpur lernet man bey reinem purpur kennen:
So steigt der bücher glantz auch endlich himmel an/
Wenn ihre schrifften sich auff hohe säulen stellen.
Das ist: wenn witz und fleiß das urthel drüber fällen/
Und der gelehrten spruch dem pöfel dargethan:
Wie wenig den Bodin ein Sergius erreichen/
Und sich Pallavicin kan einem Svavis gleichen.
Die arbeit Lohensteins hat beydes schon erlebt/
Eh noch ihr wesen recht zu leben angefangen.
Denn vielen ist der ruhm/ der ihren geist erhebt/
Nicht anders als der senff in nasen auffgegangen;
Viel haben ihren Mosch mit pfeffer überstreut/
Und nur wie Araber den balsam angerochen;
Biß recht und klugheit ihr die palmen zugesprochen/
Und endlich wahr gemacht: daß eyfersucht und neid/
Wie dünste/ durch die glut der sonnen auff der erden/
Durch schrifften zwar erregt/ doch auch gebrochen werden.
Itzt tritt der andre theil in die gelehrte welt/
Sich an dem ehren-preiß des ersten zu ergetzen/
Und will den blumen-tantz/ den jener vorgestellt/
Durch einen wunder-streit von bäumen hier ersetzen.
Vielleicht zum zeugnisse: daß rosen und jasmin/
Doch am geruche noch dem myrrhen-saffte weichen/
Chineser äpffel mehr als liljen anmuth reichen/
Und bücher insgemein mit grosser arbeit blühn;
Im schliessen aber so wie reiffende morellen/
Auch von sich selber offt mit süssem zucker qvellen.
Und
Vermiſchte Gedichte.
Das macht die meiſten ſeyn vor groſſem eyfer blind/
Und fuͤhren gall und zorn im kopffe wie Sardellen:
Drum kan ihr urthel/ das von wermuth faſt zerrinnt/
Wie qvitten nicht zugleich mit muſcateller qvellen.
Den andern mangelt gar zuweilen der verſtand/
So wie den krebſen blut/ und wilden baͤumen feigen:
Ja wenn ihr geiſt ſich ſoll im alterthume zeigen/
So iſt den aͤrmſten offt das jota kaum bekandt;
Und dennoch ſoll ihr ruhm nach tauſend klugen Griechen/
Und ihre feder wie Cardanus athem riechen.
Doch rechte weißheit bleibt ſo wenig unterdruͤckt/
Als Pyrrhus edles hertz im feure kan verbrennen.
Denn ſterne werden doch durch glaß und kunſt erblickt;
Und purpur lernet man bey reinem purpur kennen:
So ſteigt der buͤcher glantz auch endlich himmel an/
Wenn ihre ſchrifften ſich auff hohe ſaͤulen ſtellen.
Das iſt: wenn witz und fleiß das urthel druͤber faͤllen/
Und der gelehrten ſpruch dem poͤfel dargethan:
Wie wenig den Bodin ein Sergius erreichen/
Und ſich Pallavicin kan einem Svavis gleichen.
Die arbeit Lohenſteins hat beydes ſchon erlebt/
Eh noch ihr weſen recht zu leben angefangen.
Denn vielen iſt der ruhm/ der ihren geiſt erhebt/
Nicht anders als der ſenff in naſen auffgegangen;
Viel haben ihren Moſch mit pfeffer uͤberſtreut/
Und nur wie Araber den balſam angerochen;
Biß recht und klugheit ihr die palmen zugeſprochen/
Und endlich wahr gemacht: daß eyferſucht und neid/
Wie duͤnſte/ durch die glut der ſonnen auff der erden/
Durch ſchrifften zwar erregt/ doch auch gebrochen werden.
Itzt tritt der andre theil in die gelehrte welt/
Sich an dem ehren-preiß des erſten zu ergetzen/
Und will den blumen-tantz/ den jener vorgeſtellt/
Durch einen wunder-ſtreit von baͤumen hier erſetzen.
Vielleicht zum zeugniſſe: daß roſen und jaſmin/
Doch am geruche noch dem myrrhen-ſaffte weichen/
Chineſer aͤpffel mehr als liljen anmuth reichen/
Und buͤcher insgemein mit groſſer arbeit bluͤhn;
Im ſchlieſſen aber ſo wie reiffende morellen/
Auch von ſich ſelber offt mit ſuͤſſem zucker qvellen.
Und
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[192/0236] Vermiſchte Gedichte. Das macht die meiſten ſeyn vor groſſem eyfer blind/ Und fuͤhren gall und zorn im kopffe wie Sardellen: Drum kan ihr urthel/ das von wermuth faſt zerrinnt/ Wie qvitten nicht zugleich mit muſcateller qvellen. Den andern mangelt gar zuweilen der verſtand/ So wie den krebſen blut/ und wilden baͤumen feigen: Ja wenn ihr geiſt ſich ſoll im alterthume zeigen/ So iſt den aͤrmſten offt das jota kaum bekandt; Und dennoch ſoll ihr ruhm nach tauſend klugen Griechen/ Und ihre feder wie Cardanus athem riechen. Doch rechte weißheit bleibt ſo wenig unterdruͤckt/ Als Pyrrhus edles hertz im feure kan verbrennen. Denn ſterne werden doch durch glaß und kunſt erblickt; Und purpur lernet man bey reinem purpur kennen: So ſteigt der buͤcher glantz auch endlich himmel an/ Wenn ihre ſchrifften ſich auff hohe ſaͤulen ſtellen. Das iſt: wenn witz und fleiß das urthel druͤber faͤllen/ Und der gelehrten ſpruch dem poͤfel dargethan: Wie wenig den Bodin ein Sergius erreichen/ Und ſich Pallavicin kan einem Svavis gleichen. Die arbeit Lohenſteins hat beydes ſchon erlebt/ Eh noch ihr weſen recht zu leben angefangen. Denn vielen iſt der ruhm/ der ihren geiſt erhebt/ Nicht anders als der ſenff in naſen auffgegangen; Viel haben ihren Moſch mit pfeffer uͤberſtreut/ Und nur wie Araber den balſam angerochen; Biß recht und klugheit ihr die palmen zugeſprochen/ Und endlich wahr gemacht: daß eyferſucht und neid/ Wie duͤnſte/ durch die glut der ſonnen auff der erden/ Durch ſchrifften zwar erregt/ doch auch gebrochen werden. Itzt tritt der andre theil in die gelehrte welt/ Sich an dem ehren-preiß des erſten zu ergetzen/ Und will den blumen-tantz/ den jener vorgeſtellt/ Durch einen wunder-ſtreit von baͤumen hier erſetzen. Vielleicht zum zeugniſſe: daß roſen und jaſmin/ Doch am geruche noch dem myrrhen-ſaffte weichen/ Chineſer aͤpffel mehr als liljen anmuth reichen/ Und buͤcher insgemein mit groſſer arbeit bluͤhn; Im ſchlieſſen aber ſo wie reiffende morellen/ Auch von ſich ſelber offt mit ſuͤſſem zucker qvellen. Und

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/236>, abgerufen am 23.11.2024.