Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Ists so/ betrübtester/ so weint er ohne recht;
Denn kont' ihr liebes-klang auff erden ihn ergetzen/
Wie kan ihr wechsel ihn denn itzt in trauren setzen/
Da GOtt nur seine lust zu ihrem nutzen schwächt?
Ein Christ muß schmertz und leid wie dornen lernen fühlen/
Mehr auff der rosen werth als ihre stachel sehn/
Und dencken/ daß kein weh denselben kan geschehn/
Die durch die thränen sich hier in den himmel spielen.

Auff das absterben Herrn Ferdinands
von Mudrach/ Käyserl. Raths und Präsidis
in Breßlau/ 1690.
DEr affe der natur/ die schatten-volle nacht/
Fieng unlängst meinen geist mit träumen an zu wiegen/
Und hatte die vernunfft kaum aus dem zirckel bracht/
Als ich Budorgis sah auff einem berge liegen.
Zu ihren füssen war ein krannich vorgestellt/
Der/ da er vor sein heer noch voller sorgen wachte/
Und alle durch sein stehn im schlaffe sicher machte/
Von pfeilen/ wie ein baum vom donner ward gefällt;
Die andern flogen noch vor schrecken hin und wieder/
Mit dieser überschrifft: Der beste liegt darnieder.
Der grund des berges war mit wapen überstreut.
Auff diesem zeigte sich der adler voller klagen:
In seiner matten schooß lag die erfahrenheit/
Und hatte vor den tod viel bücher auffgeschlagen;
Sein sinn-gemählde war ein diamanten-stein/
Mit der bezeichnungs-schrifft: Die zierde von der sonnen.
Vielleicht/ weil/ wie sein glantz vom himmel kommt geronnen/
So witz und wissenschafft des adels ausputz seyn/
Und perlen und beryll von muscheln zwar entspriessen/
Die hoheit aber muß aus ihren strahlen fliessen.
Gleich
L
Begraͤbniß-Gedichte.
Iſts ſo/ betruͤbteſter/ ſo weint er ohne recht;
Denn kont’ ihr liebes-klang auff erden ihn ergetzen/
Wie kan ihr wechſel ihn denn itzt in trauren ſetzen/
Da GOtt nur ſeine luſt zu ihrem nutzen ſchwaͤcht?
Ein Chriſt muß ſchmertz und leid wie dornen lernen fuͤhlen/
Mehr auff der roſen werth als ihre ſtachel ſehn/
Und dencken/ daß kein weh denſelben kan geſchehn/
Die durch die thraͤnen ſich hier in den himmel ſpielen.

Auff das abſterben Herrn Ferdinands
von Mudrach/ Kaͤyſerl. Raths und Praͤſidis
in Breßlau/ 1690.
DEr affe der natur/ die ſchatten-volle nacht/
Fieng unlaͤngſt meinen geiſt mit traͤumen an zu wiegen/
Und hatte die vernunfft kaum aus dem zirckel bracht/
Als ich Budorgis ſah auff einem berge liegen.
Zu ihren fuͤſſen war ein krannich vorgeſtellt/
Der/ da er vor ſein heer noch voller ſorgen wachte/
Und alle durch ſein ſtehn im ſchlaffe ſicher machte/
Von pfeilen/ wie ein baum vom donner ward gefaͤllt;
Die andern flogen noch vor ſchrecken hin und wieder/
Mit dieſer uͤberſchrifft: Der beſte liegt darnieder.
Der grund des berges war mit wapen uͤberſtreut.
Auff dieſem zeigte ſich der adler voller klagen:
In ſeiner matten ſchooß lag die erfahrenheit/
Und hatte vor den tod viel buͤcher auffgeſchlagen;
Sein ſinn-gemaͤhlde war ein diamanten-ſtein/
Mit der bezeichnungs-ſchrifft: Die zierde von der ſonnen.
Vielleicht/ weil/ wie ſein glantz vom himmel kommt geronnen/
So witz und wiſſenſchafft des adels ausputz ſeyn/
Und perlen und beryll von muſcheln zwar entſprieſſen/
Die hoheit aber muß aus ihren ſtrahlen flieſſen.
Gleich
L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0205" n="161"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="10">
            <l>I&#x017F;ts &#x017F;o/ betru&#x0364;bte&#x017F;ter/ &#x017F;o weint er ohne recht;</l><lb/>
            <l>Denn kont&#x2019; ihr liebes-klang auff erden ihn ergetzen/</l><lb/>
            <l>Wie kan ihr wech&#x017F;el ihn denn itzt in trauren &#x017F;etzen/</l><lb/>
            <l>Da GOtt nur &#x017F;eine lu&#x017F;t zu ihrem nutzen &#x017F;chwa&#x0364;cht?</l><lb/>
            <l>Ein Chri&#x017F;t muß &#x017F;chmertz und leid wie dornen lernen fu&#x0364;hlen/</l><lb/>
            <l>Mehr auff der ro&#x017F;en werth als ihre &#x017F;tachel &#x017F;ehn/</l><lb/>
            <l>Und dencken/ daß kein weh den&#x017F;elben kan ge&#x017F;chehn/</l><lb/>
            <l>Die durch die thra&#x0364;nen &#x017F;ich hier in den himmel &#x017F;pielen.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">Auff das ab&#x017F;terben Herrn Ferdinands</hi><lb/>
von Mudrach/ Ka&#x0364;y&#x017F;erl. Raths und Pra&#x0364;&#x017F;idis<lb/>
in Breßlau/ 1690.</head><lb/>
          <byline> <hi rendition="#c">B. N.</hi> </byline><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Er affe der natur/ die &#x017F;chatten-volle nacht/</l><lb/>
            <l>Fieng unla&#x0364;ng&#x017F;t meinen gei&#x017F;t mit tra&#x0364;umen an zu wiegen/</l><lb/>
            <l>Und hatte die vernunfft kaum aus dem zirckel bracht/</l><lb/>
            <l>Als ich Budorgis &#x017F;ah auff einem berge liegen.</l><lb/>
            <l>Zu ihren fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en war ein krannich vorge&#x017F;tellt/</l><lb/>
            <l>Der/ da er vor &#x017F;ein heer noch voller &#x017F;orgen wachte/</l><lb/>
            <l>Und alle durch &#x017F;ein &#x017F;tehn im &#x017F;chlaffe &#x017F;icher machte/</l><lb/>
            <l>Von pfeilen/ wie ein baum vom donner ward gefa&#x0364;llt;</l><lb/>
            <l>Die andern flogen noch vor &#x017F;chrecken hin und wieder/</l><lb/>
            <l>Mit die&#x017F;er u&#x0364;ber&#x017F;chrifft: Der be&#x017F;te liegt darnieder.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Der grund des berges war mit wapen u&#x0364;ber&#x017F;treut.</l><lb/>
            <l>Auff die&#x017F;em zeigte &#x017F;ich der adler voller klagen:</l><lb/>
            <l>In &#x017F;einer matten &#x017F;chooß lag die erfahrenheit/</l><lb/>
            <l>Und hatte vor den tod viel bu&#x0364;cher auffge&#x017F;chlagen;</l><lb/>
            <l>Sein &#x017F;inn-gema&#x0364;hlde war ein diamanten-&#x017F;tein/</l><lb/>
            <l>Mit der bezeichnungs-&#x017F;chrifft: Die zierde von der &#x017F;onnen.</l><lb/>
            <l>Vielleicht/ weil/ wie &#x017F;ein glantz vom himmel kommt geronnen/</l><lb/>
            <l>So witz und wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft des adels ausputz &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Und perlen und beryll von mu&#x017F;cheln zwar ent&#x017F;prie&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Die hoheit aber muß aus ihren &#x017F;trahlen flie&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Gleich</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0205] Begraͤbniß-Gedichte. Iſts ſo/ betruͤbteſter/ ſo weint er ohne recht; Denn kont’ ihr liebes-klang auff erden ihn ergetzen/ Wie kan ihr wechſel ihn denn itzt in trauren ſetzen/ Da GOtt nur ſeine luſt zu ihrem nutzen ſchwaͤcht? Ein Chriſt muß ſchmertz und leid wie dornen lernen fuͤhlen/ Mehr auff der roſen werth als ihre ſtachel ſehn/ Und dencken/ daß kein weh denſelben kan geſchehn/ Die durch die thraͤnen ſich hier in den himmel ſpielen. Auff das abſterben Herrn Ferdinands von Mudrach/ Kaͤyſerl. Raths und Praͤſidis in Breßlau/ 1690. B. N. DEr affe der natur/ die ſchatten-volle nacht/ Fieng unlaͤngſt meinen geiſt mit traͤumen an zu wiegen/ Und hatte die vernunfft kaum aus dem zirckel bracht/ Als ich Budorgis ſah auff einem berge liegen. Zu ihren fuͤſſen war ein krannich vorgeſtellt/ Der/ da er vor ſein heer noch voller ſorgen wachte/ Und alle durch ſein ſtehn im ſchlaffe ſicher machte/ Von pfeilen/ wie ein baum vom donner ward gefaͤllt; Die andern flogen noch vor ſchrecken hin und wieder/ Mit dieſer uͤberſchrifft: Der beſte liegt darnieder. Der grund des berges war mit wapen uͤberſtreut. Auff dieſem zeigte ſich der adler voller klagen: In ſeiner matten ſchooß lag die erfahrenheit/ Und hatte vor den tod viel buͤcher auffgeſchlagen; Sein ſinn-gemaͤhlde war ein diamanten-ſtein/ Mit der bezeichnungs-ſchrifft: Die zierde von der ſonnen. Vielleicht/ weil/ wie ſein glantz vom himmel kommt geronnen/ So witz und wiſſenſchafft des adels ausputz ſeyn/ Und perlen und beryll von muſcheln zwar entſprieſſen/ Die hoheit aber muß aus ihren ſtrahlen flieſſen. Gleich L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/205
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/205>, abgerufen am 03.05.2024.