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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
So bleibt doch ahn und blut der fürsten probe-spiegel/
Aus dem die welt allein den purpur lesen kan.
Drum brach auch Rudolphs geist des pöbels schloß und riegel/
Und zeigte durch den glantz des fünfften Christian/
Weil Nordens könige mit seinem blute prangen/
Daß ihm der dritte stern im vater auffgegangen.

Doch weil ein schwacher leib auch fürsten-blut erstickt/
Nur eisen wie magnet/ und spreu wie agtstein liebet;
Der seelen fetten kern in enge schalen schiebet/
Ihr abgemeßnes ziel aus seinem circkel rückt/
Und also stand und blut nur schau-crystallen gleichen/
An denen ieder fleck sich doppelt grösser macht/
Wo leib und glieder nicht der seelen dienste reichen.
So war der himmel auch auff alle kunst bedacht/
Biß daß er ihn zuletzt in vierdten stern gezogen/
Und ihm ein gleiches pfand am leibe zugewogen.
Und dieses waren nun die sterne der natur/
Durch die sein hoher geist zur erden abgestiegen;
Wie fieng diß adler-kind nicht aber an zu fliegen/
Als er/ wie Hercules/ auch wieder auffwärts fuhr?
Ein löw betrachtet schon bey der geburt die klauen;
Er bär streicht seiner haut gleich schmuck und farben an:
So ließ dein vater auch schon in der wiege schauen/
Und hat/ durchlauchster Printz/ in windeln dargethan/
Er würde mit der zeit ein Cyrus in geberden/
Im degen Hannibal/ in reden Cäsar werden.
Was aug' und hertz versprach/ erfüllte mund und hand/
Der hoffnung süsse frucht wuchs wie der schnee der glieder/
Indem sein früher trieb der jugend kinder-lieder/
So/ wie Amphion/ schon mit zucker-krafft verbandt.
Das ist: Indem sein geist/ so wie Augustens tugend/
Sich in den hellen stern der edlen sanfftmuth schwang/
Durch strahlen des gesichts/ wie Alexanders jugend
In die verschloßne brust der feinde selber drang/
Und also wahr gemacht/ das freundlich seyn und singen
So leicht die menschen kan als elephanten zwingen.
Das kind der tyranney/ die blinde furchtsamkeit/
Rieth den Domitian den garten auszuspiegeln;
Dein vater durffte sich vor keiner furcht verriegeln/
Weil ihn der knechte schooß mit federn überstreut/
Der

Begraͤbniß-Gedichte.
So bleibt doch ahn und blut der fuͤrſten probe-ſpiegel/
Aus dem die welt allein den purpur leſen kan.
Drum brach auch Rudolphs geiſt des poͤbels ſchloß und riegel/
Und zeigte durch den glantz des fuͤnfften Chriſtian/
Weil Nordens koͤnige mit ſeinem blute prangen/
Daß ihm der dritte ſtern im vater auffgegangen.

Doch weil ein ſchwacher leib auch fuͤrſten-blut erſtickt/
Nur eiſen wie magnet/ und ſpreu wie agtſtein liebet;
Der ſeelen fetten kern in enge ſchalen ſchiebet/
Ihr abgemeßnes ziel aus ſeinem circkel ruͤckt/
Und alſo ſtand und blut nur ſchau-cryſtallen gleichen/
An denen ieder fleck ſich doppelt groͤſſer macht/
Wo leib und glieder nicht der ſeelen dienſte reichen.
So war der himmel auch auff alle kunſt bedacht/
Biß daß er ihn zuletzt in vierdten ſtern gezogen/
Und ihm ein gleiches pfand am leibe zugewogen.
Und dieſes waren nun die ſterne der natur/
Durch die ſein hoher geiſt zur erden abgeſtiegen;
Wie fieng diß adler-kind nicht aber an zu fliegen/
Als er/ wie Hercules/ auch wieder auffwaͤrts fuhr?
Ein loͤw betrachtet ſchon bey der geburt die klauen;
Er baͤr ſtreicht ſeiner haut gleich ſchmuck und farben an:
So ließ dein vater auch ſchon in der wiege ſchauen/
Und hat/ durchlauchſter Printz/ in windeln dargethan/
Er wuͤrde mit der zeit ein Cyrus in geberden/
Im degen Hannibal/ in reden Caͤſar werden.
Was aug’ und hertz verſprach/ erfuͤllte mund und hand/
Der hoffnung ſuͤſſe frucht wuchs wie der ſchnee der glieder/
Indem ſein fruͤher trieb der jugend kinder-lieder/
So/ wie Amphion/ ſchon mit zucker-krafft verbandt.
Das iſt: Indem ſein geiſt/ ſo wie Auguſtens tugend/
Sich in den hellen ſtern der edlen ſanfftmuth ſchwang/
Durch ſtrahlen des geſichts/ wie Alexanders jugend
In die verſchloßne bruſt der feinde ſelber drang/
Und alſo wahr gemacht/ das freundlich ſeyn und ſingen
So leicht die menſchen kan als elephanten zwingen.
Das kind der tyranney/ die blinde furchtſamkeit/
Rieth den Domitian den garten auszuſpiegeln;
Dein vater durffte ſich vor keiner furcht verriegeln/
Weil ihn der knechte ſchooß mit federn uͤberſtreut/
Der
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[130/0174] Begraͤbniß-Gedichte. So bleibt doch ahn und blut der fuͤrſten probe-ſpiegel/ Aus dem die welt allein den purpur leſen kan. Drum brach auch Rudolphs geiſt des poͤbels ſchloß und riegel/ Und zeigte durch den glantz des fuͤnfften Chriſtian/ Weil Nordens koͤnige mit ſeinem blute prangen/ Daß ihm der dritte ſtern im vater auffgegangen. Doch weil ein ſchwacher leib auch fuͤrſten-blut erſtickt/ Nur eiſen wie magnet/ und ſpreu wie agtſtein liebet; Der ſeelen fetten kern in enge ſchalen ſchiebet/ Ihr abgemeßnes ziel aus ſeinem circkel ruͤckt/ Und alſo ſtand und blut nur ſchau-cryſtallen gleichen/ An denen ieder fleck ſich doppelt groͤſſer macht/ Wo leib und glieder nicht der ſeelen dienſte reichen. So war der himmel auch auff alle kunſt bedacht/ Biß daß er ihn zuletzt in vierdten ſtern gezogen/ Und ihm ein gleiches pfand am leibe zugewogen. Und dieſes waren nun die ſterne der natur/ Durch die ſein hoher geiſt zur erden abgeſtiegen; Wie fieng diß adler-kind nicht aber an zu fliegen/ Als er/ wie Hercules/ auch wieder auffwaͤrts fuhr? Ein loͤw betrachtet ſchon bey der geburt die klauen; Er baͤr ſtreicht ſeiner haut gleich ſchmuck und farben an: So ließ dein vater auch ſchon in der wiege ſchauen/ Und hat/ durchlauchſter Printz/ in windeln dargethan/ Er wuͤrde mit der zeit ein Cyrus in geberden/ Im degen Hannibal/ in reden Caͤſar werden. Was aug’ und hertz verſprach/ erfuͤllte mund und hand/ Der hoffnung ſuͤſſe frucht wuchs wie der ſchnee der glieder/ Indem ſein fruͤher trieb der jugend kinder-lieder/ So/ wie Amphion/ ſchon mit zucker-krafft verbandt. Das iſt: Indem ſein geiſt/ ſo wie Auguſtens tugend/ Sich in den hellen ſtern der edlen ſanfftmuth ſchwang/ Durch ſtrahlen des geſichts/ wie Alexanders jugend In die verſchloßne bruſt der feinde ſelber drang/ Und alſo wahr gemacht/ das freundlich ſeyn und ſingen So leicht die menſchen kan als elephanten zwingen. Das kind der tyranney/ die blinde furchtſamkeit/ Rieth den Domitian den garten auszuſpiegeln; Dein vater durffte ſich vor keiner furcht verriegeln/ Weil ihn der knechte ſchooß mit federn uͤberſtreut/ Der

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/174>, abgerufen am 03.05.2024.