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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
Und felbst Penelopen die palmen abgestritten/
Ihr kleid war Christi blut/ ihr spiegel aber GOtt:
Drum hat sie/ wie der mond/ auch in der grösten noth/
Zwar öffters finsterniß/ doch keinen bruch erlitten.

Doch diese krone brach die flamme der natur/
Als Lithens hoher geist durch ihre seele fuhr;
Drüm legte sie getrost den alten scepter nieder:
Denn unser könig schrieb auch ihrer stirnen an:
Ob man gleich kronen offt im kärcker finden kan/
So sucht ein freyes kind doch seine mutter wieder.
Wie wenn ein glimmend feur auff einmahl lufft erhält/
Und der gepreßte dampff aus seinem eirckel prellt/
Alsdenn die presse selbst zu frischen zunder dienet:
So zog ihr keusches hertz die reine flammen an.
Und folgte dazumahl dem baume von Japan/
Der von dem regen stirbt/ und in der sonne grünet.
Ihr pol-stern war allein ihr allerliebster Lith/
Lith/ der sich mehr um sie/ als alle welt/ bemüht;
Auff diesen warff sie nun ihr feuriges verlangen/
Und prägte bey sich selbst diß ihrer seelen ein:
Gönnt nur/ mein theurer Lith/ mir seinen sonnenschein/
So werd' ich monde stets in vollem lichte prangen.
Was Artemisia/ was Portia gethan/
Was sich der Grotius vom weibe rühmen kan/
Und Momorantia vor ihren printz erlitten;
Das alles schreibet man durch bücher in die welt;
Doch wo nicht Momus selbst ein blindes urthel fällt/
So hat die selige noch um den preiß gestritten.
Denn statt der aschen tranck sie Christi freuden-wein/
Vor kohlen schluckte sie nur himmels-flammen ein/
Und bat vor ihr gemahl mit heissen thränen-güssen.
Wenn denn der Labyrinth der sorgen ihn ümschloß/
Riß sie durch diesen trost ihm alle fässel loß/
Auch myrrhen lassen erst im sturme gummi fliessen.
Wie sie sein hertze nun mit zucker überstreut/
So traff sie auch das gifft der herben sterblichkeit;
Das

Begraͤbniß-Gedichte.
Und felbſt Penelopen die palmen abgeſtritten/
Ihr kleid war Chriſti blut/ ihr ſpiegel aber GOtt:
Drum hat ſie/ wie der mond/ auch in der groͤſten noth/
Zwar oͤffters finſterniß/ doch keinen bruch erlitten.

Doch dieſe krone brach die flamme der natur/
Als Lithens hoher geiſt durch ihre ſeele fuhr;
Druͤm legte ſie getroſt den alten ſcepter nieder:
Denn unſer koͤnig ſchrieb auch ihrer ſtirnen an:
Ob man gleich kronen offt im kaͤrcker finden kan/
So ſucht ein freyes kind doch ſeine mutter wieder.
Wie wenn ein glimmend feur auff einmahl lufft erhaͤlt/
Und der gepreßte dampff aus ſeinem eirckel prellt/
Alsdenn die preſſe ſelbſt zu friſchen zunder dienet:
So zog ihr keuſches hertz die reine flammen an.
Und folgte dazumahl dem baume von Japan/
Der von dem regen ſtirbt/ und in der ſonne gruͤnet.
Ihr pol-ſtern war allein ihr allerliebſter Lith/
Lith/ der ſich mehr um ſie/ als alle welt/ bemuͤht;
Auff dieſen warff ſie nun ihr feuriges verlangen/
Und praͤgte bey ſich ſelbſt diß ihrer ſeelen ein:
Goͤnnt nur/ mein theurer Lith/ mir ſeinen ſonnenſchein/
So werd’ ich monde ſtets in vollem lichte prangen.
Was Artemiſia/ was Portia gethan/
Was ſich der Grotius vom weibe ruͤhmen kan/
Und Momorantia vor ihren printz erlitten;
Das alles ſchreibet man durch buͤcher in die welt;
Doch wo nicht Momus ſelbſt ein blindes urthel faͤllt/
So hat die ſelige noch um den preiß geſtritten.
Denn ſtatt der aſchen tranck ſie Chriſti freuden-wein/
Vor kohlen ſchluckte ſie nur himmels-flammen ein/
Und bat vor ihr gemahl mit heiſſen thraͤnen-guͤſſen.
Wenn denn der Labyrinth der ſorgen ihn uͤmſchloß/
Riß ſie durch dieſen troſt ihm alle faͤſſel loß/
Auch myrrhen laſſen erſt im ſturme gummi flieſſen.
Wie ſie ſein hertze nun mit zucker uͤberſtreut/
So traff ſie auch das gifft der herben ſterblichkeit;
Das
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[126/0170] Begraͤbniß-Gedichte. Und felbſt Penelopen die palmen abgeſtritten/ Ihr kleid war Chriſti blut/ ihr ſpiegel aber GOtt: Drum hat ſie/ wie der mond/ auch in der groͤſten noth/ Zwar oͤffters finſterniß/ doch keinen bruch erlitten. Doch dieſe krone brach die flamme der natur/ Als Lithens hoher geiſt durch ihre ſeele fuhr; Druͤm legte ſie getroſt den alten ſcepter nieder: Denn unſer koͤnig ſchrieb auch ihrer ſtirnen an: Ob man gleich kronen offt im kaͤrcker finden kan/ So ſucht ein freyes kind doch ſeine mutter wieder. Wie wenn ein glimmend feur auff einmahl lufft erhaͤlt/ Und der gepreßte dampff aus ſeinem eirckel prellt/ Alsdenn die preſſe ſelbſt zu friſchen zunder dienet: So zog ihr keuſches hertz die reine flammen an. Und folgte dazumahl dem baume von Japan/ Der von dem regen ſtirbt/ und in der ſonne gruͤnet. Ihr pol-ſtern war allein ihr allerliebſter Lith/ Lith/ der ſich mehr um ſie/ als alle welt/ bemuͤht; Auff dieſen warff ſie nun ihr feuriges verlangen/ Und praͤgte bey ſich ſelbſt diß ihrer ſeelen ein: Goͤnnt nur/ mein theurer Lith/ mir ſeinen ſonnenſchein/ So werd’ ich monde ſtets in vollem lichte prangen. Was Artemiſia/ was Portia gethan/ Was ſich der Grotius vom weibe ruͤhmen kan/ Und Momorantia vor ihren printz erlitten; Das alles ſchreibet man durch buͤcher in die welt; Doch wo nicht Momus ſelbſt ein blindes urthel faͤllt/ So hat die ſelige noch um den preiß geſtritten. Denn ſtatt der aſchen tranck ſie Chriſti freuden-wein/ Vor kohlen ſchluckte ſie nur himmels-flammen ein/ Und bat vor ihr gemahl mit heiſſen thraͤnen-guͤſſen. Wenn denn der Labyrinth der ſorgen ihn uͤmſchloß/ Riß ſie durch dieſen troſt ihm alle faͤſſel loß/ Auch myrrhen laſſen erſt im ſturme gummi flieſſen. Wie ſie ſein hertze nun mit zucker uͤberſtreut/ So traff ſie auch das gifft der herben ſterblichkeit; Das

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/170>, abgerufen am 18.12.2024.