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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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derte Madelon's wilden Schmerz, den tiefen Eindruck, den das Himmelskind auf sie gemacht, die Art, wie sie die Arme unter Zujauchzen des Volks aus Desgrais' Händen gerettet. Mit immer steigendem und steigendem Interesse begannen nun die Scenen mit la Regnie -- mit Desgrais -- mit Olivier Brusson selbst. Der König, hingerissen von der Gewalt des lebendigsten Lebens, das in der Scudery Rede glühte, gewahrte nicht, daß von dem gehässigen Prozeß des ihm abscheulichen Brusson die Rede war, vermochte nicht ein Wort hervorzubringen, konnte nur dann und wann mit einem Ausruf Luft machen der innern Bewegung. Ehe er sich's versah, ganz außer sich über das Unerhörte, was er erfahren, und noch nicht vermögend, Alles zu ordnen, lag die Scudery schon zu seinen Füßen und flehte um Gnade für Olivier Brusson. -- Was thut Ihr, brach der König los, indem er sie bei beiden Händen faßte und in den Sessel nöthigte, was thut Ihr, mein Fräulein! Ihr überrascht mich auf seltsame Weise! Das ist ja eine entsetzliche Geschichte! Wer bürgt für die Wahrheit der abenteuerlichen Erzählung Brusson's? -- Darauf die Scudery: Miossens' Aussage -- die Untersuchung in Cardillac's Hause -- innere Ueberzeugung -- ach! Madelon's tugendhaftes Herz, das gleiche Tugend in dem unglücklichen Brusson erkannte! -- Der König, im Begriff, etwas zu erwidern, wandte sich auf ein Geräusch um, das an der Thüre entstand. Louvois, der eben im andern Gemach arbeitete, sah hinein mit besorglicher Miene. Der König

derte Madelon's wilden Schmerz, den tiefen Eindruck, den das Himmelskind auf sie gemacht, die Art, wie sie die Arme unter Zujauchzen des Volks aus Desgrais' Händen gerettet. Mit immer steigendem und steigendem Interesse begannen nun die Scenen mit la Regnie — mit Desgrais — mit Olivier Brusson selbst. Der König, hingerissen von der Gewalt des lebendigsten Lebens, das in der Scudery Rede glühte, gewahrte nicht, daß von dem gehässigen Prozeß des ihm abscheulichen Brusson die Rede war, vermochte nicht ein Wort hervorzubringen, konnte nur dann und wann mit einem Ausruf Luft machen der innern Bewegung. Ehe er sich's versah, ganz außer sich über das Unerhörte, was er erfahren, und noch nicht vermögend, Alles zu ordnen, lag die Scudery schon zu seinen Füßen und flehte um Gnade für Olivier Brusson. — Was thut Ihr, brach der König los, indem er sie bei beiden Händen faßte und in den Sessel nöthigte, was thut Ihr, mein Fräulein! Ihr überrascht mich auf seltsame Weise! Das ist ja eine entsetzliche Geschichte! Wer bürgt für die Wahrheit der abenteuerlichen Erzählung Brusson's? — Darauf die Scudery: Miossens' Aussage — die Untersuchung in Cardillac's Hause — innere Ueberzeugung — ach! Madelon's tugendhaftes Herz, das gleiche Tugend in dem unglücklichen Brusson erkannte! — Der König, im Begriff, etwas zu erwidern, wandte sich auf ein Geräusch um, das an der Thüre entstand. Louvois, der eben im andern Gemach arbeitete, sah hinein mit besorglicher Miene. Der König

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[0106] derte Madelon's wilden Schmerz, den tiefen Eindruck, den das Himmelskind auf sie gemacht, die Art, wie sie die Arme unter Zujauchzen des Volks aus Desgrais' Händen gerettet. Mit immer steigendem und steigendem Interesse begannen nun die Scenen mit la Regnie — mit Desgrais — mit Olivier Brusson selbst. Der König, hingerissen von der Gewalt des lebendigsten Lebens, das in der Scudery Rede glühte, gewahrte nicht, daß von dem gehässigen Prozeß des ihm abscheulichen Brusson die Rede war, vermochte nicht ein Wort hervorzubringen, konnte nur dann und wann mit einem Ausruf Luft machen der innern Bewegung. Ehe er sich's versah, ganz außer sich über das Unerhörte, was er erfahren, und noch nicht vermögend, Alles zu ordnen, lag die Scudery schon zu seinen Füßen und flehte um Gnade für Olivier Brusson. — Was thut Ihr, brach der König los, indem er sie bei beiden Händen faßte und in den Sessel nöthigte, was thut Ihr, mein Fräulein! Ihr überrascht mich auf seltsame Weise! Das ist ja eine entsetzliche Geschichte! Wer bürgt für die Wahrheit der abenteuerlichen Erzählung Brusson's? — Darauf die Scudery: Miossens' Aussage — die Untersuchung in Cardillac's Hause — innere Ueberzeugung — ach! Madelon's tugendhaftes Herz, das gleiche Tugend in dem unglücklichen Brusson erkannte! — Der König, im Begriff, etwas zu erwidern, wandte sich auf ein Geräusch um, das an der Thüre entstand. Louvois, der eben im andern Gemach arbeitete, sah hinein mit besorglicher Miene. Der König

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/106>, abgerufen am 28.04.2024.