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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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stand auf und verließ, Louvois folgend, das Zimmer. Beide, die Scudery, die Maintenon hielten diese Unterbrechung für gefährlich, denn einmal überrascht mochte der König sich hüten, in die gestellte Falle zum zweitenmal zu gehen. Doch nach einigen Minuten trat der König wieder hinein, schritt rasch ein paarmal im Zimmer auf und ab, stellte sich dann, die Hände über den Rücken geschlagen, dicht vor die Scudery hin und sprach, ohne sie anzublicken, halb leise: Wohl möcht' ich Eure Madelon sehen! -- Darauf die Scudery: O mein gnädiger Herr, welches hohen -- hohen Glücks würdigt Ihr das arme, unglückliche Kind -- ach, nur Eures Winks bedurft' es ja, die Kleine zu Euren Füßen zu sehen. Und trippelte dann, so schnell sie es in den schweren Kleidern vermochte, nach der Thür und rief hinaus, der König wolle Madelon Cardillac vor sich lassen, und kam zurück und weinte und schluchzte vor Entzücken und Rührung. Die Scudery hatte solche Gunst geahnet und daher Madelon mitgenommen, die bei der Marquise Kammerfrau wartete mit einer kurzen Bittschrift in den Händen, die ihr d'Andilly aufgesetzt. In wenig Augenblicken lag sie sprachlos dem Könige zu Füßen Angst -- Bestürzung -- scheue Ehrfurcht -- Liebe und Schmerz -- trieben der Armen rascher und rascher das siedende Blut durch alle Adern. Ihre Wangen glühten in hohem Purpur -- die Augen glänzten von hellen Thränenperlen, die dann und wann hinabfielen durch die seidenen Wimpern auf den schönen Lilienbusen. Der König schien

stand auf und verließ, Louvois folgend, das Zimmer. Beide, die Scudery, die Maintenon hielten diese Unterbrechung für gefährlich, denn einmal überrascht mochte der König sich hüten, in die gestellte Falle zum zweitenmal zu gehen. Doch nach einigen Minuten trat der König wieder hinein, schritt rasch ein paarmal im Zimmer auf und ab, stellte sich dann, die Hände über den Rücken geschlagen, dicht vor die Scudery hin und sprach, ohne sie anzublicken, halb leise: Wohl möcht' ich Eure Madelon sehen! — Darauf die Scudery: O mein gnädiger Herr, welches hohen — hohen Glücks würdigt Ihr das arme, unglückliche Kind — ach, nur Eures Winks bedurft' es ja, die Kleine zu Euren Füßen zu sehen. Und trippelte dann, so schnell sie es in den schweren Kleidern vermochte, nach der Thür und rief hinaus, der König wolle Madelon Cardillac vor sich lassen, und kam zurück und weinte und schluchzte vor Entzücken und Rührung. Die Scudery hatte solche Gunst geahnet und daher Madelon mitgenommen, die bei der Marquise Kammerfrau wartete mit einer kurzen Bittschrift in den Händen, die ihr d'Andilly aufgesetzt. In wenig Augenblicken lag sie sprachlos dem Könige zu Füßen Angst — Bestürzung — scheue Ehrfurcht — Liebe und Schmerz — trieben der Armen rascher und rascher das siedende Blut durch alle Adern. Ihre Wangen glühten in hohem Purpur — die Augen glänzten von hellen Thränenperlen, die dann und wann hinabfielen durch die seidenen Wimpern auf den schönen Lilienbusen. Der König schien

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[0107] stand auf und verließ, Louvois folgend, das Zimmer. Beide, die Scudery, die Maintenon hielten diese Unterbrechung für gefährlich, denn einmal überrascht mochte der König sich hüten, in die gestellte Falle zum zweitenmal zu gehen. Doch nach einigen Minuten trat der König wieder hinein, schritt rasch ein paarmal im Zimmer auf und ab, stellte sich dann, die Hände über den Rücken geschlagen, dicht vor die Scudery hin und sprach, ohne sie anzublicken, halb leise: Wohl möcht' ich Eure Madelon sehen! — Darauf die Scudery: O mein gnädiger Herr, welches hohen — hohen Glücks würdigt Ihr das arme, unglückliche Kind — ach, nur Eures Winks bedurft' es ja, die Kleine zu Euren Füßen zu sehen. Und trippelte dann, so schnell sie es in den schweren Kleidern vermochte, nach der Thür und rief hinaus, der König wolle Madelon Cardillac vor sich lassen, und kam zurück und weinte und schluchzte vor Entzücken und Rührung. Die Scudery hatte solche Gunst geahnet und daher Madelon mitgenommen, die bei der Marquise Kammerfrau wartete mit einer kurzen Bittschrift in den Händen, die ihr d'Andilly aufgesetzt. In wenig Augenblicken lag sie sprachlos dem Könige zu Füßen Angst — Bestürzung — scheue Ehrfurcht — Liebe und Schmerz — trieben der Armen rascher und rascher das siedende Blut durch alle Adern. Ihre Wangen glühten in hohem Purpur — die Augen glänzten von hellen Thränenperlen, die dann und wann hinabfielen durch die seidenen Wimpern auf den schönen Lilienbusen. Der König schien

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/107>, abgerufen am 22.11.2024.