Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Robe von schwerem Seidenzeug, schmückte sich mit Cardillac's köstlichem Geschmeide, hing einen langen schwarzen Schleier über und erschien so in den Gemächern der Maintenon zur Stunde, da eben der König zugegen. Die edle Gestalt des ehrwürdigen Fräuleins in diesem feierlichen Anzuge hatte eine Majestät, die tiefe Ehrfurcht erwecken mußte, selbst bei dem losen Volk, das gewohnt ist, in den Vorzimmern sein leichtsinnig nichtsbeachtendes Wesen zu treiben. Alles wich scheu zur Seite, und als sie nun eintrat, stand selbst der König ganz verwundert auf und kam ihr entgegen. Da blitzten ihm die köstlichen Diamanten des Halsbands, der Armbänder ins Auge, und er rief: Beim Himmel, das ist Cardillac's Geschmeide! Und dann sich zur Maintenon wendend, fügte er mit unmuthigem Lächeln hinzu: Seht, Frau Marquise, wie unsere schöne Braut um ihren Bräutigam trauert. -- Ei, gnädiger Herr, fiel die Scudery wie den Scherz fortsetzend ein, wie würd' es ziemen einer schmerzerfüllten Braut, sich so glanzvoll zu schmücken? Nein, ich habe mich ganz losgesagt von diesem Goldschmied, und dächte nicht mehr an ihn, träte mir nicht manchmal das abscheuliche Bild, wie er ermordet dicht bei mir vorübergetragen wurde, vor Augen. -- Wie, fragte der König, wie, Ihr habt ihn gesehen, den armen Teufel? -- Die Scudery erzählte nun mit kurzen Worten, wie sie der Zufall (noch erwähnte sie nicht der Einmischung Brusson's) vor Cardillac's Haus gebracht, als eben der Mord entdeckt worden. Sie schil-

Robe von schwerem Seidenzeug, schmückte sich mit Cardillac's köstlichem Geschmeide, hing einen langen schwarzen Schleier über und erschien so in den Gemächern der Maintenon zur Stunde, da eben der König zugegen. Die edle Gestalt des ehrwürdigen Fräuleins in diesem feierlichen Anzuge hatte eine Majestät, die tiefe Ehrfurcht erwecken mußte, selbst bei dem losen Volk, das gewohnt ist, in den Vorzimmern sein leichtsinnig nichtsbeachtendes Wesen zu treiben. Alles wich scheu zur Seite, und als sie nun eintrat, stand selbst der König ganz verwundert auf und kam ihr entgegen. Da blitzten ihm die köstlichen Diamanten des Halsbands, der Armbänder ins Auge, und er rief: Beim Himmel, das ist Cardillac's Geschmeide! Und dann sich zur Maintenon wendend, fügte er mit unmuthigem Lächeln hinzu: Seht, Frau Marquise, wie unsere schöne Braut um ihren Bräutigam trauert. — Ei, gnädiger Herr, fiel die Scudery wie den Scherz fortsetzend ein, wie würd' es ziemen einer schmerzerfüllten Braut, sich so glanzvoll zu schmücken? Nein, ich habe mich ganz losgesagt von diesem Goldschmied, und dächte nicht mehr an ihn, träte mir nicht manchmal das abscheuliche Bild, wie er ermordet dicht bei mir vorübergetragen wurde, vor Augen. — Wie, fragte der König, wie, Ihr habt ihn gesehen, den armen Teufel? — Die Scudery erzählte nun mit kurzen Worten, wie sie der Zufall (noch erwähnte sie nicht der Einmischung Brusson's) vor Cardillac's Haus gebracht, als eben der Mord entdeckt worden. Sie schil-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <p><pb facs="#f0105"/>
Robe von schwerem                Seidenzeug, schmückte sich mit Cardillac's köstlichem Geschmeide, hing einen langen                schwarzen Schleier über und erschien so in den Gemächern der Maintenon zur Stunde, da                eben der König zugegen. Die edle Gestalt des ehrwürdigen Fräuleins in diesem                feierlichen Anzuge hatte eine Majestät, die tiefe Ehrfurcht erwecken mußte, selbst                bei dem losen Volk, das gewohnt ist, in den Vorzimmern sein leichtsinnig                nichtsbeachtendes Wesen zu treiben. Alles wich scheu zur Seite, und als sie nun                eintrat, stand selbst der König ganz verwundert auf und kam ihr entgegen. Da blitzten                ihm die köstlichen Diamanten des Halsbands, der Armbänder ins Auge, und er rief: Beim                Himmel, das ist Cardillac's Geschmeide! Und dann sich zur Maintenon wendend, fügte er                mit unmuthigem Lächeln hinzu: Seht, Frau Marquise, wie unsere schöne Braut um ihren                Bräutigam trauert. &#x2014; Ei, gnädiger Herr, fiel die Scudery wie den Scherz fortsetzend                ein, wie würd' es ziemen einer schmerzerfüllten Braut, sich so glanzvoll zu                schmücken? Nein, ich habe mich ganz losgesagt von diesem Goldschmied, und dächte                nicht mehr an ihn, träte mir nicht manchmal das abscheuliche Bild, wie er ermordet                dicht bei mir vorübergetragen wurde, vor Augen. &#x2014; Wie, fragte der König, wie, Ihr                habt ihn gesehen, den armen Teufel? &#x2014; Die Scudery erzählte nun mit kurzen Worten, wie                sie der Zufall (noch erwähnte sie nicht der Einmischung Brusson's) vor Cardillac's                Haus gebracht, als eben der Mord entdeckt worden. Sie schil-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0105] Robe von schwerem Seidenzeug, schmückte sich mit Cardillac's köstlichem Geschmeide, hing einen langen schwarzen Schleier über und erschien so in den Gemächern der Maintenon zur Stunde, da eben der König zugegen. Die edle Gestalt des ehrwürdigen Fräuleins in diesem feierlichen Anzuge hatte eine Majestät, die tiefe Ehrfurcht erwecken mußte, selbst bei dem losen Volk, das gewohnt ist, in den Vorzimmern sein leichtsinnig nichtsbeachtendes Wesen zu treiben. Alles wich scheu zur Seite, und als sie nun eintrat, stand selbst der König ganz verwundert auf und kam ihr entgegen. Da blitzten ihm die köstlichen Diamanten des Halsbands, der Armbänder ins Auge, und er rief: Beim Himmel, das ist Cardillac's Geschmeide! Und dann sich zur Maintenon wendend, fügte er mit unmuthigem Lächeln hinzu: Seht, Frau Marquise, wie unsere schöne Braut um ihren Bräutigam trauert. — Ei, gnädiger Herr, fiel die Scudery wie den Scherz fortsetzend ein, wie würd' es ziemen einer schmerzerfüllten Braut, sich so glanzvoll zu schmücken? Nein, ich habe mich ganz losgesagt von diesem Goldschmied, und dächte nicht mehr an ihn, träte mir nicht manchmal das abscheuliche Bild, wie er ermordet dicht bei mir vorübergetragen wurde, vor Augen. — Wie, fragte der König, wie, Ihr habt ihn gesehen, den armen Teufel? — Die Scudery erzählte nun mit kurzen Worten, wie sie der Zufall (noch erwähnte sie nicht der Einmischung Brusson's) vor Cardillac's Haus gebracht, als eben der Mord entdeckt worden. Sie schil-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/105
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/105>, abgerufen am 25.11.2024.