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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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dische, weite, mit vielen Schnüren wunderlich aus¬
staffirte Jägerlivrei gehüllte Gestalt. Ueber die
breite weiße Stirn legten sich nur ein Paar graue
Löckchen, der untere Theil des Gesichts hatte die
robuste Jägerfarbe, und unerachtet die verzogenen
Muskeln das Gesicht zu einer beinahe abenteuerlichen
Maske formten, söhnte doch die etwas dümmliche
Gutmüthigkeit, die aus den Augen leuchtete und
um den Mund spielte, alles wieder aus. "Nun,
alter Franz," fing der Großonkel an, indem er sich
im Vorsaal den Schnee vom Pelze abklopfte, "nun,
alter Franz, ist alles bereitet, sind die Tapeten in
meinen Stuben abgestaubt, sind die Betten hinein¬
getragen, ist gestern und heute tüchtig geheitzt wor¬
den?" "Nein," erwiederte Franz sehr gelassen,
"nein, mein werthester Herr Justitiarius, das ist
alles nicht geschehen." "Herr Gott!" fuhr der
Großonkel auf, "ich habe ja zeitig genug geschrie¬
ben, ich komme ja stets nach dem richtigen Datum;
das ist ja eine Tölpelei, nun kann ich in eiskalten
Zimmern hausen." "Ja, werthester Herr Justi¬

diſche, weite, mit vielen Schnuͤren wunderlich aus¬
ſtaffirte Jaͤgerlivrei gehuͤllte Geſtalt. Ueber die
breite weiße Stirn legten ſich nur ein Paar graue
Loͤckchen, der untere Theil des Geſichts hatte die
robuſte Jaͤgerfarbe, und unerachtet die verzogenen
Muskeln das Geſicht zu einer beinahe abenteuerlichen
Maske formten, ſoͤhnte doch die etwas duͤmmliche
Gutmuͤthigkeit, die aus den Augen leuchtete und
um den Mund ſpielte, alles wieder aus. „Nun,
alter Franz,“ fing der Großonkel an, indem er ſich
im Vorſaal den Schnee vom Pelze abklopfte, „nun,
alter Franz, iſt alles bereitet, ſind die Tapeten in
meinen Stuben abgeſtaubt, ſind die Betten hinein¬
getragen, iſt geſtern und heute tuͤchtig geheitzt wor¬
den?“ „Nein,“ erwiederte Franz ſehr gelaſſen,
„nein, mein wertheſter Herr Juſtitiarius, das iſt
alles nicht geſchehen.“ „Herr Gott!“ fuhr der
Großonkel auf, „ich habe ja zeitig genug geſchrie¬
ben, ich komme ja ſtets nach dem richtigen Datum;
das iſt ja eine Toͤlpelei, nun kann ich in eiskalten
Zimmern hauſen.“ „Ja, wertheſter Herr Juſti¬

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[85/0093] diſche, weite, mit vielen Schnuͤren wunderlich aus¬ ſtaffirte Jaͤgerlivrei gehuͤllte Geſtalt. Ueber die breite weiße Stirn legten ſich nur ein Paar graue Loͤckchen, der untere Theil des Geſichts hatte die robuſte Jaͤgerfarbe, und unerachtet die verzogenen Muskeln das Geſicht zu einer beinahe abenteuerlichen Maske formten, ſoͤhnte doch die etwas duͤmmliche Gutmuͤthigkeit, die aus den Augen leuchtete und um den Mund ſpielte, alles wieder aus. „Nun, alter Franz,“ fing der Großonkel an, indem er ſich im Vorſaal den Schnee vom Pelze abklopfte, „nun, alter Franz, iſt alles bereitet, ſind die Tapeten in meinen Stuben abgeſtaubt, ſind die Betten hinein¬ getragen, iſt geſtern und heute tuͤchtig geheitzt wor¬ den?“ „Nein,“ erwiederte Franz ſehr gelaſſen, „nein, mein wertheſter Herr Juſtitiarius, das iſt alles nicht geſchehen.“ „Herr Gott!“ fuhr der Großonkel auf, „ich habe ja zeitig genug geſchrie¬ ben, ich komme ja ſtets nach dem richtigen Datum; das iſt ja eine Toͤlpelei, nun kann ich in eiskalten Zimmern hauſen.“ „Ja, wertheſter Herr Juſti¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/93>, abgerufen am 22.11.2024.