ins Auge fassend, überzeugt, daß die freilich ganz wunderbare Aehnlichkeit des Offiziers mit dem Geliebten sie getäuscht, eilte sie fort laut jammernd und klagend. Graf Nepomuk konnte, da der Offizier sich nun als den jüngern Vetter des Gra¬ fen Stanislaus, als den Grafen Xaver von R. kund that, es kaum für möglich halten, daß der Knabe in so kurzer Zeit zum kräftigen Jünglinge herangewachsen. Freilich kam hinzu, daß die Stra¬ pazen des Kriegs dem Gesicht, der ganzen Hal¬ tung, einen männlichern Charakter gaben, als es sonst der Fall gewesen seyn würde. Graf Xaver hatte nehmlich mit seinem ältern Vetter Stanis¬ laus zugleich das Vaterland verlassen, wie er, fran¬ zösische Kriegsdienste genommen und in Italien ge¬ fochten. Damals kaum achtzehn Jahre alt, zeich¬ nete er sich doch bald, als besonnener und löwen¬ kühner Kriegsheld auf solche Weise aus, daß ihn der Feldherr zu seinem Adjutanten erhob, und jetzt war er, ein zwanzigjähriger Jüngling, schon zum Obristen heraufgestiegen. Erhaltene Wunden,
ins Auge faſſend, uͤberzeugt, daß die freilich ganz wunderbare Aehnlichkeit des Offiziers mit dem Geliebten ſie getaͤuſcht, eilte ſie fort laut jammernd und klagend. Graf Nepomuk konnte, da der Offizier ſich nun als den juͤngern Vetter des Gra¬ fen Stanislaus, als den Grafen Xaver von R. kund that, es kaum fuͤr moͤglich halten, daß der Knabe in ſo kurzer Zeit zum kraͤftigen Juͤnglinge herangewachſen. Freilich kam hinzu, daß die Stra¬ pazen des Kriegs dem Geſicht, der ganzen Hal¬ tung, einen maͤnnlichern Charakter gaben, als es ſonſt der Fall geweſen ſeyn wuͤrde. Graf Xaver hatte nehmlich mit ſeinem aͤltern Vetter Stanis¬ laus zugleich das Vaterland verlaſſen, wie er, fran¬ zoͤſiſche Kriegsdienſte genommen und in Italien ge¬ fochten. Damals kaum achtzehn Jahre alt, zeich¬ nete er ſich doch bald, als beſonnener und loͤwen¬ kuͤhner Kriegsheld auf ſolche Weiſe aus, daß ihn der Feldherr zu ſeinem Adjutanten erhob, und jetzt war er, ein zwanzigjaͤhriger Juͤngling, ſchon zum Obriſten heraufgeſtiegen. Erhaltene Wunden,
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ins Auge faſſend, uͤberzeugt, daß die freilich ganz
wunderbare Aehnlichkeit des Offiziers mit dem
Geliebten ſie getaͤuſcht, eilte ſie fort laut jammernd
und klagend. Graf Nepomuk konnte, da der
Offizier ſich nun als den juͤngern Vetter des Gra¬
fen Stanislaus, als den Grafen Xaver von R.
kund that, es kaum fuͤr moͤglich halten, daß der
Knabe in ſo kurzer Zeit zum kraͤftigen Juͤnglinge
herangewachſen. Freilich kam hinzu, daß die Stra¬
pazen des Kriegs dem Geſicht, der ganzen Hal¬
tung, einen maͤnnlichern Charakter gaben, als es
ſonſt der Fall geweſen ſeyn wuͤrde. Graf Xaver
hatte nehmlich mit ſeinem aͤltern Vetter Stanis¬
laus zugleich das Vaterland verlaſſen, wie er, fran¬
zoͤſiſche Kriegsdienſte genommen und in Italien ge¬
fochten. Damals kaum achtzehn Jahre alt, zeich¬
nete er ſich doch bald, als beſonnener und loͤwen¬
kuͤhner Kriegsheld auf ſolche Weiſe aus, daß ihn
der Feldherr zu ſeinem Adjutanten erhob, und
jetzt war er, ein zwanzigjaͤhriger Juͤngling, ſchon
zum Obriſten heraufgeſtiegen. Erhaltene Wunden,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/292>, abgerufen am 24.11.2024.
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