der fabelhaften Ritterzeit gehalten, dessen Schwert allein Armeen vernichten konnte. Was halfen alle Betheurungen, daß keine menschliche Kraft zu wi¬ derstehen vermochte dem brausenden, alles verschlin¬ genden Strom, der sich über das Vaterland hin¬ wälzte, was half alles Flehen der inbrünstigen Lie¬ be, Hermenegilda, als könne sich ihr todtkaltes Herz nur im wilden Treiben der Welthändel ent¬ zünden, blieb bei dem Entschluß, ihre Hand nur dann dem Grafen Stanislaus geben zu wollen, wenn die Fremden aus dem Vaterlande vertrieben seyn würden. Der Graf sah' zu spät ein, daß Hermenegilda ihn nie liebte, so wie er sich überzeu¬ gen mußte, daß die Bedingniß, die Hermenegilda aufstellte, vielleicht niemals, wenigstens erst in ge¬ raumer Zeit erfüllt werden konnte. Mit dem Schwur der Treue bis in den Tod verließ er die Geliebte und nahm französische Dienste, die ihn in den Krieg nach Italien führten. -- Man sagt den polnischen Frauen nach, daß ein eignes lau¬ nisches Wesen sie auszeichne. Tiefes Gefühl, sich
der fabelhaften Ritterzeit gehalten, deſſen Schwert allein Armeen vernichten konnte. Was halfen alle Betheurungen, daß keine menſchliche Kraft zu wi¬ derſtehen vermochte dem brauſenden, alles verſchlin¬ genden Strom, der ſich uͤber das Vaterland hin¬ waͤlzte, was half alles Flehen der inbruͤnſtigen Lie¬ be, Hermenegilda, als koͤnne ſich ihr todtkaltes Herz nur im wilden Treiben der Welthaͤndel ent¬ zuͤnden, blieb bei dem Entſchluß, ihre Hand nur dann dem Grafen Stanislaus geben zu wollen, wenn die Fremden aus dem Vaterlande vertrieben ſeyn wuͤrden. Der Graf ſah' zu ſpaͤt ein, daß Hermenegilda ihn nie liebte, ſo wie er ſich uͤberzeu¬ gen mußte, daß die Bedingniß, die Hermenegilda aufſtellte, vielleicht niemals, wenigſtens erſt in ge¬ raumer Zeit erfuͤllt werden konnte. Mit dem Schwur der Treue bis in den Tod verließ er die Geliebte und nahm franzoͤſiſche Dienſte, die ihn in den Krieg nach Italien fuͤhrten. — Man ſagt den polniſchen Frauen nach, daß ein eignes lau¬ niſches Weſen ſie auszeichne. Tiefes Gefuͤhl, ſich
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der fabelhaften Ritterzeit gehalten, deſſen Schwert
allein Armeen vernichten konnte. Was halfen alle
Betheurungen, daß keine menſchliche Kraft zu wi¬
derſtehen vermochte dem brauſenden, alles verſchlin¬
genden Strom, der ſich uͤber das Vaterland hin¬
waͤlzte, was half alles Flehen der inbruͤnſtigen Lie¬
be, Hermenegilda, als koͤnne ſich ihr todtkaltes
Herz nur im wilden Treiben der Welthaͤndel ent¬
zuͤnden, blieb bei dem Entſchluß, ihre Hand nur
dann dem Grafen Stanislaus geben zu wollen,
wenn die Fremden aus dem Vaterlande vertrieben
ſeyn wuͤrden. Der Graf ſah' zu ſpaͤt ein, daß
Hermenegilda ihn nie liebte, ſo wie er ſich uͤberzeu¬
gen mußte, daß die Bedingniß, die Hermenegilda
aufſtellte, vielleicht niemals, wenigſtens erſt in ge¬
raumer Zeit erfuͤllt werden konnte. Mit dem
Schwur der Treue bis in den Tod verließ er die
Geliebte und nahm franzoͤſiſche Dienſte, die ihn
in den Krieg nach Italien fuͤhrten. — Man ſagt
den polniſchen Frauen nach, daß ein eignes lau¬
niſches Weſen ſie auszeichne. Tiefes Gefuͤhl, ſich
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/286>, abgerufen am 24.11.2024.
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