Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

murmelte er dumpf: "Zwangen dich die Gestirne,
den Sohn, den du liebtest, elend zu machen?" --
Die Hände zurückgeworfen, einen kleinen Schritt
hinter sich getreten, warf nun der Baron den
Blick in die Höhe, und sprach mit gesenkter, bei¬
nahe weicher Stimme: "Armer, bethörter Greis!
-- Das Fastnachtsspiel mit seinen läppischen Täu¬
schungen ist nun vorüber! -- Nun magst du er¬
kennen, daß das kärglich zugemessene Besitzthum
hienieden nichts gemein hat mit dem Jenseits über
den Sternen -- Welcher Wille, welche Kraft
reicht hinaus über das Grab?" -- Wieder schwieg
der Baron einige Sekunden -- dann rief er hef¬
tig: "Nein, nicht ein Quentlein meines Erden¬
glücks, das du zu vernichten trachtetest, soll mir
dein Starrsinn rauben," und damit riß er ein
zusammengelegtes Papier aus der Tasche, und
hielt es zwischen zwey Fingern hoch empor an
eine dicht bei der Leiche stehende brennende Kerze.
Das Papier, von der Kerze ergriffen, flackerte
hoch auf, und als der Wiederschein der Flamme

murmelte er dumpf: „Zwangen dich die Geſtirne,
den Sohn, den du liebteſt, elend zu machen?“ —
Die Haͤnde zuruͤckgeworfen, einen kleinen Schritt
hinter ſich getreten, warf nun der Baron den
Blick in die Hoͤhe, und ſprach mit geſenkter, bei¬
nahe weicher Stimme: „Armer, bethoͤrter Greis!
— Das Faſtnachtsſpiel mit ſeinen laͤppiſchen Taͤu¬
ſchungen iſt nun voruͤber! — Nun magſt du er¬
kennen, daß das kaͤrglich zugemeſſene Beſitzthum
hienieden nichts gemein hat mit dem Jenſeits uͤber
den Sternen — Welcher Wille, welche Kraft
reicht hinaus uͤber das Grab?“ — Wieder ſchwieg
der Baron einige Sekunden — dann rief er hef¬
tig: „Nein, nicht ein Quentlein meines Erden¬
gluͤcks, das du zu vernichten trachteteſt, ſoll mir
dein Starrſinn rauben,“ und damit riß er ein
zuſammengelegtes Papier aus der Taſche, und
hielt es zwiſchen zwey Fingern hoch empor an
eine dicht bei der Leiche ſtehende brennende Kerze.
Das Papier, von der Kerze ergriffen, flackerte
hoch auf, und als der Wiederſchein der Flamme

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="178"/>
murmelte er dumpf: &#x201E;Zwangen dich die Ge&#x017F;tirne,<lb/>
den Sohn, den du liebte&#x017F;t, elend zu machen?&#x201C; &#x2014;<lb/>
Die Ha&#x0364;nde zuru&#x0364;ckgeworfen, einen kleinen Schritt<lb/>
hinter &#x017F;ich getreten, warf nun der Baron den<lb/>
Blick in die Ho&#x0364;he, und &#x017F;prach mit ge&#x017F;enkter, bei¬<lb/>
nahe weicher Stimme: &#x201E;Armer, betho&#x0364;rter Greis!<lb/>
&#x2014; Das Fa&#x017F;tnachts&#x017F;piel mit &#x017F;einen la&#x0364;ppi&#x017F;chen Ta&#x0364;<lb/>
&#x017F;chungen i&#x017F;t nun voru&#x0364;ber! &#x2014; Nun mag&#x017F;t du er¬<lb/>
kennen, daß das ka&#x0364;rglich zugeme&#x017F;&#x017F;ene Be&#x017F;itzthum<lb/>
hienieden nichts gemein hat mit dem Jen&#x017F;eits u&#x0364;ber<lb/>
den Sternen &#x2014; Welcher Wille, welche Kraft<lb/>
reicht hinaus u&#x0364;ber das Grab?&#x201C; &#x2014; Wieder &#x017F;chwieg<lb/>
der Baron einige Sekunden &#x2014; dann rief er hef¬<lb/>
tig: &#x201E;Nein, nicht ein Quentlein meines Erden¬<lb/>
glu&#x0364;cks, das du zu vernichten trachtete&#x017F;t, &#x017F;oll mir<lb/>
dein Starr&#x017F;inn rauben,&#x201C; und damit riß er ein<lb/>
zu&#x017F;ammengelegtes Papier aus der Ta&#x017F;che, und<lb/>
hielt es zwi&#x017F;chen zwey Fingern hoch empor an<lb/>
eine dicht bei der Leiche &#x017F;tehende brennende Kerze.<lb/>
Das Papier, von der Kerze ergriffen, flackerte<lb/>
hoch auf, und als der Wieder&#x017F;chein der Flamme<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0186] murmelte er dumpf: „Zwangen dich die Geſtirne, den Sohn, den du liebteſt, elend zu machen?“ — Die Haͤnde zuruͤckgeworfen, einen kleinen Schritt hinter ſich getreten, warf nun der Baron den Blick in die Hoͤhe, und ſprach mit geſenkter, bei¬ nahe weicher Stimme: „Armer, bethoͤrter Greis! — Das Faſtnachtsſpiel mit ſeinen laͤppiſchen Taͤu¬ ſchungen iſt nun voruͤber! — Nun magſt du er¬ kennen, daß das kaͤrglich zugemeſſene Beſitzthum hienieden nichts gemein hat mit dem Jenſeits uͤber den Sternen — Welcher Wille, welche Kraft reicht hinaus uͤber das Grab?“ — Wieder ſchwieg der Baron einige Sekunden — dann rief er hef¬ tig: „Nein, nicht ein Quentlein meines Erden¬ gluͤcks, das du zu vernichten trachteteſt, ſoll mir dein Starrſinn rauben,“ und damit riß er ein zuſammengelegtes Papier aus der Taſche, und hielt es zwiſchen zwey Fingern hoch empor an eine dicht bei der Leiche ſtehende brennende Kerze. Das Papier, von der Kerze ergriffen, flackerte hoch auf, und als der Wiederſchein der Flamme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/186
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/186>, abgerufen am 17.05.2024.